Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
In § 21 Abs. 2 Satz 1 EStG wird nunmehr bestimmt, dass die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen ist, wenn das Entgelt für die Überlassung einer Wohnung weniger als 50 % beträgt. Mit der Herabsetzung der Grenze von 66 % auf 50 % soll dem Umstand der vielerorts steigenden Mieten und des hohen Mietniveaus in Deutschland Rechnung getragen werden. Dadurch können insbesondere Vermieter, die im Interesse des Fortbestands ihrer oft langjährigen Mietverhältnisse davon Abstand nehmen, regelmäßig (zulässige) Mieterhöhungen vorzunehmen, auch bei verbilligter Wohnraumüberlassung mit Einkünfteerzielungsabsicht von ihren Mieteinnahmen vollumfänglich ihre Werbungskosten abziehen, wenn das Entgelt mindestens 50 % der ortsüblichen Miete beträgt.
Beträgt das Entgelt 50 % und mehr, jedoch weniger als 66 % der ortsüblichen Miete, ist nunmehr (wieder) eine Totalüberschussprognoseprüfung vorzunehmen. Fällt diese Prüfung der Totalüberschussprognose positiv aus, ist für die verbilligte Wohnraumüberlassung Einkünfteerzielungsabsicht zu unterstellen und der volle Werbungskostenabzug möglich.
Führt die Totalüberschussprognoseprüfung hingegen zu einem negativen Ergebnis, ist von einer Einkünfteerzielungsabsicht nur für den entgeltlich vermieteten Teil auszugehen. Für den entgeltlich vermieteten Teil können die Werbungskosten wie bei der Typisierungsregel des § 21 Abs. 2 Satz 1 EStG anteilig abgezogen werden.
Die Vollentgeltlichkeitsgrenze, d. h. die Regelung, bei der die Einkünfteerzielungsabsicht von Gesetzes wegen vermutet wird und nicht überprüft werden muss, bleibt bei einem vereinbarten Mietzins von mindestens 66 % der ortsüblichen Miete in unveränderter Höhe bestehen.
Inkrafttreten der Neuregelung
Die Neuregelung des § 21 Abs. 2 EStG tritt am 1.1.2021 in Kraft. Demzufolge sind die Regelungen erstmals für den Veranlagungszeitraum 2021 anzuwenden.
Motive des Gesetzgebers für die (Wieder-)Einführung einer Totalüberschussprognose
Ziel für die gesonderte Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht im Grenzbereich zwischen 50 % und 66 % der ortsüblichen Miete ist es, der Gefahr einer missbräuchlichen Nutzung der Regelung des § 21 Abs. 2 EStG entgegenzuwirken. Denn der Tatbestand der verbilligten Wohnraumüberlassung ist nicht nur in den Fällen langjähriger Mietverhältnisse einschlägig, bei denen Vermieter über einen längeren Zeitraum Mieterhöhungspotenziale nicht oder nicht vollständig ausgeschöpft haben, sondern moderat agieren und auch die persönlichen Verhältnisse ihrer oft langjährigen (nicht in einem Angehörigen-Verhältnis stehenden) Mieter im Auge haben.
Verbilligte Wohnraumüberlassungen sind vielmehr auch sehr häufig bei der Vermietung zwischen Angehörigen vorzufinden. Um der insbesondere bei Vermietungen unter Angehörigen bestehenden Gefahr einer missbräuchlichen Nutzung der Regelung des § 21 Abs. 2 EStG durch generelles Herabsetzen der Vollentgeltlichkeitsgrenze zu begegnen und gleichwohl um moderate Vermieter "nicht steuerlich zu bestrafen", die auf mögliche Mieterhöhungen zu Gunsten ihrer Mieter verzichten, erfolgt (in Anlehnung an die vor dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 geltenden Regelung) wieder eine zweistufige Prüfung. Im ersten Schritt wird bei Unterschreiten der zu prüfenden 50 %-Grenze der ortsüblichen Miete grundsätzlich Teilentgeltlichkeit unterstellt und der Werbungskostenabzug gekürzt. Im zweiten Schritt wird bei Überschreiten der 50 %-Grenze für tatsächliche Mieten unter 66 % der ortsüblichen Miete eine Prüfung durch eine Totalüberschussprognose erfolgen.