Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendung des § 1 AStG auf Personengesellschaften und Personengesellschafter: Steuerpflichtiger, nahestehende Person, ernstliche Zweifel im Hinblick auf das Konkurrenzverhältnis von § 4 Abs.1 Satz 1 EStG und § 1 Abs.1 AStG - Zurückverweisung im Beschwerdeverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Steuerpflichtiger i.S. des § 1 Abs.1 AStG ist keine Personengesellschaft, sondern nur die an einer Personengesellschaft beteiligten Gesellschafter.
2. Ist der Gesellschafter einer Personengesellschaft zugleich Alleingesellschafter einer ausländischen Kapitalgesellschaft, so steht die Kapitalgesellschaft dem Personengesellschafter i.S. des § 1 Abs.2 AStG mit der Folge nahe, daß der Gewinnanteil des Gesellschafters (§ 15 Abs.1 Nr.2 EStG) unter Anwendung des § 1 Abs.1 AStG zu ermitteln ist, soweit die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschrift erfüllt sind.
3. Es ist ernstlich zweifelhaft, ob die Rechtsfolge des § 4 Abs.1 Satz 1 EStG die Anwendung des § 1 Abs.1 AStG ausschließt und ob eine Sachentnahme und/oder Leistungsentnahme i.S. des § 4 Abs.1 Satz 1 EStG die Annahme einer Geschäftsbeziehung i.S. des § 1 Abs.1 AStG ausschließt.
Orientierungssatz
§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO kann im Beschwerdeverfahren analog angewendet werden.
Normenkette
AStG § 1 Abs. 1, 2 Nr. 1; EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 4 Abs. 1 S. 1; FGO § 126 Abs. 3 Nr. 2, § 69 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten über das Bestehen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer auf § 1 des Außensteuergesetzes (AStG) gestützten Gewinnkorrektur bei einer inländischen und inzwischen aufgelösten AG & Co. KG für Dienst- und Sachleistungen, die gegenüber einer nahestehenden ausländischen Kapitalgesellschaft erbracht wurden. Die Antragsteller und Beschwerdegegner (Antragsteller) sind die Erben nach dem am 2. August 1986 verstorbenen K, der seit dem 22. Juli 1976 als Kommanditist an der o.g. AG & Co. KG wesentlich beteiligt war. Die Erbengemeinschaft ist ungeteilt.
Die Gewinnfeststellungsbescheide, deren Aussetzung der Vollziehung den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens bildet, sind für die untergegangene AG & Co. KG bzw. für die untergegangene GmbH & Co. KG, beide mit früherem Sitz in X ergangen. Die spätere AG & Co. KG war zum 1. Januar 1970 dadurch gegründet worden, daß H, ein Bruder des K, sein Einzelunternehmen in eine KG einbrachte, deren Komplementär er wurde. Am 22. Juli 1976 trat die H-GmbH als Komplementärin in die KG ein. H wurde Kommanditist. Außerdem wurde K mit einer Einlage von 137 500 DM weiterer Kommanditist. H war alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer der H-GmbH. Er übertrug durch Vertrag vom 10. Dezember 1980 rückwirkend zum 1. Januar 1980 seinen Kommanditanteil auf K. Zum 1. Juli 1981 trat die K-AG in X als einzige Komplementärin anstelle der H-GmbH in die AG & Co. KG ein. Das Grundkapital von 1 Mio. DM an der K-AG hielten fünf natürliche Personen treuhänderisch für K. Zum 20. Dezember 1984 wurde die A-GmbH anstelle der K-AG Komplementärin der AG & Co. KG, die fortan den Namen GmbH & Co. KG trug und deren Auflösung am 22. März 1988 in das Handelsregister eingetragen wurde. Die persönlich haftende Gesellschafterin übernahm das Handelsgeschäft der untergegangenen GmbH & Co. KG.
