Leitsatz (amtlich)
Bei einer von Angehörigen eines freien Berufs zur gemeinsamen Berufsausübung gebildeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts gehörten -- auch vor Inkrafttreten des § 18 Abs. 5 EStG -- Grundstücke oder Grundstücksanteile, die im Eigentum eines Gesellschafters standen und an die Gesellschaft zur betrieblichen Nutzung vermietet waren, zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen dieses Gesellschafters.
Normenkette
EStG 1971 § 4 Abs. 1 S. 1, § 15 Nr. 2; EStG 1980 § 18 Abs. 5
Verfahrensgang
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte zu 1. (Kläger) übte bis zum 31. Dezember 1969 seinen Beruf als beratender Ingenieur in einem ihm allein gehörenden Ingenieurbüro aus. Mit Wirkung ab 1. Januar 1970 errichtete er mit fünf Diplomingenieuren eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit der Bezeichnung "lngenieurbüro X, Gemeinschaft beratender Ingenieure", die Klägerin und Revisionsbeklagte zu 2. (Gesellschaft). Der Kläger wurde zum alleinigen Geschäftsführer und Vertreter der Gesellschaft berufen und war am Gewinn und Verlust anfangs zu 6/11, später, nach Aufnahme eines weiteren Gesellschafters, zu 7/13 beteiligt.
Als Einzelunternehmer hatte der Kläger den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt. In der Bilanzsumme zum 31. Dezember 1969 war ein im Dezember 1969 fertiggestelltes Bürogebäude in A mit fortgeführten Anschaffungskosten von 607 908 DM enthalten. Während die in das Unternehmen eintretenden Mitgesellschafter Geldeinlagen zu leisten hatten, verpflichtete sich der Kläger, seinen Beitrag durch Einbringung seines Ingenieurbüros mit Aktiven und Passiven zum 31. Dezember 1969, "wie es sich aus der Steuerbilanz ergibt", zu leisten. In die Eröffnungsbilanz der Gesellschaft zum 1. Januar 1970 wurden alle Bilanzansätze aus der Bilanz des Einzelunternehmens zum 31. Dezember 1969 übernommen, nicht jedoch der Posten für das Bürogebäude. Dieses Gebäude hatten der Kläger und seine Ehefrau im Jahre 1969 auf einem ihnen zum Bruchteil von je 1/2 gehörenden Grundstück errichtet. An die Gesellschaft wurde es nicht übereignet, sondern vermietet.
Die Gesellschaft behandelte die Mietzinszahlungen als Aufwand. In ihrer Einkommensteuererklärung für 1970 gaben der Kläger und seine Ehefrau die Einkünfte aus der Vermietung des Grundstücks als "Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben" -- neben dem sich aus der einheitlichen Gewinnfeststellung ergebenden Anteil am Gewinn der Gesellschaft -- bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit an. In der Einkommensteuererklärung für 1971 erfaßten sie die Mieteinnahmen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Der Mietvertrag mit der Gesellschaft endete am 30. Juni 1972, nachdem die Gesellschaft in anderweit angemietete Büroräume umgezogen war.
Bei einer im Jahre 1973 u. a. für die Gewinnfeststellungen der Gesellschaft 1970 und 1971 durchgeführten Betriebsprüfung ging der Prüfer davon aus, daß bei der Gründung der Gesellschaft der auf die Ehefrau entfallende Miteigentumsanteil am Grundstück zu Recht nicht in die Eröffnungsbilanz der Gesellschaft aufgenommen worden sei, weil die Ehefrau nicht Mitunternehmerin gewesen ist. Dagegen habe der Miteigentumsanteil des Klägers bei Gründung der Gesellschaft nicht ebenfalls in das Privatvermögen überführt werden dürfen. Vielmehr sei er für die Dauer der Vermietung des Gebäudes an die Gesellschaft als notwendiges Betriebsvermögen anzusehen und in -- bis dahin noch nicht vorliegenden -- Sonderbilanzen darzustellen. Entsprechende Sonderbilanzen fügte der Prüfer seinem Bericht bei. Er vertrat überdies die Auffassung, daß nach Beendigung des Mietverhältnisses mit der Gesellschaft der Grundstücksanteil unter Auflösung der stillen Reserven in das Privatvermögen überführt werden könne. Gegen diese in dem Betriebsprüfungsbericht zum Ausdruck gekommene Auffassung erhob der Kläger keine Einwendungen. In seiner Einkommensteuererklärung für 1972 nahm er den Standpunkt ein, daß das Grundstück in A infolge der Beendigung des Mietvertrages mit der Gesellschaft zum 30. Juni 1972 aus dem Betriebsvermögen entnommen sei; er berechnete einen Entnahmegewinn und erfaßte ihn -- neben dem Anteil an dem gesondert festzustellenden Gewinn der Gesellschaft -- als Einkünfte aus selbständiger Arbeit.
