Leitsatz (amtlich)
Auch ein in der äußeren Form eines "Dienstvertrags" begründetes Rechtsverhältnis kann einkommensteuerrechtlich als Mitunternehmerschaft (§ 15 Nr. 2 EStG) zu beurteilen sein.
Normenkette
EStG 1967/1969 § 15 Nr. 2
Tatbestand
Streitig ist im Verfahren der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung für die Jahre 1968 bis 1970, ob der Geschäftsführer einer KG als Arbeitnehmer oder als Mitunternehmer der KG anzusehen ist.
I.
Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine KG, die am 6. Oktober 1967 gegründet wurde. Gegenstand des Unternehmens ist die Beratung von Betrieben. Die Tätigkeit umfaßt nach dem Gesellschaftsvertrag die "Koordinierung der steuerlichen und juristischen Berater, Betriebsanalysen zum Zwecke geeigneter Betriebsumgründungen, betrieblich mod. Pensionswerke mit Einbau der Unternehmerfamilie, Kooperation, Leasing, Anlageberatung (Investment)".
Nach dem Gesellschaftsvertrag vom 6. Oktober 1967 waren an der Klägerin der Beigeladene als Komplementär mit einem Kapitalanteil von 4 000 DM, der Kaufmann und Versicherungsmakler A sowie die Kauffrau B als Kommanditisten mit einem Kapitalanteil von je 2 000 DM beteiligt. In dem Gesellschaftsvertrag war vorgesehen, daß der Komplementär in Kürze durch die C-GmbH (im folgenden: GmbH) ersetzt werden sollte.
Mit Vertrag vom 15. Februar 1968 wurde die (am 6. Oktober 1967 gegründete) GmbH als Komplementärin in die Klägerin aufgenommen; zugleich schied der Beigeladene aus der Klägerin aus. Ebenfalls mit Wirkung vom 15. Februar 1968 schieden die Kommanditisten A und B aus der Klägerin aus; an ihre Stelle traten der Steuerbevollmächtigte D und E, die Ehefrau des Beigeladenen, mit einer Kommanditeinlage von je 10 000 DM.
Am Stammkapital der GmbH waren ursprünglich der Beigeladene mit 10 000 DM sowie der Kaufmann A und der Kaufmann F mit je 5 000 DM beteiligt. Am 15. Februar 1968 schieden die Gesellschafter A und F aus der GmbH aus. Ihre Gesellschaftsanteile übertrugen sie unentgeltlich auf den Beigeladenen. Mit Vertrag vom 23. Februar 1968 wurden der Kaufmann und Versicherungsmakler G sowie der Kaufmann und Versicherungsmakler H in die GmbH aufgenommen, wobei ihnen der Beigeladene Gesellschaftsanteile von je 5 000 DM unentgeltlich abtrat. Im Dezember 1968 wurde der Gesellschafter G ausgeschlossen. An seine Stelle trat J, der seinen Geschäftsanteil in bar einbrachte.
Alleiniger Geschäftsführer der GmbH war der Beigeladene.
Die GmbH sollte bei der Klägerin keine Kapitaleinlage erbringen. Am Gewinn der Klägerin sollte sie mit 2 v. H., die Kommanditisten mit je 49 v. H. beteiligt sein. An den Verlusten sollte die GmbH nicht teilnehmen. Sie war auch nicht zur Geschäftsführung der Klägerin berufen.
