OFD Frankfurt, Verfügung v. 15.7.1992, S 2143 A - 43 - St II 2a

Ansprüche auf Gewinne (Dividenden) aus im Betriebsvermögen gehaltenen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften sind im allgemeinen erst dann zu aktivieren, wenn ein Gewinnanwendungsbeschluss der Kapitalgesellschaft vorliegt und hierdurch ein verfügbarer Rechtsanspruch auf einen Gewinnanteil in bestimmter Höhe endgültig begründet ist (so z.B. BFH-Urteil vom 30.10.1973, BStBl 1974 II S. 234). Folglich hat der Inhaber der Beteiligung den Gewinnanspruch regelmäßig zeitversetzt erst in der Bilanz desjenigen Geschäftsjahres zu aktivieren, das dem Geschäftsjahr der Kapitalgesellschaft nachfolgt.

Abweichend hiervon hat der BGH eine Ausnahme für den Fall zugelassen, dass eine Konzern- oder Holdinggesellschaft (AG) mehrheitlich an einer anderen AG (Tochtergesellschaft) mit gleichem Geschäftsjahr beteiligt ist, vor Abschluss der Bilanzprüfung bei der Muttergesellschaft der Jahresabschluss der Tochtergesellschaft festgestellt wird und ein Gewinnverwendungsbeschluss oder zumindest ein Gewinnverwendungsvorschlag vorliegt (BGH-Urteil vom 3.11.1975, BGHZ 65, 230). In diesem Fall kann die beherrschende Obergesellschaft die aus der Sicht des Bilanzstichtags zwar noch mit Unsicherheiten behafteten, durch den nachfolgenden Gewinnverwendungsbeschluss aber konkretisierten Gewinnausschüttungsansprüche schon in dem Jahr ansetzen, für das ausgeschüttet wird. Dieses handelsrechtliche Aktivierungswahlrecht führt steuerrechtlich zu einem Aktivierungsgebot (BFH-Beschluss vom 3.2.1969, BStBl 1969 II S. 291).

Nachdem sich der BFH dieser BGH-Rechtsprechung bereits für das Körperschaftsteuerrecht angeschlossen und sie auch auf Mehrheitsbeteiligungen außerhalb eines Konzerns oder einer Holding auf den Fall angewendet hatte, dass die Tochtergesellschaft eine GmbH ist (Urteil vom 2.4.1980, BStBl 1980 II S. 702), hat er mit Urteil vom 8.3.1989, BStBl 1989 II S. 714, die Grundsätze der sog. Konzernrechtsprechung des BGH auf alle Fälle der gewerblichen Mehrheitsbeteiligungen an Kapitalgesellschaften ausgedehnt, unabhängig davon, ob Mehrheitsgesellschafter einer Kapitalgesellschaft, eine Personengesellschaft oder ein Einzelunternehmer ist.

Aus dieser Rechtsprechung folgt, dass bei jedweder beherrschender Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, insbesondere auch bei Betriebsaufspaltungen, die Obergesellschaft (das Besitzunternehmen) die Gewinnausschüttungsansprüche schon in dem Jahr (zeitkongruent) zu aktivieren hat, für das ausgeschüttet wird, sofern der Jahresabschluss der Tochtergesellschaft (der Betriebsgesellschaft) vor dem der Obergesellschaft (des Besitzunternehmens) festgestellt wird und zumindest ein Gewinnverwendungsvorschlag vorliegt.

Wird trotz Bilanzierungspflicht keine Bilanz erstellt (weil z.B. die Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung bis dahin verkannt worden sind), muss nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden, zu welchem Zeitpunkt der Steuerpflichtige bei Kenntnis seiner Abschlusspflicht vermutlich bilanziert hätte (vgl. hierzu Tz. 3d der Begründung des BFH-Urteil vom 8.3.1989, a.a.O.).

Liegt bei Erstellung der Bilanz des Mehrheitsgesellschafters (Kapitalgesellschaft, Personengesellschaft, Einzelunternehmen) ein Gewinnverwendungsbeschluss/-vorschlag der beherrschten Kapitalgesellschaft (noch) nicht vor – beispielsweise, wenn die zeitkongruente Aktivierung dadurch vermieden werden soll, dass das Besitzunternehmen seine Bilanz vor dem Betriebsunternehmen aufstellt – ist nach den folgenden Grundsätzen zu verfahren:

1. Das sich aus der o.a. BGH-Rechtsprechung ergebende handelsrechtliche Aktivierungswahlrecht gilt nur unter den folgenden Voraussetzungen:

  1. Der Gesellschafter muss die Kapitalgesellschaft beherrschen, weil er nur auf diese Weise über die Gewinnverwendung bestimmen kann. Dieses Beherrschungsverhältnis muss während des gesamten Wirtschaftsjahres der Kapitalgesellschaft bestanden haben.
  2. Das Wirtschaftsjahr des beherrschenden Gesellschafters darf nicht früher enden als das Wirtschaftsjahr der Kapitalgesellschaft, weil sonst ein Gewinn in der beherrschten Gesellschaft zum maßgebenden Bilanzstichtag noch nicht erwirtschaftet sein kann.
  3. Die Kapitalgesellschaft muss in einem festgestellten Jahresabschluss einen entsprechenden Gewinn ausweisen, und zwar bevor der Jahresabschluss des beherrschenden Gesellschafters festgestellt ist, weil sich die Aktivierung beim beherrschenden Gesellschafter auf den Gewinn der Kapitalgesellschaft für das laufende Jahr bezieht.
  4. Die Verwendung des Gewinns für das laufende Jahr als Ausschüttung muss tatsächlich gesichert erscheinen. Es muss deshalb entweder ein entsprechender Gewinnverwendungsvorschlag an die Gesellschafterversammlung vorliegen oder durch langjährige Übung oder dergleichen als sicher erscheinen, dass die Kapitalgesellschaft einen entsprechenden Gewinnverwendungsbeschluss fassen und durchführen wird.

2. Das handelsrechtliche Aktivierungswahlrecht führt steuerrechtlich zu einem Aktivierungsgebot. Da die Aktivierungspflic...

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