K hatte seinen Wohnsitz seit 1967 in der Schweiz. Er hatte im Inland keinen weiteren Wohnsitz. In der Schweiz betätigte er sich im Bereich der Hühnerzucht und von Grundstücksgeschäften. Er war an verschiedenen Kapitalgesellschaften beteiligt. Dazu gehörte die CH-AG mit Sitz in Y/Schweiz, die durchschnittlich fünf bis sieben Angestellte beschäftigte. Die CH-AG erhielt in den Jahren 1978 bis 1984 als Generalunternehmer Großaufträge aus arabischen Staaten, die die schlüsselfertige Errichtung von Geflügelstallanlagen betrafen. Sie setzte zur Durchführung der Aufträge auch die AG & Co. KG als Subunternehmerin ein. Zur Finanzierung der Durchführung der Aufträge nahm die CH-AG Darlehen bei verschiedenen Banken auf. Außerdem war sie aus den von den Auftraggebern bereitgestellten Akkreditiven als Gläubigerin berechtigt. Die AG & Co. KG leistete nach § 2 des mit der CH-AG abgeschlossenen Vertrages, indem sie unter Einsatz ihres technischen Know-how und ihrer Erfahrungen aus der Lieferung von Hallen zur Massentierhaltung Angebote ausarbeitete, die die CH-AG den ausländischen Auftraggebern unterbreitete. Daneben übernahm die AG & Co. KG den Einkauf, soweit er nicht von der CH-AG selbst durchgeführt wurde, und das Handling ohne Rücksicht darauf, ob sie an dem einzelnen Geschäft beteiligt war oder nicht. Der AG & Co. KG wurde das ausschließliche Recht eingeräumt, sämtliche auf Grund der Angebote bestellten Hallen für Tierhaltung als Subunternehmer der CH-AG zu liefern. Dafür erhielt sie 5 v.H. des Warennettowertes. Daneben wurden ihr die Kosten für Verpackung und Vorfrachten gesondert vergütet. Die AG & Co. KG beschäftigte durchschnittlich 30 bis 35 Arbeitnehmer.
Nach einer Betriebsprüfung vertrat der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) die Auffassung, die CH-AG sei nur eine Domizilgesellschaft ohne eigenen Geschäftsbetrieb. K habe die CH-AG zwischengeschaltet, um die Gewinne aus den Großaufträgen in die Schweiz zu verlagern. Die Gewinne, auf die die AG & Co. KG zugunsten der CH-AG verzichtet habe, seien verdeckte Entnahmen der Gesellschafter. Das FA erließ am 16. Oktober 1990 geänderte Gewinnfeststellungsbescheide 1977 bis 1980, am 24. April 1989 einen geänderten Gewinnfeststellungsbescheid 1983 und erstmalige Gewinnfeststellungsbescheide 1984 bis 1985 und am 19. Juni 1989 einen erstmaligen Gewinnfeststellungsbescheid 1986. Die Antragsteller legten gegen alle Bescheide Einsprüche ein.
In dem Verfahren betreffend die Verpflichtung des FA, die Vollziehung der Gewinnfeststellungsbescheide 1983 und 1984 auszusetzen, äußerte das Finanzgericht (FG) Zweifel an dem Vorliegen verdeckter Entnahmen und daran, daß sie in 1983 und 1984 zu erfassen seien. Allenfalls lägen verdeckte Entnahmen in den Jahren 1981 und 1982 vor. Das FG verpflichtete das FA durch Urteil vom 25. März 1992 XII 412/90, die Vollziehung der Gewinnfeststellungsbescheide 1983 und 1984 vom 24. April 1989 insoweit auszusetzen, als der Gewinnanteil des K und die Einkünfte der AG & Co. KG für 1983 um 2 519 338 DM und für 1984 um 82 942 284 DM erhöht worden waren. Die Entscheidung führte dazu, daß die Antragsteller die Einsprüche für 1981 und 1982 zurücknahmen.
Das FA prüfte deshalb den Fall in rechtlicher Hinsicht insgesamt neu. Es verneinte nunmehr die Anwendung von § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) und vertrat die Auffassung, es seien Gewinnkorrekturen nach § 1 Abs. 1 AStG vorzunehmen. Die AG & Co. KG sei Steuerpflichtige im Sinne der Vorschrift. Sie habe Geschäftsbeziehungen zum Ausland, nämlich zur CH-AG, unterhalten. Die CH-AG sei im Verhältnis zur AG & Co. KG nahestehende Person i.S. des § 1 Abs. 2 AStG. Sie habe für die von ihr gegenüber der CH-AG erbrachten Leistungen kein angemessenes Entgelt erhalten. Dieses sei deshalb zu berichtigen.
