Leitsatz
1. Der Senat hält daran fest, dass als "Erwerb" i.S.von § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG nur ein abgeleiteter Erwerb angesehen werden kann, der voraussetzt, dass Anteile an den Gesellschaften durch einen Übertragungsakt von einem Dritten erworben wurden (Senatsurteil vom 3. Mai 2006, I R 100/05, BFHE 214, 90, BStBl II 2007, 60; Senatsbeschluss vom 12. Oktober 2010, I B 82/10, BFH/NV 2011, 69).
2. Zu den Veräußerungskosten i.S.v. § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG gehören alle Aufwendungen, die durch die Veräußerung der Anteile veranlasst sind (Senatsurteile vom 12.3.2014, I R 45/13, BFHE 245, 25, BStBl II 2014, 719; vom 9. April 2014, I R 52/12, BFHE 245, 59, BStBl II 2014, 861).
3. Hiernach sind auch Gemeinkosten jedenfalls dann als Veräußerungskosten zu qualifizieren, wenn der Geschäftszweck einer Kapitalgesellschaft ausschließlich darin besteht, Vorratsgesellschaften zu gründen und die hierbei erlangten Anteile zu veräußern.
Normenkette
§ 8b Abs. 2 Satz 1, § 8b Abs. 2 Satz 2, § 8b Abs. 3, § 8b Abs. 7 Satz 2, § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG
Sachverhalt
Die klagende AG ist Organträgerin der A AG, die ihrerseits wiederum Organträgerin für weitere Gesellschaften ist. Geschäftsgegenstand der A AG und ihrer Organgesellschaften ist die Gründung und der Vertrieb von Vorratsgesellschaften (nahezu ausnahmslos Kapitalgesellschaften). Im Streitjahr 2009 fielen bei der A AG nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfreie Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen an. Die Gewinnberechnung erfolgte unter Ansatz von Veräußerungskosten i.S.d. § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG: Notarkosten, Gerichtskosten, etwaige Sonderkosten (z.B. IHK-Beiträge oder Kosten für den elektronischen Bundesanzeiger) und die Kapitaleinlagen.
Ihre sonstigen Verwaltungsaufwendungen (wie z.B. Mieten für Geschäftsräume, Personalkosten und sonstige laufende Aufwendungen ihres Geschäftsbetriebs) minderten als allgemeine Betriebsausgaben der Gesellschaft das der Klägerin zuzurechnende (steuerpflichtige) Einkommen der A AG.
Das FA meinte, dass wegen des Geschäftsgegenstandes der A AG 95 % aller Betriebsausgaben als Veräußerungskosten i.S.d. § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG anzusehen seien (Minderung der der Klägerin zuzurechnenden steuerfreien Gewinne); mit dem Abschlag (5 %) solle dem Umstand Rechnung getragen werden, dass durch die Gesellschaft in geringem Umfang auch Personengesellschaftsanteile veräußert worden seien. Das FG war anderer Ansicht und gab der Klage statt (FG Köln, Urteil vom 1.10.2014, 10 K 3593/12, Haufe-Index 7493310, EFG 2015, 151).
Entscheidung
Der BFH hob das angefochtene Urteil auf und wies die Klage ab.
Hinweis
1. Kennzeichen des aktuellen Körperschaftsteuersystems ist die Trennung der Besteuerung von Gesellschaft einer- und Anteilseigner andererseits (mit dortiger Entlastung, sog. shareholder relief). Ist der Anteilseigner ebenfalls eine Körperschaft, wird eine weitere Besteuerung auf der Gesellschaftsebene bei dieser durch eine Steuerfreistellung (sowohl laufender Bezüge als auch anteilsbezogener Veräußerungsgewinne) verhindert (§ 8b Abs. 1, 2 KStG); allerdings mit Blick auf § 8b Abs. 3, 5 KStG (sog. Schachtelstrafe als gesetzliche Fiktion nicht abziehbarer Betriebsausgaben) nur i.H.v. 95 %. Bei Organschaft (§ 14 KStG) ist § 8b KStG grundsätzlich erst auf der Ebene des Organträgers anzuwenden (sog. Bruttomethode, § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG), um die Steuerfreistellung personell auf Körperschaften als Organträger zu beschränken. Dies alles ist für sog. Finanzunternehmen (§ 8b Abs. 7 KStG) anders: Die Steuerfreistellung ist nicht anzuwenden und bei Organschaft sind die Steuerfolgen schon bei der finanzunternehmerischen Organgesellschaft zu ziehen (sog. Nettomethode – es geht um eine zielgenaue Anwendung des § 8b Abs. 7 KStG auf das konkrete Unternehmen). Nach Art. 8 des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen) soll § 8b Abs. 7 KStG mit Wirkung ab 2017 zielgenauer auf Kreditinstitute bzw. Finanzdienstleistungsunternehmen (und ihre Beteiligungsgesellschaften) ausgerichtet werden, sodass der persönliche Anwendungsbereich eingeschränkt wird.
2. Auf dieser Grundlage bestand zunächst Anlass, den Anwendungsbereich des § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG zu klären: Der BFH bestätigt frühere Rechtsprechung, dass auf der Grundlage einer normspezifischen Auslegung als "Erwerb" i.S.v. § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG nur ein abgeleiteter Erwerb angesehen werden kann. Ein solcher liegt nur dann vor, wenn Anteile an den veräußerten Gesellschaften durch einen Übertragungsakt von einem Dritten erworben wurden. Die eigenständige Errichtung einer Gesellschaft und die anschließende Veräußerung ist daher nicht tatbestandlich i.S.d. § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG, sodass im Grundsatz bei der Besteuerung der Klägerin als Organträgerin eine Veräußerungsgewinnbefreiung nach § 8b Abs. 2 KStG in Betracht kam.
3. Die Ermittlung des (steuerfreien) Veräußerungsgewinns ist in § 8b Abs. 2 Sa...