Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteueraufteilung nach § 15 Abs.4 UStG 1993 bei Erwerb eines Gebäudes mit steuerpflichtig und steuerfrei vermieteten Flächen - Wahl der Schätzungsmethode nach § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG durch den Unternehmer - Berücksichtigung von Bewirtschaftungskosten
Leitsatz (amtlich)
1. Die Vorsteueraufteilungsvorschrift des § 15 Abs.4 UStG 1993 ist nicht nur anwendbar, wenn ein gelieferter Gegenstand --z.B. ein bebautes Grundstück-- in wechselnder Folge für sog. Abzugsumsätze bzw. Ausschlußumsätze verwendet wird, sondern auch bei unterschiedlicher Verwendung einzelner Gebäudeteile zu solchen Umsätzen.
2. Die Ermittlung des Teils der nicht abziehbaren Vorsteuerbeträge eines solchen gemischt verwendeten Gegenstands nach "wirtschaftlicher Zurechnung" zu den Ausschlußumsätzen läßt dem Unternehmer einen gewissen Spielraum. Er kann bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge auf die Wertermittlung für die unterschiedlich verwendeten Gebäudeteile bei der Kaufpreisbildung zurückgreifen.
3. Die Ermittlung der nicht abziehbaren Vorsteuer-Teilbeträge durch den Unternehmer ist jedenfalls dann als sachgerechte Schätzung anzuerkennen, wenn sie auf einer identischen Wertfindungsmethode für beide unterschiedlich verwendeten Gebäudeteile beruht und wenn nachgewiesen wird, daß der Gesamtkaufpreis für das bebaute Grundstück entsprechend gebildet wurde.
Orientierungssatz
1. Soweit der Kaufpreis für das Gebäude aus Ertragswerten für seine unterschiedlich genutzten Teile zusammengesetzt wurde, kann der Unternehmer darauf auch zur Aufteilung der Vorsteuerbeträge zurückgreifen.
2. Der Senat brauchte nicht weiter darauf einzugehen, ob die hier wiedergegebenen Grundsätze auch für die Vorsteueraufteilung bei Herstellung eines solchen Gebäudes gelten.
3. Aus § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG 1993 folgt, daß der Unternehmer eine sachgerechte Schätzung der nicht abziehbaren Vorsteuer-Teilbeträge vorzunehmen hat. Es ist also Sache des Unternehmers, welche Schätzungsmethode er wählt. Das FA kann nachprüfen, ob die Schätzung sachgerecht ist. Kriterien für eine "sachgerechte Schätzung" im Sinne der Vorschrift umschreibt das UStG nicht ausdrücklich. § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG 1993 stellt lediglich das Erfordernis einer "wirtschaftlichen Zurechnung" von Vorsteuerbeträgen zu den mit der bezogenen Leistung ausgeführten Umsätzen auf.
4. Zur Frage der Berücksichtigung von Bewirtschaftungskosten bei der Kaufpreisermittlung für ein bebautes Grundstück als Grundlage einer sachgerechten Schätzung zur Ermittlung der nicht abziehbaren Vorsteuer-Teilbeträge.
Normenkette
EWGRL 388/77 Art. 17 Abs. 5UAbs. 3 Buchst. c; UStG 1993 § 15 Abs. 4 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) erwarb 1991 als Gemeinschaft ein Grundstück mit der Verpflichtung des Verkäufers, auf dem Grundstück ein Gebäude mit Gewerberäumen für einen Einzelhandelsmarkt im Erdgeschoß (nebst Parkplätzen) und Büroräumen im Obergeschoß zu errichten. Ferner übertrug der Verkäufer der Klägerin die Rechte und Pflichten aus dem über die Gewerbeflächen bereits vorhandenen Mietvertrag. Der Kaufpreis für das bebaute Grundstück war als Festpreis in Höhe von 4 957 000 DM zuzüglich Umsatzsteuer (insgesamt 5 650 980 DM) vereinbart. Mit Änderungsverträgen (zuletzt vom 10. November 1994) wurde --wegen Vergrößerung der Gewerbefläche und wegen Errichtung von Wohnungen statt Büroräumen im Obergeschoß-- der Gesamtkaufpreis neu auf 8 143 408 DM festgelegt. Er setzte sich wie folgt zusammen: Für die Gewerbefläche war ein Preis in Höhe des 12-fachen Jahresmietwerts (anhand der ursprünglichen Kalkulationsgrundlage mit einer Monatsmiete von 17,50 DM netto pro Quadratmeter) vereinbart. Das ergab bei einer vermieteten Fläche von 2 420 qm einen Verkaufspreis von 6 100 000 DM zuzüglich Umsatzsteuer (15 v.H.) von 915 000 DM. Für die Wohnungen wurde ein Preis von 1 800 DM pro Quadratmeter angesetzt. Das ergab bei 540 qm 972 000 DM zuzüglich Umsatzsteuer (15 v.H.) von 145 800 DM. Hinzu kam Umsatzsteuer auf die Hälfte der Grunderwerbsteuer in Höhe von 10 608 DM. Entsprechend wurde die Schlußrechnung vom 10. November 1994 erteilt.