Mit Vertrag vom 15. Februar 1968 wurde der Beigeladene zum alleinigen Geschäftsführer der Klägerin bestellt. Nach dem als "Dienstvertrag" bezeichneten Vertrag sollte er die verantwortliche Leitung des gesamten Geschäftsbetriebs haben und Dienstvorgesetzter sämtlicher Arbeitnehmer der Klägerin sein. Er sollte ferner alle Leistungen der Klägerin sowie Entwürfe und Verträge überprüfen, soweit diese die Mandanten der Klägerin betreffen. Schließlich sollte der Beigeladene die Gesellschafter schulen. Als Vergütung für seine Tätigkeit sollte er ein Monatsgehalt von 2 000 DM, eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines Monatsgehaltes und ein Urlaubsgeld in gleicher Höhe erhalten. Außerdem war eine monatliche Spesenpauschale von 2 000 DM zuzüglich Fahrtkosteneinsatz für Dienstreisen im eigenen PKW (0,25 DM pro gefahrenen km) sowie Kostenersatz für die Bewirtung von Geschäftsfreunden außerhalb des Sitzes der Klägerin vorgesehen. Für den Fall, daß die Provisionseinnahmen steigen, sollte eine dynamische Anhebung der Festbezüge sowie der Spesenpauschale am Schluß des jeweiligen Geschäftsjahres ohne einen entsprechenden Gesellschafterbeschluß stattfinden. Ferner wurde ein Zuschuß zur Krankenversicherung des Beigeladenen von monatlich 50 DM und eine angemessene Unfall- und Invalidenversicherung für alle Unfälle während der Zeit, in der der Beigeladene die Dienste der Klägerin versieht, vereinbart. Schließlich wurde dem Beigeladenen eine Pension in angemessener, Höhe zugesagt. Die, Pension sollte ebenfalls den jeweils steigenden Provisionsansprüchen angepaßt werden. Der Beigeladene ist nach dem Vertrag unkündbar. Die Dauer des Vertrages ist bis mindestens zur Vollendung des 62. Lebensjahres des Beigeladenen bemessen, wobei eine beratende Tätigkeit des Beigeladenen auch danach noch möglich bleiben soll.
Durch Vertrag vom 16. Dezember 1968 erteilte die Klägerin dem Beigeladenen mit Wirkung vom 1. Dezember 1968 eine Pensionszusage. Hiernach sollte dem Beigeladenen bei Ausscheiden aus dem Dienst nach Vollendung des 62. Lebensjahres eine jährliche Alters- und Invalidenrente von 24 000 DM gezahlt werden. Seine Witwe sollte ggf. eine Witwenrente in Höhe von ebenfalls 24 000 DM erhalten. Dieses Pensionsversprechen ist von der Ehefrau des Beigeladenen unterzeichnet worden.
Nach den Bilanzen der Klägerin für die Jahre 1968 bis 1970 entwickelten sich die Pensionsrückstellungen zugunsten des Beigeladenen, das Geschäftsergebnis, das Kapitalkonto (Verlustvortragskonto) und die Bilanzsumme wie folgt:
1968 1969 1970
DM DM DM
Pensionsrückstellung 28 358 89 990 155 034
Verlust 21 467 26 659 75 933
Verlustvortrag 121 467 48 116 134 949
Bilanzsumme 43 675 109 282 181 507
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) stellte den Gewinn der Klägerin zunächst erklärungsgemäß fest. Nach einer Betriebsprüfung beurteilte das FA den Beigeladenen nicht mehr wie bisher als Arbeitnehmer, sondern als Mitunternehmer. Dementsprechend rechnete es die Bruttovergütungen des Beigeladenen (1968 = 28 600 DM, 1969 = 25 400 DM, 1970 = 27 200 DM) dem Gewinn der Klägerin hinzu. Außerdem erhöhte das FA den Gewinn der Klägerin um die jährliche Zuführung zur Pensionsrückstellung für den Beigeladenen wie folgt: 1968 = 28 358 DM, 1969 = 61 632 DM und 1970 = 65 044 DM.
Einspruch und Klage hatten hinsichtlich der steuerrechtlichen Behandlung des Beigeladenen als Mitunternehmer keinen Erfolg.