Auch der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) nahm bei der Gewinnfeststellung 1972 den Standpunkt ein, daß der Grundstücksanteil des Klägers bei Beendigung des Mietvertrags mit der Gesellschaft in das Privatvermögen des Klägers überführt worden sei. Im Anschluß an eine weitere Betriebsprüfung berechnete er den Entnahmegewinn auf 134 494 DM, änderte die zunächst vorläufig durchgeführte Gewinnfeststellung 1972 und erklärte sie nach § 225 der Reichsabgabenordnung (AO) für endgültig. Im Einspruchsverfahren zog der Kläger nicht in Zweifel, daß er den ihm gehörenden Grundstücksanteil im Zuge der Beendigung des Mietverhältnisses mit der Gesellschaft zum 30. Juni 1972 aus seinem Sonderbetriebsvermögen in das Privatvermögen überführt habe. Er machte jedoch geltend, daß bei diesem Vorgang kein Entnahmegewinn entstanden sei, weil der Teilwert des Grundstücksanteils den Buchwert nicht überschritten habe. Das FA setzte in der Einspruchsentscheidung den Entnahmegewinn um 4 000 DM herab und wies den Einspruch im übrigen zurück.
Mit der Klage brachten der Kläger und die Gesellschaft vor: Es sei nicht gerechtfertigt, den Grundstücksanteil des Klägers als Sonderbetriebsvermögen anzusehen. Denn der Kläger und seine Ehefrau hätten das Grundstück nicht bebaut, um das Ingenieurbüro in dem Gebäude auf Dauer unterzubringen, sondern um sich eine Kapitalanlage zu schaffen. Die Vermietung des Bürogebäudes an die Gesellschaft habe nur einem von vornherein vorübergehenden Zweck gedient und insgesamt auch nur zwei Jahre und sechs Monate gewährt. Für das aufstrebende Ingenieurbüro hätten die Büroräume in A nicht ausgereicht. Schon Mitte 1972 habe die Gesellschaft ihren Sitz nach B verlegt; dort sei dem Kläger, seiner Ehefrau und seinen Kindern bereits Anfang 1971 ein Grundstück zur Verfügung gestellt worden, das alsbald in das alleinige Eigentum der Ehefrau übergegangen sei und auf dem unverzüglich mit dem Bau eines großzügigen, auf Dauer für die Gesellschaft geeigneten Bürogebäudes begonnen worden sei. Das Bürogrundstück in A müsse bei zutreffender steuerrechtlicher Beurteilung als Privatvermögen der Eheleute angesehen werden. Hilfsweise machten der Kläger und die Gesellschaft geltend, daß das FA einen zu hohen Entnahmegewinn angesetzt habe; der anteilige Boden- und Gebäudeteilwert zum 30. Juni 1972 sei auf erheblich niedrigere Beträge zu schätzen.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es sah den Grundstücksanteil des Klägers nicht als Sonderbetriebsvermögen an und führte zur Begründung aus: Zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau einerseits und der Gesellschaft andererseits sei ein steuerrechtlich beachtlicher Mietvertrag über die Büroräume abgeschlossen worden. Austauschverträge zwischen Mitunternehmern und Mitunternehmerschaften würden nach Aufgabe der sog. Bilanzbündeltheorie durch den Bundesfinanzhof (BFH) in weiterem Umfang als früher der Besteuerung zugrunde gelegt. Dies gelte zwar nach § 15 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes 1971 (EStG) nicht für die entgeltliche Überlassung von Wirtschaftsgütern durch Mitunternehmer zur Nutzung an eine gewerblich tätige Mitunternehmerschaft. Diese Bestimmung aber könne auf freiberuflich tätige Mitunternehmerschaften -- vor Einführung des § 18 Abs. 5 EStG durch das Änderungsgesetz vom 20. August 1980 (BGBl I, 1545, BStBl I, 589) -- nicht entsprechend angewendet werden. Wirtschaftsgüter hätten betrieblichen Charakter, wenn sie innerhalb eines Unternehmens zum Gegenstand des Wagens und Gewinnens gemacht würden. Voraussetzung hierfür sei grundsätzlich, daß sie wirtschaftlich in die Rechtszuständigkeit des Betriebsinhabers, das heiße, bei einer Personengesellschaft in die Rechtszuständigkeit der Gesellschaft fielen und zum Gesamthandsvermögen gehörten. Wirtschaftsgüter im alleinigen Eigentum eines Mitunternehmers seien auch dann nicht Betriebsvermögen einer freiberuflich tätigen Mitunternehmerschaft, wenn sie an die Mitunternehmerschaft vermietet seien.