Das FA erließ unter dem 17. Juli 1996 eine Einspruchsentscheidung, in der die Gewinne 1978 bis 1980, 1984 und 1985 niedriger festgestellt wurden. Die Gewinne 1977 bis 1980, 1983 und 1984 wurden außerdem anderweitig aufgeteilt. Im übrigen wurden die Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen. Die Antragsteller erhoben die Klage XII 583/96, über die --soweit bekannt-- noch nicht entschieden wurde.
Da das FA die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheide durch Verfügung vom 12. August 1996 ablehnte, richteten die Antragsteller einen entsprechenden Antrag an das FG, dem dieses stattgab. Der Beschluß des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 1997, 1288 veröffentlicht.
Mit seiner vom FG zugelassenen Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat, rügt das FA die Verletzung von § 1 AStG.
Es beantragt, den Beschluß des Niedersächsischen FG vom 7. Juli 1997 XII 774/96 V aufzuheben und den Aussetzungsantrag abzulehnen.
Die Antragsteller beantragen, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist begründet. Sie führt in analoger Anwendung des § 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 15. Februar 1967 IV B 18/66, BFHE 87, 502, BStBl III 1967, 181; vom 6. Oktober 1967 III B 56/67, BFHE 90, 284, BStBl II 1968, 65; vom 5. Februar 1975 II B 29/74, BFHE 115, 12, BStBl II 1975, 465; vom 28. Oktober 1981 I B 69/80, BFHE 134, 239, BStBl II 1982, 135).
1. Die Vorentscheidung ist insoweit nicht nachvollziehbar, als das FG auch die Vollziehung der Gewinnfeststellungsbescheide 1985 und 1986 ausgesetzt hat. Für 1985 liegt eine Gewinnfeststellungserklärung über einen Verlust in Höhe von 1 747 898 DM vor. Das FA hat die Antragsteller durch Bescheid vom 24. April 1989 erklärungsgemäß veranlagt. Dennoch wurde gegen den Bescheid am 8. Mai 1989 ohne erkennbare Begründung Einspruch eingelegt. Ähnlich verhält es sich mit der Gewinnfeststellung 1986. Insoweit wurde ein Verlust in Höhe von 3 250 687 DM erklärt. Das FA erließ am 19. Juni 1989 einen Feststellungsbescheid entsprechend der abgegebenen Erklärung, gegen den die Antragsteller am 27. Juni 1989 Einspruch mit der Begründung einlegten, der festgestellte Verlust sei unzutreffend aufgeteilt worden. Das FA hat die Einsprüche in seiner Einspruchsentscheidung vom 17. Juli 1996 als unbegründet zurückgewiesen, ohne daß aus der Begründung der Einspruchsentscheidung die Zurückweisungsgründe zu erkennen wären. Das FA hat sich insbesondere nicht mit der Frage der Rechtmäßigkeit der Verlustverteilung 1986 begründungsmäßig auseinandergesetzt. Für den erkennenden Senat ist nicht zu erkennen, daß die festgestellten Verluste gemäß § 1 Abs. 1 AStG berichtigt wurden.