Zur Begründung seines Urteils führte das Finanzgericht (FG) aus: Ob eine Mitunternehmerschaft vorliege, müsse nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im Einzelfall beurteilt werden. Maßgebend für die Annahme einer Mitunternehmerschaft sei, ob der Beteiligte eine Unternehmerinitiative entwickeln könne und ein Unternehmerrisiko trage (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28. Januar 1971 IV 127/64, BFHE 102, 362, BStBl II 1971, 662 und vom 11. April 1973 IV R 67/69, BFHE 109, 133, BStBl II 1979, 528). Hiernach habe das FA die Mitunternehmerstellung des Beigeladenen zu Recht bejaht. Daß der Beigeladene auch nach seinem Ausscheiden als Komplementär Mitunternehmerinitiative habe entwickeln können, ergebe sich schon dar aus, daß sich seine Stellung im Unternehmen seit seinem Ausscheiden in tatsächlicher Hinsicht nicht geändert habe. Er sei weiterhin als alleiniger Geschäftsführer der Klägerin in der Lage gewesen, das Unternehmen nach seinen Vorstellungen zu führen. Das werde durch die ihm im Dienstvertrag vom 15. Februar 1968 eingeräumten Befugnisse noch unterstrichen.
Die Mitunternehmerstellung des Beigeladenen im Unternehmen der Klägerin habe nach § 15 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes 1967/69 (EStG) zur Folge daß das Gehalt des Beigeladenen zu seinen gewerblichen Einkünften gehöre und nicht als Betriebsausgabe abgezogen werden könne. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteile vom 16. Februar 1967 IV R 62/66, BFHE 87 531, BStBl III 1967, 222 und vom 21. Dezember 1972 IV R 52/72, BEHE 107, 564 BStBl II 1973, 298) könne für einen Mitunternehmer mit steuerlicher Wirkung auch keine Pensionsrückstellung nach § 6a EStG gebildet werden. Dementsprechend sei dem Beigeladenen das Gehalt im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungen der Klägerin nach § 215 Abs. 2 Nr. 2 der Reichsabgabenordnung (AO) als Gewinnanteil zuzurechnen, die Pensionsrückstellung sei zugunsten des Gewinns aufzulösen.
Gegen das Urteil des FG legte die Klägerin Revision ein. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts. Nach Ansicht der Klägerin enthält das Urteil des EG eine unzulässige Ausweitung des gesetzlichen Besteuerungstatbestandes, da es den Beigeladenen als Mitunternehmer betrachte. Nach den für die steuerrechtliche Beurteilung maßgebenden vertraglichen Vereinbarungen sei der Beigeladene Arbeitnehmer der Klägerin. Es sei vertraglich ein Arbeitsverhältnis vereinbart und auch tatsächlich praktiziert worden; es seien Lohnsteuer und Lohnsummensteuer entrichtet sowie Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden. So unterliege der Beigeladene - wie das Sozialgericht X durch Urteil vom 15. Dezember 1976 entschieden habe - als Angestellter der Angestelltenversicherung. Die für eine Mitunternehmerschaft wesentlichen Stimm-, Kontroll- und Entnahmerechte hätten dem Beigeladenen gefehlt. Außerdem sei er weder am Gewinn noch an den stillen Reserven der Klägerin beteiligt gewesen. Es habe auch keine Risikobeteiligung vorgelegen; er habe nicht für Gesellschaftsschulden gehaftet und keine Verluste tragen müssen. - Schließlich rügt die Klägerin die Verletzung von Verfahrensrecht, insbesondere die Versagung des rechtlichen Gehörs, unzureichende Tatsachenermittlung und -würdigung sowie Verstoß gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze.
Sie beanstandet u. a. , daß das EG bei seiner Tatsachenwürdigung Umstände aus der Zeit vor Eintritt der GmbH in die Klägerin (Zeitraum 1. Januar bis 15. Februar 1968) nicht berücksichtigt habe. Damals sei dem Beigeladenen als Geschäftsführer der GmbH eine Zusage über eine Pension von monatlich 2 000 DMgegeben worden, diese Zusage habe die Klägerin übernehmen müssen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, das EG Urteil aufzuheben und das Arbeitsverhältnis mit dem Beigeladenen in vollem Umfang steuerrechtlich anzuerkennen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Der Beigeladene hat keinen eigenen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist unbegründet. Das FG hat zu Recht entschieden, daß der Beigeladene in den Streitjahren Mitunternehmer i. S. des § 15 Nr. 2 EStG war.