Hiergegen richtet sich die Revision des FA. Es macht geltend, daß § 15 Nr. 2 EStG einen allgemein für Personengesellschaften (Mitunternehmerschaften) gültigen Rechtsgedanken enthalte und in seiner Anwendung nicht auf gewerblich tätige Gesellschaften beschränkt sei.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen. Der Kläger und die Gesellschaft beantragen, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, den Rechtsstreit an das FG zurückzuverweisen.
Der Bundesminister der Finanzen (BMF) ist dem Revisionsverfahren beigetreten; er hat sich in seiner Stellungnahme auf die Frage beschränkt -- und diese bejaht --, ob Wirtschaftsgüter, die der Gesellschafter (Mitunternehmer) einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zur Nutzung im Rahmen der Erzielung von Einkünften aus selbständiger Arbeit überläßt, notwendiges Sonderbetriebsvermögen des überlassenden Gesellschafters sind. Als Rechtsgrundlage für die Entscheidung, welche Wirtschaftsgüter als Sonderbetriebsvermögen in den für alle Gewinneinkünfte letztlich vorgeschriebenen Betriebsvermögensvergleich einzubeziehen seien, komme nicht § 15 (Abs. 1) Nr. 2 EStG, sondern § 4 Abs. 1 EStG in Betracht. Allerdings sei davon auszugehen, daß eine Einkunftsquelle und die aus ihr fließenden Erträge steuerrechtlich zusammengehörten. In diesem Sinne sei es geboten, aus § 15 Nr. 2 EStG Rückschlüsse zu ziehen und zu folgern, daß die Wirtschaftsgüter, deren Erträge zu gewerblichen Einkünften führten, selbst dem gewerblichen Betriebsvermögen im Sinne des § 4 Abs. 1 EStG zuzuordnen seien. Dieser Gesichtspunkt gelte auch für Einkünfte aus selbständiger Arbeit und aus Land- und Forstwirtschaft. Eine andere Betrachtung würde im freiberuflichen und land- und forstwirtschaftlichen Bereich zu der unvertretbaren Konsequenz führen, daß bei Aufnahme eines Mitunternehmers in ein freiberufliches oder land- und forstwirtschaftliches Einzelunternehmen die in die Gesellschaft nicht eingebrachten, ihr aber zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter als mit dem Teilwert entnommen anzusehen wären.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Der Senat kann dem FG nicht darin beipflichten, daß der Kläger keinen Entnahmegewinn erzielt hat, der bei der einheitlichen Gewinnfeststellung für die Gesellschaft zu erfassen ist.
1. Bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit ist Gewinn der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluß des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG). Ein Wirtschaftsgut wird entnommen, wenn es aus dem betrieblichen Bereich in den privaten Bereich übergeht oder überführt wird. Die entnommenen Wirtschaftsgüter sind mit dem Teilwert anzusetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG).
Im Streitfall gehörte der Grundstücksanteil des Klägers zu Beginn des Streitjahres zum Sonderbetriebsvermögen und hat diese Eigenschaft durch einen Entnahmevorgang während des Streitjahres verloren.
Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens (§ 4 Abs. 1 EStG) können solche des notwendigen oder des gewillkürten Betriebsvermögens sein. Das Betriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft umfaßt sowohl Vermögensgegenstände des Gesellschaftsvermögens (Gesamthandsvermögen) als auch Vermögensgegenstände, die im Eigentum eines Gesellschafters (Mitunternehmers) stehen (Sonderbetriebsvermögen). Vermögensgegenstände (Wirtschaftsgüter), die dem Mitunternehmer einer Personengesellschaft gehören, sind notwendiges Betriebsvermögen, wenn sie entweder unmittelbar dem Betrieb der Personengesellschaft dienen oder unmittelbar zur Begründung oder Stärkung der Beteiligung des Mitunternehmers an der Personengesellschaft eingesetzt werden sollen (BFH-Urteile vom 23. Juli 1975 I R 210/73, BFHE 117, 144, BStBl II 1976, 180; vom 15. Oktober 1975 I R 16/73, BFHE 117, 164, BStBl II 1976, 188; vom 11. Oktober 1979 IV R 125/76, BFHE 129, 40, BStBl II 1980, 40). Grundstücke oder Grundstücksanteile, die dem Mitunternehmer einer Personengesellschaft gehören, sind gewillkürtes Sonderbetriebsvermögen, wenn sie objektiv geeignet sind, dem Betrieb der Personengesellschaft zu dienen, und wenn sie der Mitunternehmer subjektiv dazu bestimmt, dem Betrieb der Personengesellschaft z. B. als Vorratsgelände zu dienen (BFH-Urteile vom 3. Dezember 1964 IV 419/62 U, BFHE 81, 254, BStBl III 1965, 92; vom 21. Oktober 1976 IV R 71/73, BFHE 120, 374, BStBl II 1977, 150; vom 19. März 1981 IV R 39/78, BFHE 133, 513, BStBl II 1981, 731).
2. Sonderbetriebsvermögen, und zwar notwendiges oder gewillkürtes Sonderbetriebsvermögen, kann es auch bei Mitunternehmern geben, die sich zur gemeinsamen Ausübung eines freien Berufs zusammengeschlossen haben.
Wenn § 15 Nr. 2 EStG im Streitjahr noch nicht ausdrücklich auf freiberuflich tätige Sozietäten für entsprechend anwendbar erklärt worden ist, läßt sich daraus nicht der Umkehrschluß ziehen, daß es bei Sozietäten von Freiberuflern kein notwendiges oder gewillkürtes Sonderbetriebsvermögen geben könne oder nur dann gebe, wenn der Mitunternehmer das Wirtschaftsgut der Gesellschaft nicht auf mietvertraglicher, sondern auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage zum Gebrauch und zur Nutzung überläßt.
Rechtsgrundlage für die Einbeziehung des Sonderbetriebsvermögens in den Betriebsvermögensvergleich ist nicht § 15 Nr. 2 EStG, sondern § 4 Abs. 1 EStG (Bordewin bei Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, §§ 4, 5 Rdnr. 104b; derselbe in Betriebsberater -- BB -- 1976, 967, 970; derselbe in Deutsche Steuer-Zeitung -- DStZ -- 1980, 459, 461; Uelner in Steuerkongreßreport 1973, 119; Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 13. Auf., §§ 4, 5 Rz. 305; Lademann/Söffing/Brockhoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 18 Anm. 19 Abschn. 4; Bülow, BB 1979, 622; Schmidt, Einkommensteuergesetz, § 15 Anm. 78; anderer Ansicht Kruse, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht 1979/80, 242, 245). Die sich aus § 4 Abs. 1 EStG ergebende und durch Auslegung zu ermittelnde Umschreibung des Betriebsvermögens, die bei Mitunternehmer schaften auch das Sonderbetriebsvermögen einzelner Mitunternehmer umfaßt, erfährt allerdings durch § 15 Nr. 2 EStG eine Bestätigung und Klarstellung. Wo das EStG bestimmte Einkünfte als betriebliche Einkünfte erfaßt, geht es -- abgesehen von den Fällen des § 17 EStG -- davon aus, daß das den Einkünften zugrunde liegende Vermögen Betriebsvermögen darstellt (BFH-Urteil vom 4. April 1968 IV 210/61, BFHE 92, 15, BStBl II 1968, 411). Auch aus § 15 Nr. 2 EStG ist demnach die Schlußfolgerung zu ziehen, daß Wirtschaftsgüter, die ein Mitunternehmer einer gewerblich tätigen Gesellschaft, an der er beteiligt ist, gegen Entgelt zur Nutzung überläßt, zum Betriebsvermögen, d. h. zum Sonderbetriebsvermögen des Mitunternehmers gehört. Doch ist diese dem § 15 Nr. 2 EStG zugrunde liegende Vorstellung nicht auf gewerblich tätige Mitunternehmerschaften beschränkt. Sie gilt auch bei land- und forstwirtschaftlichen und freiberuflichen Mitunternehmerschaften. Bei Mitunternehmern, die einer gewerblichen, land- und forstwirtschaftlichen oder freiberuflichen Gesellschaft, an der sie beteiligt sind, auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage Wirtschaftsgüter zur Nutzung überlassen, gehört der Anteil am Gewinn, auch soweit er auf die Nutzungsüberlassung entfällt, zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, aus Land- und Forstwirtschaft oder aus selbständiger Arbeit. Es kann nicht zweifelhaft sein, daß demzufolge auch die auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter als Sonderbetriebsvermögen der überlassenen Mitunternehmer anzusehen sind. So ließ der erkennende Senat im Urteil vom 3. August 1973 IV R 21/72 (BFHE 110, 132, BStBl II 1973, 844) keinen Zweifel daran, daß bei einer zwischen Vater und Sohn zum Betriebe einer Landwirtschaft gegründeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts das dem Vater allein gehörende Betriebsvermögen auch dann Betriebsvermögen bleibt, wenn es der Vater nicht als gesamthänderisches Gesellschaftsvermögen, sondern nur zur Nutzung in die Gesellschaft eingebracht hat.
Es kann aber in der Sache keinen wesentlichen Unterschied begründen, ob die Nutzungsüberlassung auf gesellschaftsrechtlicher oder mietvertraglicher Grundlage durchgeführt wird. Dies ist in der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH) bereits vor Inkrafttreten des § 15 Nr. 2 EStG 1934 zutreffend erkannt worden. Der RFH hat ausgesprochen, daß die im Eigentum eines Gesellschafters stehenden und der Gesellschaft mietweise überlassenen Wirtschaftsgüter als dem Betrieb dienliche Wirtschaftsgüter zum Betriebsvermögen gehörten (Urteile vom 22. Oktober 1931 VI A 1949/29, RStBl 1932, 388; vom 22. Oktober 1931 VI A 1853/31, Mrozek-Kartei, Einkommensteuergesetz 1925, § 29 Nr. 3, Rechtsspruch 34; vom 23. November 1932 VI A 782/31, RStBl 1933, 222; vom 19. Mai 1932 VI A 1423/31, Mrozek-Kartei, Einkommensteuergesetz 1925, § 29 Nr. 3, Rechtsspruch 40; vom 23. März 1933 VI A 183/33, RStBl 1933, 636). Diese Ansicht war nicht auf gewerblich tätige Gesellschaften beschränkt, auch wenn sie anläßlich der Beurteilung der Verhältnisse bei gewerblich tätigen Gesellschaften zum Ausdruck gebracht worden ist. § 15 Nr. 2 EStG 1934 kam insoweit nur klarstellende und bestätigende Bedeutung zu. Auch der erkennende Senat hat bei einer aus freiberuflich Tätigen bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts das einem Gesellschafter gehörende Grundstück, soweit es aufgrund eines Mitvertrags von der Gesellschaft betrieblich genutzt wurde, zum notwendigen Betriebsvermögen gerechnet (Urteil vom 20. März 1969 IV R 43/67, BFHE 95, 436, BStBl II 1969, 463).
Es trifft allerdings zu, daß § 15 Nr. 2 EStG 1934 im Hinblick auf das damals ausstehende, 1936 zustande gekommene reichseinheitliche Gewerbesteuergesetz formuliert worden ist (Begründung zum EStG vom 16. Oktober 1934, RStBl 1935, 33, 42). Der Gesetzgeber wollte vermeiden, daß der Gewerbeertrag durch Vergütungen an Gesellschafter einer OHG oder KG für die Hingabe von Darlehen und für die Überlassung von Wirtschaftsgütern geschmälert würde. Daraus läßt sich indessen nicht der Schluß ziehen, daß der Gesetzeszweck eine Anwendung des in § 15 Nr. 2 EStG ausdrücklich angeordneten Abzugsverbots auf freiberufliche Mitunternehmerschaften nicht rechtfertigen könnte, weil diese ohnehin keine Gewerbesteuer zu zahlen hätten. Bei der Auslegung eines Gesetzes ist auf die Erforschung des im Gesetz zum Ausdruck kommenden objektivierten Willens des Gesetzgebers abzustellen, wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt (Urteil des Bundesverfassungsgerichts -- BVerfG -- vom 21. Mai 1952 2 BvH 2/52, BVerfGE 1, 299, 312). Die Behandlung von Wirtschaftsgütern eines Gesellschafters, die der Gesellschaft zur Nutzung überlassen sind, als Sonderbetriebsvermögen und ihre Einbeziehung in die Gewinnermittlung (§ 4 Abs. 1 und Abs. 3 EStG) bezweckt objektiv nicht nur -- bei gewerblich tätigen Mitunternehmerschaften -- die Sicherung des Aufkommens aus der Gewerbeertragsteuer, sondern einkommensteuerrechtlich vor allem die Erfassung der in den Wirtschaftsgütern enthaltenen stillen Reserven bei der Realisierung durch Veräußerung oder Entnahme der Wirtschaftsgüter. Dieser Zweck trifft nicht nur auf gewerblich tätige, sondern auch auf freiberufliche und land- und forstwirtschaftliche Mitunternehmerschaften zu.
