(1) Unbeschadet des Artikels 55 der Richtlinie 2004/39/EG, des Artikels 63 der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates, des Artikels 15 Absatz 4 der Richtlinie 2007/64/EG, des Artikels 106 der Richtlinie 2009/65/EG, des Artikels 3 Absatz 1 der Richtlinie 2009/110/EG und des Artikels 72 der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sind Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften, die bei einem Unternehmen von öffentlichem Interesse die Abschlussprüfung durchführen, dazu verpflichtet, die für die Beaufsichtigung des Unternehmens von öffentlichem Interesse zuständigen Behörden oder — soweit dies von dem betreffenden Mitgliedstaat vorgesehen ist — die für die Beaufsichtigung des Abschlussprüfers bzw. der Prüfungsgesellschaft zuständige Behörde umgehend über jede Information zu unterrichten, von der sie bei Durchführung der Abschlussprüfung Kenntnis erhalten und die eine der folgenden Konsequenzen haben kann:
a) |
einen wesentlichen Verstoß gegen die Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, die — sofern relevant — die Zulassungsvoraussetzungen enthalten oder speziell die Ausübung der Tätigkeiten solcher Unternehmen von öffentlichem Interesse regeln, |
b) |
eine wesentliche Gefährdung oder wesentliche Bedenken hinsichtlich der Fortführung der Tätigkeit des Unternehmens von öffentlichem Interesse, |
c) |
eine Verweigerung der Abgabe eines Prüfungsurteils über die Abschlüsse oder die Abgabe eines versagenden oder eingeschränkten Prüfungsurteils. |
Die Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaften sind ferner zur Meldung der in Unterabsatz 1 Buchstaben a, b oder c genannten Informationen verpflichtet, wenn sie von diesen bei Durchführung einer Abschlussprüfung bei Unternehmen Kenntnis erhalten, die zu dem Unternehmen von öffentlichem Interesse, bei dem sie ebenfalls die Abschlussprüfung durchführen, eine enge Verbindung haben. Für die Zwecke dieses Artikels ist der Begriff "enge Verbindung" im Sinne von Artikels 4 Absatz 1 Nummer 38 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 der Europäischen Parlaments und des Rates zu verstehen.
Die Mitgliedstaaten können vom Abschlussprüfer oder von der Prüfungsgesellschaft zusätzliche Informationen verlangen, sofern dies für eine wirksame Finanzmarktaufsicht gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften erforderlich ist.
(2) Zwischen den für die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen zuständigen Behörden einerseits und dem bzw. den Abschlussprüfer(n) und der bzw. den Prüfungsgesellschaft(en), der bzw. die bei diesen Instituten und Unternehmen die Abschlussprüfung durchführt bzw. durchführen, andererseits wird ein wirksamer Dialog eingerichtet. Die Verantwortung für die Einhaltung dieser Anforderung tragen beide Parteien des Dialogs.
Mindestens einmal jährlich organisieren der Europäische Ausschuss für Systemrisiken ("ESRB" für "European Systemic Risk Board") und der Ausschuss der Aufsichtsstellen ein Treffen unter Beteiligung der Abschlussprüfer und der Prüfungsgesellschaften oder Netzwerke, die Abschlussprüfungen aller in der Union zugelassener Institute durchführen, die international als global systemrelevante Finanzinstitute anerkannt sind, um den ESRB über branchenspezifische oder bedeutsame Entwicklungen in diesen systemrelevanten Finanzinstituten zu informieren.
Um die Wahrnehmung der in Unterabsatz 1 genannten Aufgaben zu erleichtern, geben die Europäische Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde — EBA) und die Europäische Aufsichtsbehörde (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung — EIOPA) gemäß Artikel 16 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 bzw. Artikel 16 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 unter Berücksichtigung derzeitiger Aufsichtspraktiken Leitlinien an die für die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen zuständigen Behörden heraus.
(3) Teilen Abschlussprüfer oder Prüfungsgesellschaften oder gegebenenfalls Netzwerke den zuständigen Behörden oder dem ESRB und dem Ausschuss der Aufsichtsstellen in gutem Glauben Informationen im Sinne des Absatzes 1 oder sich im Zuge des Dialogs nach Absatz 2 ergebende Informationen mit, so stellt dies keinen Verstoß gegen eine etwaige vertragliche oder rechtliche Beschränkung der Informationsweitergabe dar.