2. Die Vorentscheidung ist auch insoweit nicht frei von Bedenken, als das FG die Vollziehung der Gewinnfeststellungsbescheide 1983 und 1984 ausgesetzt hat. Nach Aktenlage existiert nach wie vor das Urteil des FG vom 25. März 1992 XII 412/90. Die sich aus dem Urteil ergebende Verpflichtung des FA hat sich insbesondere nicht durch den Erlaß der Einspruchsentscheidung vom 17. Juli 1996 erledigt, weil nach wie vor die Bescheide vom 24. April 1989 --wenn auch in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 17. Juli 1996-- die Grundlage der Vollziehung bilden. Da die Aussetzung der Vollziehung in dem Urteil zeitlich nicht befristet wurde, ist das FA --vorbehaltlich einer dem Senat nicht bekannten anderen Entwicklung-- weiterhin verpflichtet, die Vollziehung der Gewinnfeststellungsbescheide 1983 und 1984 in dem im Urteilstenor angegebenen Umfang auszusetzen. Eine Änderung des Urteils kommt nur nach den allgemeinen Vorschriften über die Korrektur von Urteilen in Betracht (§ 134 FGO i.V.m. §§ 578 ff. der Zivilprozeßordnung; vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 69 Rdnr. 188). Damit ist zweifelhaft, ob für den Antrag der Antragsteller ein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, daß die durch das Urteil ausgesprochene Verpflichtung zur Aussetzung der Vollziehung spätestens mit dem Eintritt der Bestandskraft der Gewinnfeststellungsbescheide 1983 und 1984 ausläuft und daß auch für die Veranlagungszeiträume 1983 und 1984 nicht zu erkennen ist, ob und in welchem Umfang das FA § 1 Abs. 1 AStG angewendet hat.
3. Die vom FG verfügte Aussetzung der Vollziehung der Gewinnfeststellungsbescheide 1977 bis 1980 ist insoweit fehlerhaft, als das FG den Umfang der Aussetzung der Vollziehung nicht betragsmäßig konkretisiert hat. Nach den Entscheidungsgründen kommt eine Aussetzung der Vollziehung der Bescheide nur in Höhe der Beträge in Betracht, die auf die Anwendung des § 1 Abs. 1 AStG zurückzuführen sind. Umgekehrt besteht im Zweifel kein Grund, die Vollziehung der erlassenen Bescheide auch wegen der erklärten Gewinne auszusetzen. Für 1980 wurde ein Verlust erklärt, weshalb zu klären ist, wie weit die Aussetzung der Vollziehung des Gewinnfeststellungsbescheides 1980 reicht. Das FG wird auch ermitteln müssen, welcher Teil der auszusetzenden Beträge auf die Antragsteller als die Erben des K entfällt.
4. Der Senat folgt dem FG in dessen Beurteilung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 AStG nicht.
a) Entgegen der Auffassung des FG war im Streitfall Steuerpflichtiger i.S. des § 1 Abs. 1 AStG nicht die AG & Co. KG, sondern K persönlich. K war in den Kalenderjahren 1977 bis 1980 beschränkt einkommensteuerpflichtig. Seine beschränkte Steuerpflicht erfaßte auch seine Gewinnanteile für 1977 bis 1980 aus der AG & Co. KG. Deshalb sind diese unter Anwendung des § 1 AStG zu ermitteln, soweit die Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschrift erfüllt sind (vgl. BFH-Urteil vom 30. Mai 1990 I R 97/88, BFHE 160, 567, BStBl II 1990, 875; Flick/ Wassermeyer/Becker, Kommentar zum Außensteuerrecht, § 1 AStG, Rdnr. 70).
b) Die CH-AG war ab ihrer Gründung eine dem K nahestehende Person i.S. des § 1 Abs. 2 Nr. 1 (3. Alternative) AStG, weil K an der CH-AG seit Gründung zu 100 v.H. beteiligt war. Dieses Nahestehen zwingt dazu, den Gewinnanteil des K bei der AG & Co. KG unter Anwendung der Rechtsfolge des § 1 Abs. 1 AStG zu ermitteln, soweit die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschrift erfüllt sind.
c) Bezüglich der Ausführungen unter II. 4. a und b ist die Rechtslage durch das Urteil in BFHE 160, 567, BStBl II 1990, 875 geklärt, weshalb ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO nicht gegeben sind.