Die Einbeziehung von Sonderbetriebsvermögen in den Betriebsvermögensvergleich ist bei freiberuflichen und land- und forstwirtschaftlichen Mitunternehmerschaften ein Gebot der verfassungskonformen Auslegung des § 4 Abs. 1 EStG. Der Steuergesetzgeber hat sich dafür entschieden, bei gewerblich tätigen Mitunternehmerschaften auch Gewinne aus der Veräußerung oder Entnahme von Sonderbetriebsvermögen zu erfassen (§ 15 Nr. 2 EStG). Es gibt keine sachlichen Gesichtspunkte, bei freiberuflichen oder land- und forstwirtschaftlichen Mitunternehmerschaften einen wesentlich engeren Gewinnbegriff zu verwenden und das Betriebsvermögen -- unter Vernachlässigung des Sonderbetriebsvermögens -- auf das Gesamthandsvermögen der Mitunternehmerschaft zu beschränken. Der Wortlaut des § 4 Abs. 1 EStG gibt für diese Ansicht nichts her. Er Verwendet den Begriff des Betriebsvermögens für die drei Gewinneinkunftsarten ersichtlich gleich. Wenn das FG demgegenüber ausführt, die von einem Mitunternehmer an die Gesellschaft zur Nutzung im Rahmen eines freiberuflichen Unternehmens überlassenen Wirtschaftsgüter würden dadurch nicht "zum Gegenstand des Wagens und Gewinnens gemacht" und bildeten demzufolge kein Sonderbetriebsvermögen, lehnt es sich an Ausführungen von Enno Becker (Grundlagen der Einkommensteuer, 1940, 447) an, die -- neben anderen Erwägungen -- die Rechtfertigung der Freistellung der Gewinne aus der Veräußerung oder Entnahme von Grund und Boden bei landwirtschaftlichen Betrieben von der Einkommensteuer (§ 4 Abs. 1 Satz 5 EStG a. F.) dienen sollten. Diese Gründe aber hat das BVerfG -- auf einen Aussetzungs- und Vorlagebeschluß des erkennenden Senats vom 3. August 1967 IV 47/65, BFHE 89, 264, BStBl III 1967, 601 -- nicht als ausreichend für eine Privilegierung der Land- und Forstwirtschaft anerkannt (Beschluß vom 11. Mai 1970 1 BvL 17/67, BVerfGE 28, 227, 239; vgl. auch BFHE 89, 264, 274, BStBl III 1967, 601, 605 Abschn. VI 1). Es fehlt in gleicher Weise an rechtfertigenden Gesichtspunkten, wollte man bei freiberuflichen Mitunternehmerschaften anders als bei gewerblich tätigen Mitunternehmerschaften von der Besteuerung der Gewinne aus der Veräußerung oder Entnahme von Gegenständen des Sonderbetriebsvermögens absehen.
Wenn daher § 15 (Abs. 1) Nr. 2 EStG inzwischen durch § 18 Abs. 5 EStG (aufgrund Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes, des Körperschaftsteuergesetzes und anderer Gesetze vom 20. August 1980, BGBl I, 1545, BStBl I, 589) für entsprechend anwendbar erklärt worden ist, kommt dieser Gesetzesänderung nur klarstellende Bedeutung zu (vgl. den Bericht des Finanzausschusses des Bundestages, BT-Drucks. 8/4157, 4). Entgegen den Ausführungen des Prozeßbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung kommt das -- wenn auch in vereinfachter Form -- in § 52 Abs. 19a EStG zum Ausdruck; diese Vorschrift enthält hinsichtlich des neuen § 18 Abs. 5 EStG nur eine Regelung für die erstmalige Anwendung des in ihm für entsprechend anwendbar erklärten § 15a EStG, nicht hingegen für die erstmalige Anwendung des in ihm ebenfalls für entsprechend anwendbar erklärten § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Hiervon ist auch der VIII. Senat des BFH, wenn auch beiläufig, in einem Urteil (vom 18. November 1980 VIII R 194/78, BFHE 132, 522, 525, BStBl II 1981, 510) ausgegangen.
