Leitsatz
1. Eine Betriebsunterbrechung im engeren Sinn und keine Aufgabe des Gewerbebetriebs kann bei dem vormaligen Besitzunternehmen auch dann vorliegen, wenn das Betriebsunternehmen die werbende Geschäftstätigkeit endgültig eingestellt hat.
2. Von der Absicht, den Betrieb innerhalb eines überschaubaren Zeitraums in gleichartiger oder ähnlicher Weise wieder aufzunehmen, ist auszugehen, solange die Fortsetzung objektiv möglich ist und eine eindeutige Aufgabeerklärung nicht abgegeben wird; die Fortsetzung ist objektiv möglich, solange das vormalige Besitzunternehmen sämtliche für den Betrieb wesentlichen Betriebsgrundlagen unverändert zurückbehält.
Normenkette
§ 16 Abs. 3 Satz 1 EStG
Sachverhalt
An der Klägerin, einer KG, waren als Komplementäre KK und BK zu je 31,5 % beteiligt. Die KG hatte bis 1983 4 Kaufhäuser betrieben. 3 Geschäftsgrundstücke befanden sich in ihrem Eigentum. 1983 verpachtete sie das Handelsgeschäft an eine GmbH, an der KK und BK je hälftig beteiligt waren. Die GmbH stellte den Handel im Lauf des Jahrs 1985 ein. Die Klägerin verpachtete im Zeitraum von April 1985 bis 1988 die in ihrem Eigentum stehenden, frei gewordenen Gewerbeflächen an verschiedene Gewerbebetriebe (Lebensmittel-Einzelhandel, Sportstudios) mit Laufzeiten zwischen 5 und 13 Jahren. Entsprechend einem bereits 1985 gefassten Beschluss trat die GmbH 1997 als persönlich haftende Gesellschafterin in die Klägerin ein, KK und BK traten in die Stellung als Kommanditisten zurück. Die Klägerin erklärte durchgehend gewerbliche Einkünfte.
Das FA stellte nach einer Außenprüfung zunächst für 1986, in einem geänderten Feststellungsbescheid für 1985 einen Aufgabegewinn von rd. 3,14 Mio. DM fest. Der BFH wies die gegen das stattgebende Urteil des FG eingelegte Revision des FA als unbegründet zurück.
Entscheidung
Im Streitfall sei mangels einer eindeutigen Aufgabeerklärung von einer Betriebsunterbrechung im engeren Sinn auszugehen. Die zurückbehaltenen Betriebsgrundstücke als die wesentlichen Betriebsgrundlagen erlaubten es der Klägerin, den Betrieb künftig wieder aufzunehmen. Eine Betriebsverpachtung im Ganzen liege nicht vor, weil die Klägerin die von der GmbH zurückgegebenen Gewerbeflächen zu unterschiedlichen Zeitpunkten und mit unterschiedlichen Laufzeiten vermietet habe. Dies stehe indes der Annahme einer Betriebsunterbrechung nicht entgegen; denn daraus ergebe sich nicht eindeutig, dass die Klägerin den Betrieb endgültig habe aufgeben wollen.
Hinweis
1. Stellt das Betriebsunternehmen seine werbende Tätigkeit endgültig ein, stellen ab diesem Zeitpunkt die verpachteten Betriebsgrundstücke keine wesentlichen Betriebsgrundlagen mehr dar. Aufgrund dieser sog. sachlichen Entflechtung ist die Betriebsaufspaltung beendet.
2. Grundsätzlich führt die Beendigung der Betriebsaufspaltung zur Aufgabe des Gewerbebetriebs beim Besitzunternehmen i.S.v. § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG und zur Versteuerung der stillen Reserven, es sei denn bei dem Besitzunternehmen sind die Voraussetzungen einer Betriebsverpachtung im Ganzen oder einer nur vorübergehenden Betriebsunterbrechung durch Ruhen des Betriebs erfüllt.
3. Stellt ein Unternehmer seine werbende gewerbliche Tätigkeit ein, so kann darin eine den Fortbestand des Betriebs unberührt lassende Betriebsunterbrechung liegen, sei es in der Form einer – i.d.R. einheitlich an einen anderen Unternehmer erfolgenden – Verpachtung der wesentlichen Betriebsgrundlagen, sei es durch Ruhenlassen des Betriebs.
4. Nach ständiger Rechtsprechung, seit dem Urteil des Großen Senats des BFH vom 13.11.1963, GrS 1/63 S (BStBl III 1964, 124), ist bei fehlender Aufgabeerklärung davon auszugehen, dass die Absicht besteht, den unterbrochenen Betrieb künftig wieder aufzunehmen, sofern die zurückbehaltenen Wirtschaftsgüter dies ermöglichen (BFH, Urteil vom 22.9.2004, III R 9/03, BFH-PR 2005, 61).
5. Diese Grundsätze gelten bei Beendigung einer – sei es echten, sei es unechten – Betriebsaufspaltung gleichermaßen. Nach ständiger Rechtsprechung lebt auch dann das sog. Verpächterwahlrecht wieder auf (BFH, Beschluss vom 5.2.2003, VIII B 134/01, BFH/NV 2003 909; BFH, Urteil vom 15.3.2005, X R 2/02, BFH/NV 2005, 1292).
6. Eine Betriebsunterbrechung im engeren Sinn (grundlegend BFH, Urteil vom 28.9.1995, IV R 39/94, BStBl II 1996, 276) hat der BFH z.B. bei vorübergehendem Wegfall der personellen Verflechtung aufgrund Eröffnung eines Konkursverfahrens über das Vermögen des Betriebsunternehmens oder bei einer fehlgeschlagenen Betriebsaufspaltung bejaht. Sie kann aber, wie der Streitfall zeigt, auch bei endgültiger Einstellung der werbenden Tätigkeit durch das Betriebsunternehmen anzunehmen sein.
7. Allein daraus und aus der Beendigung der Betriebsaufspaltung kann nicht zwingend auch auf die Betriebsaufgabe geschlossen werden, wenn die personelle und sachliche Verflechtung wieder hergestellt werden kann, indem das Besitzunternehmen seine gewerbliche Tätigkeit mit demselben oder auch einem anderen Betriebsunternehmen wieder aufnimmt. Ebenso kann das Besitzunter...