Prof. Dr. Michael Preißer
Rz. 1898
Der Gesetzgeber hat durch die Jahressteuergesetze 2007 (§ 37 KStG) und 2008 (§ 38 KStG) den Übergangszeitraum im Hinblick auf die Besonderheiten bei der Einkommensverwendung faktisch beendet. Sowohl das Körperschaftsteuerguthaben als auch die latente Körperschaftsteuererhöhung werden nun ausschüttungsunabhängig realisiert. Der steuerlich einzig relevante Bestandteil des Eigenkapitals bleibt das sog. steuerliche Einlagekonto (§ 27 KStG), dessen Bestand zu diesem Zweck jährlich gesondert festgestellt wird (§ 27 Abs. 2 KStG).
Rz. 1899
Das Körperschaftsteuerguthaben wurde letztmalig auf den 31.12.2006 festgestellt (§ 37 Abs. 4 KStG). Die Kapitalgesellschaft hat innerhalb eines Auszahlungszeitraumes von 2008 bis 2017 einen Anspruch auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens in zehn gleichen Jahresraten. Diesen ausschüttungsunabhängigen Anspruch hat die Kapitalgesellschaft in der Bilanz zum 31.12.2006 gewinnerhöhend mit dem Barwert zu aktivieren. Außerhalb der Bilanz hat eine entsprechende Kürzung zu erfolgen, da Körperschaftsteuererstattungsansprüche das Einkommen nicht erhöhen dürfen. Dies ergibt sich unmittelbar aus § 37 Abs. 7 KStG, mittelbar jedoch auch aus einer spiegelbildlichen Anwendung des § 10 Nr. 2 KStG.
Rz. 1900
Durch das Jahressteuergesetz 2008 wurde auch die Realisierung der Körperschaftsteuererhöhung auf ein ausschüttungsunabhängiges System umgestellt. Hierbei hatte der Gesetzgeber jedoch zu beachten, dass es den Unternehmen möglich war, die Gewinnausschüttungen (zumindest offene) so zu planen, dass eine Verwendung des Teilbetrags des Eigenkapitals 02 i. S. d. § 38 KStG (aufgrund der Verwendungsreihenfolge) verhindert wurde. Daher sieht der eingefügte § 38 Abs. 5 KStG vor, dass der Erhöhungsbetrag auf 3/100 des Teilbetrags des Eigenkapitals 02 festgelegt wird. Sowohl der Anspruch aus dem Körperschaftsteuerguthaben als auch die Verpflichtung aus der Körperschaftsteuererhöhung gehen auf Rechtsnachfolger im Wege von Umwandlungen über bzw. müssen sofort realisiert werden.
Rz. 1901
Besonderheiten können sich bei Gewinnausschüttungen dementsprechend nur insoweit ergeben, als es um die Verwendung des steuerlichen Einlagekontos geht. Die "fiktive" Verwendung dieses Teilbetrags erfolgt – unabhängig von der handelsrechtlichen Einordnung der Auszahlung – dann, wenn kein sog. neutrales Vermögen vorhanden ist.
Differenzrechnung
Folgende Differenzrechnung (§ 27 Abs. 1 Satz 3 KStG) ist aufzustellen:
Leistungen ./. ausschüttbarer Gewinn (aG) > Null
Wegen der Besonderheiten der Auszahlung des steuerlichen Einlagekontos auf Gesellschafterebene wird diese Verwendung bescheinigt.
Rz. 1902
Auch wenn sich das für die Gewinnausschüttung zu verwendende neutrale Vermögen durch eine Betriebsprüfung verringert und nach der Differenzrechnung des § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG diese Gewinnausschüttung zu einem höheren Anteil aus dem steuerlichen Einlagekonto finanziert werden muss, bleibt die Bescheinigung der Verwendung unverändert, da sich aus der Bescheinigung u. U. bereits Rechtsfolgen ergeben haben. Eine solche Verwendungsfestschreibung macht dann jedoch keinen Sinn – wäre jedoch bei wörtlicher Gesetzesauslegung denkbar – wenn eine Betriebsprüfung für frühere Jahre erstmals eine vGA annimmt, die aus dem steuerlichen Einlagekonto finanziert werden müsste. Dies gilt vor allem dann, wenn ursprünglich keine Verwendung des steuerlichen Einlagekontos bescheinigt worden ist (sog. Nullbescheinigung nach § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG).