1 Begriff
Rz. 1
Die Verbindlichkeiten gehören zum Fremdkapital eines Unternehmens. Sie dienen der langfristigen oder kurzfristigen Finanzierung von Vermögensgegenständen/Wirtschaftsgütern. Langfristig werden in der Regel Vermögensgegenstände/Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, kurzfristig Vermögensgegenstände/Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens finanziert.
Rz. 2
Eine Verbindlichkeit ist eine rechtlich oder wirtschaftlich entstandene Verpflichtung des Kaufmanns gegenüber einem Dritten (Außenverpflichtung), zu einer Leistung. Die Höhe dieser Verpflichtung steht zu dem Abschlussstichtag fest.
Es muss sich hierbei um eine erzwingbare Leistung handeln, die sich auf eine dem Inhalt und der Höhe nach bestimmte Leistung richtet und die eine wirtschaftliche Belastung darstellt.
2 Voraussetzungen
2.1 Erzwingbarkeit
Rz. 3
Zudem muss es sich um eine Außenverpflichtung aufgrund rechtlicher oder faktischer Begründung handeln. Erzwingbar ist eine Leistung zum einen, wenn der Gläubiger seinen Anspruch hierauf im Klagewege durchsetzen kann (rechtlich begründete Außenverpflichtung). Allerdings stellt eine faktische ungewisse Verbindlichkeit ebenfalls eine Schuld in diesem Sinne dar, wenn am Bilanzstichtag ein faktischer Leistungszwang bestand, wenn sich – mit anderen Worten – ein Kaufmann auch ohne Rechtspflicht einer Leistung nicht entziehen kann und wenn die Verpflichtung vor oder während der betreffenden Bilanzperiode wirtschaftlich verursacht war.
Es ist nicht erforderlich, dass die Leistung fällig ist. Die Fälligkeit bestimmt nur den Zeitpunkt, von dem ab der Gläubiger die geschuldete Leistung verlangen kann. "Haben die Parteien eine Zeit bestimmt, ist gemäß § 271 Abs. 2 BGB im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner sie aber vorher bewirken kann." Die Fälligkeit einer Verbindlichkeit sagt aus, wann Liquidität aus dem Unternehmen abfließt. Daher sind hierüber von Kapital- und KapCo-Gesellschaften im Anhang Angaben zu machen (Rz. 120 ff.).
2.1.1 Einreden
2.1.1.1 Zerstörende Einreden
Rz. 4
Kann der Kaufmann eine dauernde Einrede (im Gegensatz zu zeitlich befristeten Einreden) erheben, z. B. die Einrede der Verjährung gemäß § 214 Abs. 1 BGB, so ist zu unterscheiden:
Der Anspruch des Gläubigers ist verjährt und der Kaufmann beabsichtigt, die Einrede der Verjährung zu erheben. Die Einrede der Verjährung ist eine zerstörende Einrede. Da der Kaufmann sie erheben will, ist die Verbindlichkeit nicht (mehr) auszuweisen und muss ausgebucht werden.
2.1.1.2 Aufschiebende Einrede
Rz. 5
Steht dem Kaufmann nur eine aufschiebende Einrede (temporäre, dilatorische, verzögernde Einrede) zu, z. B. die Einrede des nicht erfüllten Vertrags, die Einrede des Zurückbehaltungsrechts oder die Einrede der Stundung, wird hierdurch wirtschaftlich nur die Fälligkeit der Leistung hinausgeschoben. Die Leistung ist also dem Grunde nach ebenso erzwingbar wie eine noch nicht fällige Leistung, die Verbindlichkeit muss passiviert werden.
Es handelt sich um ein schwebendes Geschäft. Solange die Hauptleistung aus einem schwebenden Geschäft noch nicht erbracht ist, hier die Lieferung der Waren durch den Lieferanten, sind Ansprüche und Verbindlichkeiten in der Bilanz der Vertragsparteien nicht anzusetzen.
Die Einrede kann zusätzlich noch bei der Bewertung der Verbindlichkeit zu berücksichtigen sein. Z. B. die Einrede der Vorausklage beim Bürgen. Zunächst wird die Fälligkeit bis zur Erhebung der Vorausklage aufgeschoben. Ferner ...