5. Es bestehen jedoch folgende, die vorgenommene Gewinnerhöhung betreffende, ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheide 1977 bis 1980:
a) Es ist ernstlich zweifelhaft, ob nicht die Rechtsfolge des § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG), soweit sie sich auf sog. Sach- und/oder Leistungsentnahmen bezieht, die Anwendung des § 1 Abs. 1 AStG ausschließt. § 1 Abs. 1 AStG ist nur "unbeschadet anderer Vorschriften" anwendbar. Das sich daraus ergebende Konkurrenzverhältnis zu § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG ist im Schrifttum weitgehend ungeklärt (Idealkonkurrenz nehmen an: Krabbe in Lademann, § 1 AStG, Rdnr. 4; Blümich/Menck, § 1 AStG Rdnr. 39; Debatin, Der Betrieb --DB-- 1974, Beilage 15, S. 4; Raupach, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht --JbFSt-- 1977/1978, 424 ff., 430; Manke, JbFSt 1977/1978, 446; Gesetzeskonkurrenz bzw. lex specialis nehmen an: Ebling, Die steuerliche Betriebsprüfung 1971, 218, 223; Vogel, DB 1972, 1402, 1403; Bellstedt, Die Besteuerung international verflochtener Gesellschaften, S. 103; Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, S. 423, 424; Baranowski, Besteuerung von Auslandsbeziehungen, 2. Aufl., Herne/Berlin 1996, Rz. 760; Auffangvorschrift nimmt an: Brezing in Brezing/Krabbe/Lempenau/ Mössner/Runge, Außensteuerrecht, § 1 AStG, Rdnr. 10; Subsidiaritätsverhältnis nehmen an: Wassermeyer in Schaumburg, Dokumentation der Kölner Konzernrechts-Tage 1997, Rz. 660 ff.; Döllerer, Verdeckte Gewinnausschüttungen, 1990, S. 241, 242; Fischer/Warneke, Steuerlehre 1988, S. 93; Knobbe-Keuk, Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., S. 690; Westerfelhaus, DB 1983, 907, 909; Woerner, Betriebs-Berater 1983, 845; vgl. im übrigen die Zusammenstellung bei Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/ Becker, a.a.O., § 1 AStG Rdnr. 76 ff., Lfg. Nr. 40). Im Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 23. Februar 1983 (BStBl I 1983, 218) wird das Konkurrenzverhältnis nicht abgehandelt. Im Grundsatz geht es darum, ob immer dann, wenn auch die Tatbestandsvoraussetzungen einer anderen Gewinnkorrekturvorschrift erfüllt sind, dies die Anwendung des § 1 Abs. 1 AStG ausschließt oder ob § 1 Abs. 1 AStG neben § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG insoweit anwendbar ist, als sich aus der Vorschrift weitergehende Gewinnkorrekturmöglichkeiten ergeben. Der Senat hält diese Frage für ungeklärt. Sie muß im Hauptverfahren beantwortet werden.
b) Ernstlich zweifelhaft ist ferner, ob sich nicht die Annahmen einer Sach- und/oder Leistungsentnahme i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG und einer Geschäftsbeziehung i.S. des § 1 Abs. 1 AStG in der vor Erlaß des Steueränderungsgesetzes 1992 (BGBl I 1992, 297, BStBl I 1992, 146) geltenden Fassung wechselseitig ausschließen. Der Senat verweist dazu auf die Ausführungen von Baranowski (a.a.0., Rz. 754), der im Grundsatz zutreffend ausführt, daß die Entnahme auf der steuerlichen Wertung eines Vorganges als im Privatbereich und damit außerhalb von Geschäftsbeziehungen liegend beruht. Zwar will Baranowski § 1 Abs. 1 AStG angewendet wissen, wenn --wie im Streitfall-- grenzüberschreitende Geschäftsbeziehungen mit nahestehenden Personen außerbetrieblich beeinflußt werden. § 1 Abs. 1 AStG enthält jedoch keine Rechtsgrundlage dafür, um eine Privatbeziehung in eine Geschäftsbeziehung umzuwandeln. Deshalb kann nicht ausgeschlossen werden, daß eine Dienstleistungsentnahme, die der Steuerpflichtige für eine ihm nahestehende Person verwendet, trotz der Regelung in § 1 Abs. 1 AStG mit den Selbstkosten zu bewerten ist (vgl. BFH-Urteile vom 24. März 1983 IV R 123/80, BFHE 138, 337, BStBl II 1983, 598, und --für Nutzungsentnahmen-- vom 24. Mai 1989 I R 213/85, BFHE 157, 521, BStBl II 1990, 8). Es wird in der Hauptsache darüber zu entscheiden sein, ob nicht die Annahme einer Geschäftsbeziehung in dem Umfang ausscheidet, in dem ein bestimmter Vorgang steuerlich als Sach- und/oder Leistungs- bzw. Nutzungsentnahme zu beurteilen ist. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, daß gegen die Anwendung von Sachentnahmegrundsätzen keine Bedenken bestehen, soweit die AG & Co. KG Anlagen an die CH-AG zu einem Entgelt lieferte, das unter dem Teilwert der Anlagen liegt.
c) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheide bestehen aber auch deshalb, weil die vom FA vorgenommene Gewinnkorrektur möglicherweise nicht dem § 1 Abs. 1 AStG entspricht. § 1 Abs. 1 AStG gebietet es, die Bedingungen zu ermitteln, die voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder ähnlichen Verhältnissen im Rahmen ihrer Geschäftsbeziehungen vereinbart hätten. Die Geschäftsbeziehung zwischen der AG & Co. KG und der CH-AG erschöpft sich jedoch in dem Subunternehmerverhältnis. Sie darf nicht mit den Großaufträgen gleichgestellt werden, die die CH-AG aus arabischen Staaten erhalten hat. Es ist deshalb fraglich, ob das FA den geschätzten Gewinn der CH-AG aus den Großaufträgen nach den Grundsätzen der "Profit-Split-Methode" auf die AG & Co. KG und die CH-AG aufteilen durfte. Dem § 1 Abs. 1 AStG entspricht es, den Fremdpreis zu ermitteln, den ein fremder und in Deutschland ansässiger Subunternehmer von einem schweizerischen Geschäftspartner für die von der AG & Co. KG erbrachten Leistungen gefordert hätte. Dieser Fremdpreis richtet sich nach den zwischen Deutschland und der Schweiz geltenden Marktverhältnissen. Er muß nicht mit dem übereinstimmen, den arabische Auftraggeber zu zahlen bereit waren. Zu berücksichtigen sind insoweit die jeweils anderen Märkte (z.B. der Markt Deutschland/Schweiz einerseits und der arabische Markt andererseits). Zweifelhaft ist ebenso, ob der Gewinn aus den Großaufträgen ausschließlich der AG & Co. KG zugerechnet werden darf. Immerhin war die CH-AG der Auftragnehmer. Ihr gebührt schon deshalb ein angemessener Anteil am Gewinn.
6. Die Vorentscheidung entspricht nicht diesen Rechtsgrundsätzen. Sie kann deshalb keinen Bestand haben. Die Sache ist jedoch nicht entscheidungsreif. Es ist zu ermitteln, welche Gewinnkorrekturen beim Ansatz einer Leistungs- bzw. Sachentnahme zweifelsfrei vorzunehmen sind. Eine Aussetzung der Vollziehung kommt nur für die Besteuerungsgrundlagen in Betracht, die auf der Anwendung nur des § 1 Abs. 1 AStG beruhen. Es ist ferner zu prüfen, ob dem Aussetzungsbegehren bezogen auf die Gewinnfeststellungsbescheide 1983 und 1984 nicht prozessuale Hindernisse entgegenstehen. Schließlich muß festgestellt werden, welcher Aussetzungsbedarf bei den Gewinnfeststellungsbescheiden 1985 und 1986 besteht. Die Feststellungen nachzuholen, ist die Aufgabe des FG. Zu diesem Zweck war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache war an das FG zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 66985 |
BFH/NV 1998, 901 |
BFH/NV 1998, 901-903 (Leitsatz und Gründe) |
BStBl II 1998, 321 |
BFHE 185, 24 |
BFHE 1998, 24 |
BB 1998, 630 |
DB 1998, 1384 |
DB 1998, 169 |
DStRE 1998, 280 |
DStRE 1998, 280-283 (Leitsatz und Gründe) |
HFR 1998, 375 |
StE 1998, 169 |