Nach § 15 Nr. 2 EStG gehören zu den Einkünften aus einer gewerblichen Mitunternehmerschaft die Gewinnanteile der Gesellschafter einer OHG, einer KG und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen ist sowie die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft ...bezogen hat.
1. Für die Frage, ob der Beigeladene in den Streitjahren Mitunternehmer der Klägerin war, kommt es nicht ntscheidend darauf an, ob er zivilrechtlich als Gesellschafter der Klägerin anzusehen war. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 29. Januar 1976 IV R 97/74, BFHE 118, 198, BStBl II 1976, 332, mit weiteren Nachweisen) kann auch jemand, der zivilrechtlich nicht Gesellschafter ist, Mitunternehmer eines von einer Personengesellschaft betriebenen Unternehmens sein. Selbst wenn man aber - einer verbreiteten Meinung entsprechend - die Annahme einer Mitunternehmerschaft von dem Vorliegen eines Gesellschaftsverhältnisses abhängig machen würde, hätten die Voraussetzungen hierfür im Streitfall vorgelegen.
Die Klägerin und der Beigeladene hatten ihre vertraglichen Vereinbarungen allerdings nicht als Gesellschaftsvertrag, sondern als "Dienstvertrag" bezeichnet. Diese Bezeichnung ist indessen für die zivilrechtliche Beurteilung der zwischen ihnen bestehenden Rechtsbeziehungen nicht ausschlaggebend. Entscheidend ist vielmehr, welche Rechtsfolgen die Vertragspartner aus ihrer Zusammenarbeit ziehen wollten und wie diese Rechtsfolgen bei Würdigung aller Einzelheiten zu beurteilen sind (BFH-Urteil vom 10. Februar 1978 III R 115/76, BFHE 124, 374, BStBl II 1978, 256).
Ein Gesellschaftsverhältnis liegt vor, wenn sich die Beteiligten zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks vertraglich verbunden haben und diesen gemeinsamen Zweck durch Zusammenwirken fördern wollen (§ 705 BGB). Dem Wesen der Zweckgemeinschaft entspricht es, daß die Vertragsparteien als gleichberechtigte Vertragspartner einander gegenübertreten und in einem gleichberechtigten Zusammenwirken zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks beitragen (v. Gamm in Kommentar von Reichsgerichtsräten und Bundesrichtern zum BGB, 12. Aufl., 1978 Anm. 1 vor § 705). Die Förderung des Vertragszwecks kann dabei auf verschiedene Weise erfolgen; der Beitrag eines Gesellschafters kann insbesondere auch in der Leistung von Diensten bestehen (§ 706 Abs. 3 BGB). - Das Wesen eines Arbeitsverhältnisses wird dagegen durch einen Vertrag bestimmt, aufgrund dessen der Arbeitnehmer in ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis zum Arbeitgeber trifft, diese Abhängigkeit äußert sich darin, daß der Arbeitnehmer bei seiner Arbeit im wesentlichen an die Weisungen des Arbeitgebers gebunden ist (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts - BAG -, vgl. Urteile vom 28. Februar 1962 4 AZR 141/61, BAGE 12, 303 und vom 13. Dezember 1962 2 AZR 128/62, BAGE 14, 17; vgl. hierzu auch Söllner, Arbeitsrecht, 6. Aufl., 1978, S. 25 ff.).