3. Ist somit im Streitfall der Anteil des Klägers an dem Grundstück grundsätzlich seinem notwendigen Sonderbetriebsvermögen zuzurechnen, so entfällt die Zurechnung nicht dadurch, daß das Bürogebäude an die Gesellschaft insgesamt nur für zwei Jahre und sechs Monate vermietet war und die anfängliche Absicht bestand, für die Gesellschaft neue Büroräume zu erstellen und ihr zur Nutzung zu überlassen.
In seinem Urteil vom 5. April 1979 IV R 48/77 (BFHE 128, 49, BStBl II 1979, 554) konnte der Senat offenlassen, ob ein Grundstück, das ein Mitunternehmer einer Personengesellschaft dieser von vornherein nur vorübergehend und für kurze Zeit zur unmittelbaren betrieblichen Nutzung überläßt, stets und ausnahmslos notwendiges Betriebsvermögen ist. Dabei wertete der Senat u. a. eine von vornherein auf ein Jahr und neun Monate befristete Nutzungsüberlassung als -- für sich betrachtet -- nicht nur von kurzer Dauer. Im vorliegenden Fall währte die Nutzungsüberlassung zwei Jahre und sechs Monate. Bei dieser nicht kurzfristigen Nutzungsüberlassung kann auf die Erfassung des dem Kläger gehörenden Grundstücksanteils als notwendiges Betriebsvermögen nicht verzichtet werden. Daß der Kläger das Grundstück als Kapitalanlage angesehen hat, ist unerheblich.
4. Vom Zeitpunkt der Nutzungsänderung an war der dem Kläger gehörende Grundstücksanteil nicht mehr notwendiges Sonderbetriebsvermögen des Klägers, weil er nicht mehr unmittelbar für betriebliche Zwecke der Personengesellschaft eingesetzt, sondern zu gewerblichen Zwecken fremdvermietet war. Der Grundstücksanteil hätte über diesen Zeitpunkt hinaus als gewillkürtes Sonderbetriebsvermögen ohne Entnahme weitergeführt werden können, wenn er auch nach der Nutzungsänderung objektiv geeignet war, dem Betrieb der Gesellschaft (oder der Beteiligung des Klägers an der Gesellschaft) zu dienen, und subjektiv dazu bestimrnt worden wäre, dem Betrieb der Gesellschaft (oder der Beteiligung des Klägers an der Gesellschaft) zu dienen. Die subjektive Bestimmung setzt einen buchmäßig darzustellenden und in den Gesellschaftsbilanzen oder in Sonderbilanzen des Mitunternehmers zu verlautbarenden Widmungsakt voraus, der deutlich werden läßt, daß der Grundstücks- und Gebäudeanteil nach der Nutzungsänderung als gewillkürtes Sonderbetriebsvermögen weitergeführt werde. Daran fehlt es hier. Der Kläger hat im Gegenteil bei Abgabe seiner Steuererklärung für das Streitjahr 1972 auf den Zeitpunkt der Nutzungsänderung einen Entnahmegewinn errechnet und gegenüber dem FA als Teil seiner Einkünfte aus selbständiger Arbeit erklärt. Dabei hat er zum Ausdruck gebracht, daß er subjektiv den Grundstücks- und Gebäudeanteil vom Zeitpunkt der Nutzungsänderung an nicht mehr als der Gesellschaft (oder seiner Beteiligung an der Gesellschaft) dienlich angesehen hat. Infolgedessen ist der Anteil im Zuge der Nutzungsänderung als entnommen zu beurteilen.
5. Da das Urteil des FG auf anderen Rechtsanschauungen beruht, ist es aufzuheben. Die Sache ist nicht entscheidungsreif, weil das FG zur Höhe des Entnahmegewinns noch keine Feststellungen getroffen hat. Die Sache ist deshalb an das FG zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 74542 |
BStBl II 1983, 215 |
BFHE 1982, 323 |