Rz. 1199
In analoger Anwendung des im Aktienrecht geltenden § 186 Abs. 1 AktG haben die GmbH-Gesellschafter ein Bezugsrecht auf einen Anteil an den neuen Geschäftsanteilen, der ihrer jeweiligen Beteiligung am bisherigen Stammkapital entspricht. Ein Ausschluss des Bezugsrechts ist unter gewissen Voraussetzungen möglich (dazu sogleich).
Rz. 1200
Aus dem gesetzlichen Bezugsrecht resultiert, dass es neben dem Kapitalerhöhungsbeschluss keines weiteren Beschlusses über die Zulassung zur Übernahme der neuen Geschäftsanteile bedarf, soweit sämtliche Gesellschafter beteiligungsproportional an dem erhöhten Kapital partizipieren und keine unausgenutzten Restbeträge verbleiben. Wird das Bezugsrecht ausgeschlossen oder soll ein Dritter ein Bezugsrecht haben, ist ein Zulassungsbeschluss erforderlich, der mit einfacher Mehrheit zu fassen ist. Im Regelfall wird dieser mit dem Kapitalerhöhungsbeschluss verbunden.
Rz. 1201
Zur Ausübung des Bezugsrechts ist keine separate Bezugserklärung erforderlich, vielmehr wird das Bezugsrecht durch Übernahme der Geschäftsanteile (Übernahmeerklärung) ausgeübt. Zur Ausübung kann dem Bezugsberechtigten eine angemessene Frist (in Anlehnung an § 186 Abs. 1 Satz 2 AktG mindestens zwei Wochen) zur Ausübung seines Bezugsrechts gesetzt werden. Wird das Bezugsrechteinnerhalb der Bezugsfrist nicht ausgeübt, wachsen die nicht ausgeübten Bezugsrechte den übrigen Gesellschaftern, die ihr Bezugsrecht ausgeübt haben, quotal zu (Nachbezugsrecht). Werden diese Nachbezugsrechte nicht innerhalb einer hierfür gesetzten weiteren Frist ausgeübt, verfallen sie.
Rz. 1202
Ein Bezugsrechtsausschluss kann – wenn nicht die ursprüngliche Satzung bereits einen Bezugsrechtsausschluss vorsah – nur im Kapitalerhöhungsbeschluss, nicht hingegen in einem separaten Beschluss wie beispielsweise dem Zulassungsbeschluss, erfolgen (§ 186 Abs. 3 Satz 1 AktG analog).
Mehrheit von drei Vierteln erforderlich
Erforderlich ist eine Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen (§ 53 GmbHG analog), wovon die Satzung nicht nach unten abweichen darf.
Da der Ausschluss des Bezugsrechts im Kapitalerhöhungsbeschluss erfolgt, sind auch dessen formelle Voraussetzungen für den Ausschluss maßgeblich. Auch kennt das GmbHG seiner Konzeption nach nur die Stimmen- nicht aber die Kapitalmehrheit. Darüber hinaus wird der erforderliche Minderheitenschutz in diesem Falle ausreichend über die materiellen Anforderungen an die Wirksamkeit des Bezugsrechtsausschlusses (dazu Rn. 1204) sichergestellt.
Rz. 1203
In der Tagesordnung ist der Bezugsrechtsausschluss anzukündigen (§ 186 Abs. 4 Satz 1 AktG analog) und die Gesellschafter sind über den Bezugsrechtsausschluss (Grund, Notwendigkeit, Person des Ausgeschlossenen etc.) zu informieren.
Rz. 1204
In materieller Hinsicht gilt, dass ein Bezugsrechtsausschluss nur wirksam ist, wenn:
- der Bezugsrechtsausschluss einen Zweck im Gesellschaftsinteresse verfolgt (Sachgrund);
- der Bezugsrechtsausschluss zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich ist;
- der Bezugsrechtsausschluss verhältnismäßig ist.
Rz. 1205
Ein geeigneter Sachgrund kann insbesondere vorliegen, wenn strategische Allianzen durch die Kapitalerhöhung begründet oder Führungskräfte beteiligt werden sollen, Vermögensgegenstände als Sacheinlage erworben werden sollen oder eine Sanierung anderweitig nicht erreichbar ist.
Rz. 1206
Bei der Abwägung im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist auf Seiten der GmbH das Finanzierungsinteresse, auf Seiten der Gesellschafter die zu erwartende Verwässerung ihrer Beteiligungen einzustellen. Grundsätzlich gilt, dass das Interesse der GmbH am Bezugsrechtsausschluss umso dringender sein muss, je schwerer in das Mitgliedschaftsrecht des ausgeschlossenen Gesellschafters eingegriffen wird. Desto dringender und unabweisbarer muss das Interesse der GmbH an dem Bezugsrechtsausschluss folglich sein. Daneben ist vor dem Hintergrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes eine besonders strenge Prüfung durchzuführen, wenn nur das Bezugsrecht einzelner Gesellschafter ausgeschlossen werden soll.
Rz. 1207
Mängel des Bezugsrechtsausschlusses können mit der Anfechtungsklage (§ 243 Abs. 1 AktG analog) geltend gemacht werden. Bei Erfolg der Anfechtungsklage wird der gesamte Beschluss (Kapitalerhöhung und Bezugsrechtsausschluss) rückwirkend beseitigt. Nach erfolgreicher Anfechtung kann der Gesellschafter – selbst wenn die Kapitalerhöhung bereits eingetragen wurde und die Mitgesellschafter die neuen Anteile übernommen haben – seinen Anspruch auf beteiligungsproportionale Übernahme der neuen Geschäftsanteile im Klagewege gegen die GmbH durchsetzen.
Rz. 1208
Die Anfechtung kann auch darauf gestützt werden, dass der (Mindest-)Ausgabebetrag unangemessen niedrig ist (§ 255 Abs. 1 Satz 1 AktG analog). Zweck ist der Schutz des ausgeschlossenen Gesellschafters vor einer Verwässerung seiner Beteiligungsrechte (insb. bei erheblichen stillen oder offenen Reserven der Gesellschaft). Vergleichswert ist dabei d...