Die Frage, ob vertraglich vereinbarte Dienste im Rahmen eines Gesellschaftsverhältnisses oder eines Arbeitsverhältnisses geleistet werden, kann nur anhand der Umstände des Einzelfalles beantwortet werden (BFH-Urteil vom 7. Februar 1968 I 233/64, BFHE 91, 373, BStBl II 1968, 356, Beuthien, Arbeitsrecht und Vereinsfreiheit, in "25 Jahre Bundesarbeitsgericht", S. 1 ff.). Für das Vorliegen eines Gesellschaftsverhältnisses können insbesondere Überwachungs- und Mitspracherechte des Dienstleistenden sprechen (BFHE 91, 373, BStBl II 1968, 356). Die persönliche Abhängigkeit i. S. des Arbeitsrechts wird in der Regel entfallen, wenn jemand sein Beschäftigungsverhältnis durch eigene Mitentscheidung in den Gesellschaftsorganen maßgebend bestimmen kann (vgl. Beuthien, a. a. O., S. 4). Auch in der Art der Vergütung kann ein Anzeichen für das Vorliegen eines Gesellschaftsverhältnisses liegen; eine an der Höhe des Umsatzes oder Gewinns orientierte Vergütung spricht - jedenfalls in Verbindung mit anderen Merkmalen - eher für ein Gesellschaftsverhältnis. Dagegen ist für die Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses nicht entscheidend, ob auch eine Beteiligung am Gesellschaftsvermögen besteht und für die Gesellschaftsschulden gehaftet wird (BFH-Urteil vom 9. Oktober 1969 IV 294/64, BFHE 98, 21, BStBl II 1970, 320). Die im BGB insoweit bestehenden Regelungen sind abdingbar; die Vertragsparteien können eine reine Innengesellschaft - ohne Beteiligung am Gesellschaftsvermögen und ohne Haftung des Betreffenden - vereinbaren (Staudinger, Kommentar zum BGB, 10.-11. Aufl., Vorbemerkung vor § 705 Anm. 46).
Im Streitfall ist aus dem Inhalt des Dienstvertrags vom 15. Februar 1968 zu entnehmen, daß zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen kein Arbeits-, sondern ein Gesellschaftsverhältnis bestand.
Der Beigeladene hatte als alleiniger Geschäftsführer der Komplementär-GmbH an der er zu 50 v. H. beteiligt war, sowie als alleiniger Geschäftsführer der Klägerin, an der seine Ehefrau maßgebend beteiligt war, eine Stellung, die nicht von der für ein Arbeitsverhältnis charakteristischen persönlichen Abhängigkeit gekennzeichnet war. Er hatte vielmehr im Geschäftsführungsbereich unternehmerische Entscheidungsbefugnisse, die nicht einmal durch die - nach dem Gesellschaftsvertrag nur "mit Zustimmung der Geschäftsführung" ausübbaren - Informations- und Kontrollrechte der Kommanditisten eingeschränkt waren. Außerdem hatte er als Dienstvorgesetzter aller bei der Klägerin beschäftigten Arbeitnehmer auch die unternehmerische Leitung über das Personal. Ferner hatte er die - zur beratenden Tätigkeit in die Klägerin aufgenommenen - Gesellschafter zu schulen und deren Leistungen zu überprüfen. Das alles spricht dafür, daß der Bei geladene eine beherrschende Position im Unternehmen besaß und deshalb für die Klägerin nicht im Rahmen eines Unterordnungsverhältnisses mit entsprechender Weisungsgebundenheit tätig gewesen sein konnte.
