Leitsatz
Der sog. KWK-Bonus nach § 8 Abs. 3 EEG 2004, den der Betreiber einer Biogasanlage mit Blockheizkraftwerk von seinem Stromnetzbetreiber (zusätzlich) erhält, ist (ebenfalls) Entgelt für die Lieferung von Strom an den Stromnetzbetreiber. Er ist kein Entgelt des Stromnetzbetreibers für die (kostenlose) Lieferung von Wärme des Stromerzeugers an Dritte.
Normenkette
§ 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3, § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG, § 8 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 EEG 2004, § 27 EEG 2009, § 3 Abs. 4, Abs. 6, Abs. 7 KWKG
Sachverhalt
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) betreibt eine Biogasanlage zur Erzeugung von Biogas aus Biomasse. Das erzeugte Biogas wurde im Streitjahr (2008) zur dezentralen Strom- und Wärmeproduktion in einem angeschlossenen Blockheizkraftwerk genutzt.
Der so produzierte Strom wurde überwiegend in das Stromnetz eingespeist und nach dem EEG 2004 i.d.F. vom 7.11.2006 vom Stromnetzbetreiber vergütet.
Die durch diesen Prozess ebenfalls erzeugte Wärme diente zu einem Teil dem Produktionsprozess. Den überwiegenden Teil der Wärme überließ die Klägerin im Streitjahr "kostenlos" dem Unternehmer A zur Trocknung von Holz in Containern sowie einer B-GbR, die damit ihre Spargelfelder beheizte.
Die Klägerin erhielt für den erzeugten Strom von ihrem Stromnetzbetreiber neben der Mindestvergütung (§ 8 Abs. 1 EEG 2004) den KWK-Bonus nach § 8 Abs. 3 EEG 2004, weil es sich bei dem von ihr erzeugten Strom um Strom i.S.v. § 3 Abs. 4 des Gesetzes für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (KWKG) i.d.F. vom 19.3.2002 (BGBl I 2002, 1092) handelte. Auch der KWK-Bonus wurde von dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt – FA) in die Bemessungsgrundlage der steuerpflichtigen Umsätze einbezogen.
Nach einer Außenprüfung ging das FA von einer unentgeltlichen Zuwendung der Wärme i.S.v. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG an A und an B aus. Mangels eines Einkaufspreises setzte das FA als Bemessungsgrundlage die Selbstkosten an.
Das FG (Niedersächsisches FG, Urteil vom 28.11.2013, 16 K 247/12, Haufe-Index 6528190) gab der Klage statt. Es nahm an, dass der KWK-Bonus Entgelt von Dritter Seite i.S.v. § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG für die an A und B abgegebene Wärme sei.
Entscheidung
Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies den Rechtsstreit an das FG zurück. Es liege eine unentgeltliche Wertabgabe (Entnahme i.S.d. § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG) vor. Im zweiten Rechtsgang sind vom FG noch Feststellungen zu deren Bemessungsgrundlage zu treffen.
Hinweis
1. Mit der Förderung erneuerbarer Energien durch das EEG treten umsatzsteuerrechtliche Fragen auf, die man zuvor so nicht kannte. Ein weiterer Aspekt ist durch das Besprechungsurteil höchstrichterlich geklärt worden: Welche Folgen hat es, wenn der Betreiber eines Blockheizkraftwerks (BHKW) seine Wärme "verschenkt", damit er seinen Strom teurer verkaufen kann?
2. Dazu kommt es, weil sich nach § 8 Abs. 3 Satz 1 EEG 2004 die "Mindestvergütung" für Strom um den "KWK-Bonus" i.H.v. 2 Cent pro Kilowattstunde erhöhte, soweit es sich um "Strom i.S.v. § 3 Abs. 4 KWKG" handelte (und ein entsprechender qualifizierter Nachweis erbracht wurde). Zur Maximierung der Förderung muss wegen § 3 Abs. 4 KWKG möglichst viel "Nutzwärme" verbraucht, d.h. außerhalb der KWK-Anlage für die Raumheizung, die Warmwasserbereitung, die Kälteerzeugung oder als Prozesswärme verwendet werden (§ 3 Abs. 6 KWKG). Ob die Verwendung der Wärme durch den Unternehmer selbst oder durch Dritte erfolgt, ist für die Förderung ebenso unerheblich, wie die Frage, ob die Wärme unternehmerisch oder privat verwendet wird.
3. Umsatzsteuerrechtlich führt dies jedoch zu unterschiedlichen Ergebnissen:
a) Verwendet der Unternehmer die Wärme selbst für steuerpflichtige Ausgangsumsätze, verändert dies weder seinen Vorsteuerabzug noch ist eine Entnahme zu besteuern.
b) Verwendet er die Wärme ganz oder teilweise für vorsteuerabzugsschädliche Umsätze, ist sein Vorsteuerabzug anteilig zu kürzen. Die Vorsteueraufteilung erfolgt nach einem (ggf. fiktiven) Umsatzschlüssel (vgl. BFH, Urteil vom 16.11.2016, V R 1/15, BFH/NV 2017, 413).
c) Nutzt der Betreiber die Wärme für eigene private Zwecke, liegt in der Verwendung der Wärme für den privaten Bedarf eine der Umsatzsteuer unterliegende Entnahme i.S.d. § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG, wenn der Betreiber den Vorsteuerabzug aus der Anschaffung des Blockheizkraftwerks geltend gemacht hat (vgl. BFH, Urteil vom 12.12.2012, XI R 3/10, BFH/NV 2013, 661, BStBl II 2014, 809).
d) Gibt der Unternehmer die Wärme unentgeltlich an Dritte (Wärmenutzer) ab, liegt darin ebenfalls eine Entnahme, und zwar eine solche i.S.d. § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG, Art. 15, 16 MwStSystRL. Sie wird selbst dann besteuert, wenn sie für Zwecke des Unternehmens erfolgt. Dies ist zwar m.E. systematisch verfehlt, entspricht aber wohl der Rechtsprechung des EuGH (vgl. EuGH, Urteil vom 27.4.1999, C-48/97, Kuwait Petroleum, Haufe-Index 2148989, UVR 1999, 219, Rz. 22; EuGH, Urteil vom 30.9.2010, C-581/08, EMI Group, EU:C:2010:559, BFH/NV 2010, 2216, Rz. 51...