Die Gewerbeflächen wurden vom November bzw. Dezember 1994 an steuerpflichtig vermietet. Zusätzlich vermietete die Klägerin (ebenfalls steuerpflichtig) eine der Wohnungen im Obergeschoß als Büroräume. In der Umsatzsteuervoranmeldung für das IV. Quartal 1994 machte sie Vorsteuerbeträge in Höhe von 925 608 DM geltend (915 000 DM für den das Erdgeschoß betreffenden Kaufpreisanteil und 10 608 DM auf übernommene Grunderwerbsteuer).
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) stimmte der Voranmeldung nicht zu. Im Vorauszahlungsbescheid --nach einer Umsatzsteuersonderprüfung-- wurden nur 848 448 DM entsprechend dem Anteil der Gewerbeflächen von 79,17 v.H. an der Gesamtnutzfläche zum Abzug zugelassen.
Nach erfolglosem Einspruch reichte die Klägerin im Klageverfahren die Jahreserklärung für 1994 ein. Darin machte sie abziehbare Vorsteuerbeträge von insgesamt 955 998,46 DM geltend (915 000 DM auf den Kaufpreisanteil für das Erdgeschoß, 27 804 DM als auf die Büroräume im Obergeschoß entfallend und 13 194,46 DM auf übernommene Grunderwerbsteuer --88,88 v.H.--). Das FA setzte im Umsatzsteuer-Jahresbescheid für 1994 anhand seiner im Vorauszahlungsbescheid verwendeten Aufteilungsmethode die abziehbaren Vorsteuerbeträge mit 888 267,86 DM fest (82,58 v.H. der nach der Anlage zur Umsatzsteuererklärung insgesamt für den Erwerb angefallenen Vorsteuerbeträge). Diesen Bescheid machte die Klägerin gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung --FGO-- zum Gegenstand des Verfahrens.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage im wesentlichen statt. Sein Urteil ist in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1997, 1269 veröffentlicht.
Das FA macht mit der Revision Verletzung von § 15 Abs. 4 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1993 und Abweichung vom Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12. März 1992 V R 70/87 (BFHE 168, 447, BStBl II 1992, 755) geltend. Nach diesem Urteil richte sich der Vorsteuerabzug bei Herstellung eines unterschiedlich verwendeten Gebäudes anhand der Regelung des § 15 Abs. 4 UStG 1980 nach dem Verhältnis der auf die Nutzflächen entfallenden Herstellungskosten. Dieser allgemeine Grundsatz gelte ebenfalls bei Erwerb eines Gebäudes. Hiervon gehe auch das FG Hamburg, Urteil vom 4. September 1996 VII 72/94 (EFG 1997, 574) aus.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Umsatzsteuer für 1994 entsprechend dem Umsatzsteuerbescheid in Höhe von ./. 879 019 DM festzusetzen.
Die Klägerin tritt der Revision entgegen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
Die Vorentscheidung verstößt gegen § 15 Abs. 4 UStG 1993. Das FG prüfte nur die Ermittlung der abziehbaren Vorsteuer-Teilbeträge durch die Klägerin. Es traf keine Feststellungen dazu, ob die nicht abziehbaren Vorsteuer-Teilbeträge für den zu Wohnzwecken vermieteten Gebäudeteil nach dem identischen Verfahren ermittelt worden sind. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden. Das FG-Urteil ist aufzuheben.
1. Da die Klägerin das erworbene Gebäude teilweise zur Ausführung steuerpflichtiger Vermietungsumsätze (Gewerbeflächen/Büro) und teilweise zur Ausführung steuerfreier Vermietungsumsätze (Wohnungen) verwendet, ist gemäß § 15 Abs. 4 UStG 1993 der Teil der Vorsteuerbeträge auf die Gebäudelieferung nicht abziehbar, der den zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug führenden Wohnungsvermietungsumsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist.