Demgegenüber konnte dem Umstand, daß die Klägerin und der Beigeladene von einem Arbeitsverhältnis ausgegangen sind und hieraus steuer- und sozialversicherungsrechtliche Folgerungen gezogen haben, keine entscheidende Bedeutung zukommen; die tatsächliche Handhabung des Vertragsverhältnisses durch die Beteiligten kann nicht zur Folge haben, daß die Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen als Arbeitsverhältnis beurteilt werden müssen (vgl. BFH Beschluß vom 19. Oktober 1970 GrS1/70, BFHE 101, 62, BStBl II 1971, 177). Der Senat ist auch nicht an die zu einer Frage des Sozialversicherungsrechts ergangene Entscheidung des Sozialgerichts X gebunden. Daß dem Beigeladenen bereits vor dem Abschluß des "Dienstvertrages" vom 15. Februar 1968 nach dem bis zu diesem Zeitpunkt für ihn als Geschäftsführer der GmbH geltenden Vertrag vom 7. November 1967 eine Pensionszusage gegeben worden war, ist für die Frage, ob später ein Arbeits- oder ein Gesellschaftsverhältnis vorlag, unerheblich. Schließlich lassen sich aus der Art, in der die Tätigkeit des Beigeladenen vergütet wurde, keine Anzeichen für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses entnehmen. Die teilweise Erfolgsabhängigkeit der Bezüge und der Altersversorgung sprechen vielmehr - jedenfalls im Zusammenhang mit den übrigen Sachverhaltsumständen - für das Vorliegen eines Gesellschaftsverhältnisses.
Da der Beigeladene am Gesellschaftsvermögen der Klägerin nicht beteiligt war und den Gesellschaftsgläubigern gegenüber nicht haftete, ist er allerdings weder Komplementär noch Kommanditist der Klägerin gewesen. Zwischen ihm und der Klägerin bestand vielmehr eine Innengesellschaft.
2. Dem FG ist darin beizupflichten, daß die Vergütungen für die Tätigkeit des Beigeladenen diesem als gewerbliche Einkünfte zugerechnet werden mußten, da der Beigeladene i. S. des § 15 Nr. 2 EStG Mitunternehmer der Klägerin war.
a) Der BFH versteht die Vorschrift des § 15 Nr. 2 EStG dahin, daß Gesellschafter einer OHG, einer KG oder einer anderen Gesellschaft nur dann Einkünfte aus Gewerbebetrieb haben, wenn sie "Mitunternehmer" des gewerblichen Unternehmens der Gesellschaft sind (Urteil vom 8. Februar 1979 IV R 163/76, BFHE 127, 188, BStBl II 1979, 405). Mitunternehmer ist, wer eine Mitunternehmerinitiative entfalten kann und ein Unternehmerrisiko trägt (BFH-Urteile vom 9. Dezember 1976 IV R 47/72, BFHE 120, 534, BStBl II 1977, 155; vom 5. Juli 1978 I R 22/75, BFHE 125, 545, BStBl II 1978, 644). Ob diese Merkmale vorliegen, ist unter Berücksichtigung aller die rechtliche und wirtschaftliche Stellung einer Person insgesamt bestimmenden Umstände zu würdigen. Regelmäßig ist der Mitunternehmer am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven des Anlagevermögens (einschließlich des Geschäftswerts) beteiligt. Für die Frage, ob die Entfaltung einer Unternehmerinitiative oder die Tragung eines Unternehmerrisikos vorliegen, ist dies jedoch nicht ausschlaggebend (BFHE 98, 21, BStBl II 1970, 320).
b) Der Beigeladene hat in einer für das Unternehmen entscheidenden Weise Unternehmerinitiative entfalten können. Wie das FG im einzelnen ausgeführt hat, ermöglichte ihm seine Rechtsstellung, das Unternehmen zu steuern, ohne daß dem eine nennenswerte Mitsprachemöglichkeit der übrigen Gesellschafter entgegenstand. Daß die Unternehmerfunktionen im wesentlichen in seiner Hand lagen, zeigte sich vor allem in der ihm vertraglich zugedachten Aufgabe, die übrigen Gesellschafter zu schulen und schließlich darüber zu entscheiden, ob sie den beruflichen Anforderungen genügten.
