Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Leistungen der Jugendhilfe nach § 2 Abs. 2 SGB VIII als auch der Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII sind nach § 4 Nr. 25 UStG steuerfrei, wenn sie von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe oder von einer anderen Einrichtung mit sozialem Charakter erbracht werden. Solche anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter sind u. a. Einrichtungen, soweit sie für ihre Leistungen eine im SGB VIII geforderte Erlaubnis besitzen.
Regelmäßig benötigt der Träger einer Einrichtung, in der Kinder und Jugendliche ganztägig oder für einen Teil des Tages betreut werden, eine Erlaubnis für den Betrieb dieser Einrichtung. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn das Wohl der Kinder und Jugendlichen in der Einrichtung gewährleistet ist.
Von der Finanzverwaltung ist jetzt festgelegt worden, dass die Betriebserlaubnis, die dem Träger einer Jugendhilfeeinrichtung nach § 45 SGB VIII erteilt wurde, auch für Unternehmer, die von diesem Träger mit der pädagogischen Leitung dieser Einrichtung beauftragt wurden, gleichermaßen gilt. Voraussetzung hierfür ist, dass der Unternehmer, der mit der pädagogischen Leitung beauftragt wurde, in der Betriebserlaubnis des Trägers der Jugendhilfeeinrichtung nach § 45 SGB VIII ausdrücklich namentlich aufgeführt ist.
Voraussetzung ist, dass die Tätigkeit des Leiters der Einrichtung eine unternehmerische Betätigung i. S. d. § 2 Abs. 1 UStG ist. Dazu muss er insbesondere selbstständig tätig sein, darf also nicht weisungsgebunden eingegliedert sein.
Wird der pädagogische Leiter ausgewechselt, gilt diese Regelung entsprechend, wenn die zuständige Behörde bescheinigt, dass die Einrichtung ihrer Anzeigepflicht nachgekommen ist und der neue Leiter die für die Tätigkeit notwendige Eignung besitzt.
Wenn diese Voraussetzungen zur Steuerbefreiung nicht vorliegen, kann die Leistung eines mit der pädagogischen Leitung einer Jugendhilfeeinrichtung beauftragten Unternehmers nach § 4 Nr. 25 Satz 2 Buchst. b Doppelbuchst. bb UStG steuerfrei sein, soweit die Leistungen im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder in diesem Bereich anerkannten Einrichtungen vergütet wurden.
Diese Voraussetzungen werden regelmäßig dann vorliegen, wenn die Jugendhilfeeinrichtung als Träger der freien Jugendhilfe anerkannt ist.
Konsequenzen für die Praxis
Durch die Regelungen dürften Leiter von pädagogischen Einrichtungen – soweit sie als selbstständige Unternehmer tätig sind – steuerfreie Leistungen ausführen. Allerdings ist zu beachten, dass diese steuerfreien Leistungen den Vorsteuerabzug für Eingangsleistungen ausschließen.
Soweit in der Vergangenheit steuerpflichtige Umsätze in diesem Bereich ausgeführt worden sind und der Vorsteuerabzug für Eingangsleistungen vorgenommen worden ist, muss an die Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG gedacht werden.
Die Steuerbefreiung ist auf alle noch offenen Fälle anzuwenden. Die Finanzverwaltung beanstandet es aber nicht (Übergangsregelung), wenn für alle vor dem 1.7.2013 ausgeführten Umsätze von dem selbstständigen Leiter der pädagogischen Einrichtung noch USt berechnet wird – insoweit ist dann auch ein Vorsteuerabzug zulässig.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 8.7.2013, IV D 3 – S 7183/11/10001, BStBl 2013 I S. 860