Rz. 1375
Der Lagebericht ist von mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften nach den Vorgaben des § 289 HGB aufzustellen. Kleine Kapitalgesellschaften und Kleinstkapitalgesellschaften sind von dieser Pflicht befreit (§§ 264 Abs. 1 Satz 4 Hs. 1, 267 a Abs. 2 HGB). Etwas anderes gilt, wenn die Satzung einer GmbH ohne Ausnahme oder Verweis auf die gesetzliche Befreiung die Aufstellung des Lageberichts vorsieht. In diesen Fällen ist die Gesellschaft zur Aufstellung auch des Lageberichts verpflichtet, ohne sich auf die gesetzliche Ausnahmeregelung berufen zu können. Tut sie das nicht, droht die Anfechtung des Feststellungsbeschlusses des Jahresabschlusses, von Ergebnisverwendungsbeschluss und Entlastungsbeschluss der Geschäftsführung und (soweit vorhanden) Aufsichtsrat.
Rz. 1376
Der Lagebericht soll den Jahresabschluss ergänzen und Informationen bereitstellen, indem er die Angaben und Kennzahlen des Jahresabschlusses analysiert, kommentiert und erläutert und so ein zutreffendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der GmbH ("true and fair view") zeichnet. Generell dient der Jahresabschluss nach der Konzeption des Gesetzgebers eher der Darstellung, der Lagebericht der Analyse und Kommentierung relevanter Kennzahlen und Sachverhalte. Die besondere Bedeutung des Lageberichts liegt auch darin, dass er Aufschluss über die zukünftige Entwicklung der Gesellschaft gewährt, da diese aus dem Jahresabschluss nur eingeschränkt abzuleiten ist.
Rz. 1377
Im Lagebericht finden sich die Vorgänge, welche die wirtschaftliche Gesamtbeurteilung der Gesellschaft betreffen. Im Einzelnen fordert § 289 Abs. 1 HGB die folgenden Mindestangaben:
- Geschäftsverlauf einschließlich Geschäftsergebnis und Lage der Gesellschaft (§ 289 Abs. 1 Satz 1 HGB): Darstellung der wirtschaftlichen Gesamtsituation der Gesellschaft (z. B. Veränderung des Marktanteils, Unternehmenstransaktionen, Umstrukturierungs- und Rationalisierungsmaßnahmen, Zusammensetzung des Vermögens, Kapitalstruktur, Liquidität, Investitionen, wesentliche Ertrags- und Aufwandsarten);
- Analyse des Geschäftsverlaufs und der Lage der Gesellschaft (§ 289 Abs. 1 Satz 2 HGB): aussagekräftige und entscheidungsrelevante Analyse, die über die aus dem veröffentlichten Jahresabschluss abzuleitenden Daten hinausgeht;
- Analyse der finanziellen Leistungsindikatoren und Hinweise zum Abschluss (§ 289 Abs. 1 Satz 3 HGB): Erläuterungen von z. B. Zins-, Beteiligungs- oder Wechselkursergebnis, Cashflow, Eigenkapitalrentabilität, Umsatzrentabilität, Working Capital, Liquiditäts- und Verschuldungsgrade, Eigenkapitalquote;
- voraussichtliche Entwicklung (Chancen und Risiken) sowie Ziele und Strategien (§ 289 Abs. 1 Satz 4 HGB).
Rz. 1378
Schließlich ist im Lagebericht auch auf die folgenden Punkte – soweit die Umstände vorliegen – einzugehen (§ 289 Abs. 2 HGB):
Rz. 1379
Bei großen Kapitalgesellschaften sind weiterhin nichtfinanzielle Leistungsindikatoren sowie Umwelt- und Arbeitnehmerbelange von Bedeutung in den Lagebericht aufzunehmen (§ 289 Abs. 3 HGB).
Rz. 1380
Kapitalmarktorientierte Gesellschaften sind zusätzlich verpflichtet, die wesentlichen Merkmale des internen Kontroll- und des Risikomanagementsystems im Hinblick auf den Rechnungslegungsprozess zu beschreiben (§ 289 Abs. 5 HGB). Eine Pflicht zur Einrichtung eines solchen Systems normiert § 289 Abs. 5 HGB zwar nicht – besteht kein solches System, muss sein Fehlen aber im Lagebericht angegeben werden. Vor dem Hintergrund von Normen wie § 91 Abs. 2 AktG, § 130 Abs. 1 OWiG wird man die Einrichtung eines Risikomanagementsystems aber als ungeschriebene zwingende Leitungsaufgabe ansehen müssen.
Rz. 1381
Über die gesetzlichen Vorgaben hinaus empfiehlt sich – auch beim Einzelabschluss nach § 289 HGB – die Berücksichtigung der Vorgaben des Deutschen Rechnungslegungsstandards (DRS); weiterhin kann man sich an den fachlichen Verlautbarungen des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) orientieren.