Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Im Ausland ansässige Unternehmer können in Deutschland grundsätzlich einen ihnen zutreffend berechneten Umsatzsteuerbetrag als Vorsteuer geltend machen. Allerdings ergeben sich hier 2 unterschiedliche Verfahren:
- Die Vorsteuer kann im allgemeinen Besteuerungsverfahren geltend gemacht werden; dies setzt die Verpflichtung zur Veranlagung im Inland voraus oder
- die Vorsteuer kann im Rahmen des sog. Vorsteuer-Vergütungsverfahrens geltend gemacht werden; die Vorsteuervergütung wird über das Bundeszentralamt für Steuern abgewickelt: Die Abwicklung ist davon abhängig, ob der ausländische Unternehmer aus dem Drittlandsgebiet oder dem übrigen Gemeinschaftsgebiet kommt.
Das Vorsteuer-Vergütungsverfahren hat – entgegen dem allgemeinen Besteuerungsverfahren – enge Ausschlussfristen, sodass die zutreffende Entscheidung für das richtige Verfahren wichtig für die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs ist.
Der BFH hatte in einem Sachverhalt entschieden, dass ein ausländischer Unternehmer, der nur Umsätze ausführte, deren Umsatzsteuer von den Leistungsempfängern nach § 13b UStG geschuldet wurde und der nur wegen unrichtig in einer Rechnung nach § 14c Abs. 1 UStG ausgewiesener Umsatzsteuer eine Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr abgeben musste, berechtigt und verpflichtet ist, alle in diesem Kalenderjahr abziehbaren Vorsteuerbeträge in der Jahressteuererklärung geltend zu machen. In diesem Fall kommt es nicht zur Anwendung der Vorsteuervergütung.
Die Finanzverwaltung nimmt jetzt zu diesem Urteil Stellung, wendet das Urteil aber nur in vergleichbaren Fällen an. Dazu müssen die folgenden Voraussetzungen (kumulativ) erfüllt sein:
- Der ausländische Unternehmer hat fristgerecht den Antrag auf Vorsteuervergütung beim BZSt gestellt,
- die weiteren Voraussetzungen für die Vorsteuervergütung sind erfüllt,
- aufgrund irriger Beurteilung ist keine Vergütung der Vorsteuer im Vergütungsverfahren erfolgt und
- die Durchführung des Vergütungsverfahrens ist nicht mehr möglich (Rücknahme des Vergütungsantrags; Antragsfrist abgelaufen; Bescheid des BZSt über Ablehnung der Vergütung ist formell bestandskräftig).
Nur in diesem Fällen kann der Unternehmer die Vorsteuerbeträge im allgemeinen Besteuerungsverfahren geltend machen; insoweit sollen sich das allgemeine Besteuerungsverfahren und das Vorsteuer-Vergütungsverfahren nicht gegenseitig ausschließen.
Konsequenzen für die Praxis
Für den ausländischen Unternehmer ist es wegen der engen Antragsfristen entscheidend, ob er einen Vorsteuerabzug im allgemeinen Besteuerungsverfahren geltend machen kann oder ob er auf das Vorsteuer-Vergütungsverfahren angewiesen ist.
Die Finanzverwaltung wendet jetzt zwar die Grundsätze des BFH-Urteils an, schränkt aber die Anwendung gleich wieder erheblich ein. So muss der Unternehmer, der wegen eines unrichtig ausgewiesenen Steuerbetrags nach § 14c Abs. 1 UStG im Inland eine Umsatzsteuer schuldet, dennoch einen Vorsteuer-Vergütungsantrag einreichen um dann – nach eventueller Ablehnung – die Vorsteuer im allgemeinen Besteuerungsverfahren vornehmen zu können. Die Intention der Verwaltung ist klar: Es könnte für ausländische Unternehmer interessant sein, durch unrichtig ausgewiesene Umsatzsteuer für die Vorsteuerbeträge in den Genuss des allgemeinen Besteuerungsverfahren zu gelangen. Allerdings ist fraglich, ob die Finanzverwaltung hier tatsächlich die Grundsätze des BFH-Urteils zutreffend umsetzt – daher könnten sich weitere Verfahren anschließen.
Nicht nur die einschränkende Umsetzung des BFH-Urteils ist problematisch. Die Finanzverwaltung verwendet leider auch feststehende gesetzliche Begriffe unzutreffend; so wird die unrichtig ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 1 UStG als "unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer" bezeichnet.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 21.5.2014, IV D 3 – S 7359/13/10002, BStBl 2014 I S. 863