Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Der BFH hatte 2009 entschieden, dass die Verpflegung von Hotelgästen eine Nebenleistung zur Übernachtungsleistung darstellt.
In dem damaligen Verfahren ging es nicht um die Frage des Steuersatzes für die Verpflegungsleistung, sondern um die zutreffende Bestimmung des Orts der sonstigen Leistung.
Nachdem zum 1.1.2010 der Steuersatz für die Übernachtungsleistungen auf 7 % abgesenkt worden war, hatte die Finanzverwaltung zu dem Urteil des BFH einen Nichtanwendungserlass herausgegeben. Dies erfolgte insbesondere vor dem Hintergrund, dass sie die Anwendung des Regelsteuersatzes von 19 % auf die Frühstücksleistungen im Hotelgewerbe nicht infrage stellen wollte.
In einem weiteren Verfahren musste der BFH nun das Problem lösen, einerseits die Verpflegungsleistungen weiterhin als Nebenleistungen zur Übernachtungsleistung einzuordnen, andererseits aber dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers nachzukommen, und die Verpflegungsleistungen nicht dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen. Der BFH löste diese Frage, indem er zwar die Verpflegungsleistungen als Nebenleistung zur Übernachtungsleistung ansah, gleichzeitig aber ein gesetzlich normiertes Aufteilungsgebot in § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG sah, das den allgemeinen Grundsätzen zur Abgrenzung von Haupt- und Nebenleistung vorgeht.
Die Finanzverwaltung hebt jetzt den Nichtanwendungserlass vom 4.5.2010 auf und folgt grundsätzlich der Vorgabe des BFH, dass es sich bei den Verpflegungsleistungen um Nebenleistungen handelt, die das Schicksal der Hauptleistung teilen. Dies soll aber ausdrücklich nicht für die Ermittlung des Steuersatzes gelten, sodass die Verpflegungsleistungen – insbesondere auch die Frühstücksleistungen – dem Regelsteuersatz zu unterwerfen sind.
Der Grundsatz, dass die Verpflegungsleistung eine Nebenleistung zur Übernachtungsleistung ist, hat somit nur eine Auswirkung auf die Feststellung des Orts der Leistung. Auch die Verpflegungsleistung ist damit – wenn sie im Zusammenhang mit einer Übernachtungsleistung ausgeführt wird – eine Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück und damit immer am Grundstücksort ausgeführt.
Auch wenn der Hotelier für die Übernachtung und Frühstück einen Pauschalpreis erhebt, unterliegt der – notfalls im Rahmen einer sachgerechten Schätzung – ermittelte Anteil für die Frühstücksleistung dem Regelsteuersatz von 19 %.
Konsequenzen für die Praxis
Nachdem der BFH den "Knoten" gelöst hatte und es weiterhin – wie von der Finanzverwaltung gewünscht – zur Anwendung des Regelsteuersatzes bei den Verpflegungsleistungen im Zusammenhang mit Übernachtungsleistungen kommt, konnte der Nichtanwendungserlass aus 2010 aufgehoben werden.
Für die Festlegung des Orts der sonstigen Leistung hat die Rechtsprechung nach den Änderungen in § 3a UStG in 2010 kaum mehr eine Bedeutung. Wird die Verpflegungsleistung als Nebenleistung zur Übernachtungsleistung angesehen, ist der Ort der sonstigen Leistung am Grundstücksort. In den Fällen, in denen die Verpflegungsleistung als eine eigenständige Leistung anzusehen sein sollte, ist die Leistung dort ausgeführt, wo der leistende Unternehmer für diesen Umsatz tätig wird. In der Praxis wird der Grundstücksort der Übernachtungsleistung mit dem Tätigkeitsort bei der Abgabe von Speisen identisch sein.
Die Grundsätze sind in allen noch offenen Fällen anzuwenden. Für Zwecke des Vorsteuerabzugs wird es jedoch für vor dem 1.1.2015 ausgeführte Umsätze nicht beanstandet, wenn Verpflegungsleistungen als eine eigenständige Leistung behandelt wurden.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 9.12.2014, IV D 2 - S 7100/08/10001 :009, BStBl 2014 I S. 1620