Kommentar

Das Finanzamt hatte einen Erben wegen der aus einem betrieblichen Veräußerungsgewinn des Erblassers resultierenden Einkommensteuer in Anspruch genommen. Nach Eröffnung des Nachlaßkonkursverfahrens versuchte das Finanzamt, die Einkommensteuerforderung gegen den Erben zu vollstrecken. Streitig war, ob sich der Erbe gegenüber dieser Vollstreckung auf die Beschränkung seiner Erbenhaftung ( § 1975 BGB ) berufen konnte. Dies wurde vom BFH bejaht. Die Steuerforderung aus der Veräußerung eines Motorschiffes (Schiffspart) im Rahmen der Auflösung einer Partenreederei ( § 489 HGB ) richtet sich nach dem Tod des Erblassers grundsätzlich gegen den Erben . Dabei handelt es sich jedoch noch nicht um eine Nachlaßerbenschuld, für die der Erbe auch mit seinem eigenen Vermögen haftet, sondern um eine Erbfallschuld im weitesten Sinne (Nachlaßverwaltungskostenschuld). Diese entsteht zwar infolge des Erbfalls, aber nicht mit diesem. Entscheidend war nach Ansicht des BFH, daß der Beschluß zur Veräußerung des Motorschiffes (Schiffspart) von den Reedern gemeinsam noch zu Lebzeiten des Erblassers gefaßt wurde. Damit hatte der Erblasser einen rechtlich bedeutsamen Geschehensablauf in Gang gesetzt, durch das es nach dem Erbfall und nach Eröffnung des Nachlaßkonkurses zwangsläufig, ohne irgendein Handeln seines Erben oder des Nachlaßkonkursverwalters zu dem steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn anstelle einer Schiffspart gekommen ist. Weder der Erbe noch der Konkursverwalter konnten dies durch eigenes Handeln verhindern. Der in der Person des Erben entstandene Veräußerungsgewinn und die darauf entfallende Einkommensteuer sind nach erbrechtlichen Grundsätzen insoweit dem Erblasser zuzurechnen. Die Einkommensteuer-Schuld ist eine Nachlaßverbindlichkeit in Form einer Nachlaßverwaltungskostenschuld i. S. d. § 1967 Abs. 2 BGB , für die der Erbe im Vollstreckungsverfahren seine Erbenhaftung gegenüber dem Finanzamt auf den Nachlaß beschränken kann ( Konkurs ; Erbrecht ). Mit der Eröffnung des Nachlaßkonkurses wird das mit dem Erbfall zusammengeflossene Vermögen wieder getrennt in das ursprüngliche Eigenvermögen des Erben und in das Vermögen des Erblassers mit der Folge, daß das Finanzamt wegen seiner Einkommensteuer-Forderung aus einem gegen den Erben als Gesamtrechtsnachfolger ergangenen vollstreckbaren Steuerbescheid nur noch in Nachlaßgegenstände und nicht in das Eigenvermögen des Erben vollstrecken kann. Die Beschränkung seiner Haftung kann der Erbe formlos, z. B. durch Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen die Zwangsvollstreckungsmaßnahme, geltend machen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 11.08.1998, VII R 118/95

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