Obwohl der Beigeladene den Gläubigern der Klägerin gegenüber nicht haftete und er auch keinen Anteil am Vermögen der Klägerin hatte, trug er dennoch ein erhebliches Unternehmerrisiko. Denn seine wirtschaftliche Position hing entscheidend von der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens ab. Dies zeigte sich insbesondere darin, daß die Höhe seiner Einkünfte mit dem Geschäftserfolg der Klägerin eng verknüpft war. Daß der Beigeladene nach dem Vertrag keine Gewinnbeteiligung hatte, war im übrigen ohne praktische Bedeutung, da die Klägerin wegen der Höhe der an den Beigeladenen zu leistenden Tätigkeitsvergütung (einschließlich der Zuführungen zu der Pensionsrückstellung) keinen die Tätigkeitsvergütung übersteigenden Gewinn erzielen konnte. Auch die fehlende Beteiligung am Vermögen fiel für die Frage, ob ein Unternehmerrisiko vorlag, nicht ins Gewicht, da die Klägerin kein nennenswertes Aktivvermögen besaß.
Da der Beigeladene sonach als Mitunternehmer anzusehen war, konnten die Vergütungen, die die Klägerin an ihn leistete, bei der Gewinnermittlung nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden. Sie waren vielmehr- wie das FG zu Recht ausgeführt hat - als Gewinnanteil des Beigeladenen i. S. des § 15 Nr. 2 EStG anzusehen.
Die von der Klägerin zu Lasten des Gewinns gemachten Zuführungen zur Pensionsrückstellung sind ebenfalls steuerlich nicht anzuerkennen. Denn die Pensionszusage gehört zu den Vergütungen, die nach § 15 Nr. 2 EStG bei der Ermittlung des Gewinns der Gesellschaft nicht abgezogen werden können (BFH-Urteil vom 21. Dezember 1972 IV R 53/72, BFHE 107, 564, BStBl II 1973, 298).
3. Die von der Klägerin erhobene Rüge, das FG habe ihr Recht auf Gehör verletzt, ist nicht begründet. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs bedeutet, daß den Beteiligten Gelegenheit gegeben werden muß, sich zu dem der gerichtlichen Entscheidung zugrunde zu legenden Sachverhalt vor Erlaß der Entscheidung zu äußern. Dagegen ist nicht erforderlich, daß das Gericht in der Begründung seiner Entscheidung auf das gesamte Vorbringen der Beteiligten in allen Einzelheiten eingeht. Die Rüge der Klägerin, das FG habe rechtlich erhebliche Tatsachen (Sozialversicherungspflicht des Beigeladenen) trotz mündlichen Vortrags weder im Protokoll über die mündliche Verhandlung noch im Urteil festgestellt, kann hiernach eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht begründen. Ebensowenig kommt eine Ergänzung des Urteils (§ 109 der Finanzggerichtsordnung - FGO - in Betracht; denn die hierfür geltenden gesetzlichen Voraussetzungen (Übergehen eines Antrags oder der Kostenfolge) haben im Streitfall gefehlt.
Schließlich greifen auch die übrigen von der Klägerin erhobenen Verfahrensrügen nicht durch. Von einer Begründung sieht der Senat insoweit ab (Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - BFH-EntlastG - vom 8. Juli 1975, BGBl I 1861).
III.
Die Entscheidung des Senats ergeht durch einstimmigen Beschluß. Da bereits ein Vorbescheid ergangen ist und eine von der Klägerin beantragte - mündliche Verhandlung nicht als sachdienlich erschien, macht der Senat von der Möglichkeit Gebrauch, nach Art. 1 Nr. 7 BFH-EntlastG zu verfahren. Hiernach kann der BFH über die Revision in der Besetzung mit fünf Richtern durch Beschluß entscheiden, wenn er einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die Beteiligten sind durch Verfügung des Vorsitzenden vom 9. Oktober 1980 davon unterrichtet worden, daß nach Art. 1 Nr. 7 BFH-EntlastG verfahren wird; sie hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung, macht aber von der nach Art. 1 BFH-EntlastG gegebenen Möglichkeit, ohne weitere Begründung zu entscheiden, keinen Gebrauch (vgl. Beschluß vom 2. März 1978 IV R 120/76, BFHE 125, 12, BStBl II 1978, 404).
Fundstellen
Haufe-Index 413531 |
BStBl II 1981, 310 |
BFHE 1981, 278 |