Rz. 1507
Gem. § 16 InsO muss einer der drei Insolvenztatbestände erfüllt sein. Der allgemeine Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO). Sie verpflichtet die Geschäftsführung – ebenso wie im Falle der Überschuldung der GmbH (§ 19 InsO) – zur Stellung des Insolvenzantrags (vgl. auch Rn. 885). Lediglich zur Antragsstellung berechtigt ist sie im Falle der drohenden Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO).
Rz. 1508
Eine solche drohende Zahlungsunfähigkeit (vgl. auch Rn. 883) liegt gem. § 18 Abs. 2 InsO vor, wenn die GmbH voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, bestehende Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Relevant sind bereits begründete einmalige oder wiederkehrende Zahlungsverpflichtungen. Die herrschende Meinung berücksichtigt zukünftige Zahlungsverpflichtungen nur, wenn deren Rechtsgrund bereits gelegt wurde. Eine Prognose müsste ergeben, dass die Zahlungsunfähigkeit wahrscheinlicher ist als deren Vermeidung. Das in dieser Situation bestehende Eigenantragsrecht stellt die kriselnde GmbH vor eine schwierige unternehmerische Entscheidung und ergänzt die Palette außergerichtlicher Sanierungsoptionen. Der Geschäftsführer ist im Innenverhältnis zu dessen Ausübung nur berechtigt, wenn er zuvor nach §§ 46 Nr. 6, 49 Abs. 2 GmbHG die Gesellschafter (oder einen vorhandenen Aufsichtsrat) befragt hat (s. auch Rn. 884); fehlt ein entsprechender Gesellschafterbeschluss bzw. die Beschlussfassung des Aufsichtsrats, ist ein dennoch gestellter Antrag aber gleichwohl zulässig. Der Geschäftsführer macht sich dann freilich schadensersatzpflichtig.
Rz. 1509
Eine gegenwärtige, also bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit führt zum Eröffnungsgrund nach § 17 Abs. 1 InsO. Er ist gegeben, wenn die GmbH-Schuldnerin ihren fälligen und "ernsthaft eingeforderten" Zahlungsverbindlichkeiten mangels ausreichender Liquidität nicht mehr nachkommen kann. Gem. § 17 Abs. 2 Satz 2 wird die Zahlungsunfähigkeit widerleglich vermutet, wenn der Schuldner seine Zahlungen einstellt. Zahlungseinstellung ist das nach außen hervortretende Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass er seine Zahlungspflichten nicht mehr erfüllen kann. Praktisch ist für die Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit der GmbH eine Gegenüberstellung der liquiden Mittel und der Verbindlichkeiten vorzunehmen (sog. Liquiditätsbilanz oder Liquiditätsstatut), um dann ggf. eine Unterdeckung festzustellen. Die genaue Berechnung ist insbesondere im Hinblick auf eine Abgrenzung der Zahlungsunfähigkeit zu einer bloßen Zahlungsstockung immer noch umstritten.
Rz. 1510
Der rechtspolitisch umstrittene Insolvenzgrund der Überschuldung gem. § 19 Abs. 1 InsO soll bewirken, dass noch bevor die Voraussetzungen des § 17 InsO vorliegen, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt wird; er dient insofern dem Gläubigerschutz.
Legaldefinition Überschuldung
§ 19 Abs. 2 Satz 1 InsO enthält eine Legaldefinition, demnach liegt eine Überschuldung vor, "wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt".
Auch wenn der Insolvenzgrund auf Kapitalgesellschaften wie die GmbH zugeschnitten ist, ist dessen praktische Bedeutung gering. Denn die Überschuldung lässt sich unterjährig und im fortlaufenden Geschäft kaum feststellen.
Antragspflicht
Zu beachten ist jedoch, dass § 19 Abs. 1 InsO eine Antragspflicht auslöst und daher zur Vermeidung von haftungs- und strafrechtlicher Verantwortlichkeit Überschuldungsprüfungen erforderlich machen kann, sobald Indizien für eine Unternehmenskrise erkennbar werden, und/oder vorsorgliche Maßnahmen wie Rangrücktrittsvereinbarungen für Gesellschafterdarlehen o. ä. getroffen werden sollten.