Die Vorsteueraufteilungsvorschrift des § 15 Abs. 4 UStG 1993 ist (entgegen der Auffassung des FG) nicht nur anwendbar, wenn ein gelieferter einheitlicher Gegenstand (wie hier das bebaute Grundstück) in wechselnder Folge (alternierend) für Abzugs- bzw. Ausschlußumsätze verwendet wird, sondern auch bei unterschiedlicher Verwendung einzelner Gebäudeteile. Der vom FG herangezogene § 15 Abs. 2 UStG 1993 enthält keine Regelung zur Aufteilung der Vorsteuerbeträge.
Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG 1993 ist, wenn der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten Gegenstand nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen verwendet, die den Vorsteuerabzug ausschließen, der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Nach Satz 2 der Vorschrift kann der Unternehmer die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln.
a) Aus § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG 1993 folgt somit, daß "der Unternehmer" eine sachgerechte Schätzung der nicht abziehbaren Vorsteuer-Teilbeträge vorzunehmen hat. Es ist also Sache des Unternehmers, welche Schätzungsmethode er wählt. Das FA kann nachprüfen, ob die Schätzung sachgerecht ist.
Kriterien für eine "sachgerechte Schätzung" im Sinne der Vorschrift umschreibt das Umsatzsteuergesetz nicht ausdrücklich. § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG 1993 stellt lediglich das Erfordernis einer "wirtschaftlichen Zurechnung" von Vorsteuerbeträgen zu den mit der bezogenen Leistung ausgeführten Umsätzen auf.
Diese Methode "wirtschaftlicher Zurechnung" ist seit 1990 die im Umsatzsteuergesetz allein vorgesehene Zurechnungsmethode. Aufteilungsmethoden nach einem Umsatzschlüssel (allgemeine Aufteilungsmethode nach § 15 Abs. 3 UStG 1967/1973, eingeschränkt gemäß § 15 Abs. 5 und 6 UStG 1980) wurden aufgehoben (letztere mit der Begründung, eine sachgerechte Zuordnung der --nicht schon ausschließlich zurechenbaren Umsätze-- lasse sich zutreffender und einfacher im Weg der nach Absatz 4 allgemein zugelassenen Schätzung erzielen, vgl. BTDrucks 11/2157, 191, Zu Nr. 6, § 15 UStG, sowie BFHE 168, 447, BStBl II 1992, 755). Aus der Entwicklung der Regelungen zur Vorsteueraufteilung in § 15 UStG läßt sich entnehmen, daß der Gesetzgeber die Aufteilung nach dem Umsatzschlüssel nicht allgemein als sachgerechte Methode der "wirtschaftlichen Zurechnung" ansah.
Die seit Januar 1990 (ausschließlich) geltende "wirtschaftliche Zurechnung" durch den Unternehmer i.S. des § 15 Abs. 4 UStG 1993 steht den Mitgliedstaaten gemäß Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 Buchst. c der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG offen. Nach der Richtlinienbestimmung können die Mitgliedstaaten dem Steuerpflichtigen gestatten oder ihn verpflichten, den Abzug je nach der "Zuordnung der Gesamtheit oder eines Teils der Gegenstände oder Dienstleistungen" --zu den damit ausgeführten Umsätzen-- vorzunehmen.
aa) Die gesetzlich vorgegebene Ermittlung des Teils der nicht abziehbaren Vorsteuerbeträge eines gemischt verwendeten Gegenstands nach "wirtschaftlicher Zurechnung" zu den sog. Ausschlußumsätzen läßt dem Unternehmer einen gewissen Spielraum. Lag der Kaufpreisbildung bei Erwerb des Gebäudes ein bestimmtes Wertermittlungsverfahren für die Gebäudeteile zugrunde, die unterschiedlich verwendet wurden, so kann der Unternehmer diese Erwägungen auch bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge berücksichtigen. Das gilt auch dann, wenn ggf. noch andere "sachgerechte" Ermittlungsmethoden in Betracht kommen, wie z.B. die vom FA herangezogene Aufteilung der Vorsteuerbeträge allein nach dem (aus der Gebäudenutzung folgenden) Flächenschlüssel.
bb) Soweit der Kaufpreis für das Gebäude aus Ertragswerten für seine unterschiedlich genutzten Teile zusammengesetzt wurde, kann der Unternehmer darauf auch zur Aufteilung der Vorsteuerbeträge (sachgerechte Schätzung) zurückgreifen.
Sog. Ertragswertverfahren --auf die sich die Klägerin stützt-- gehören zu den anerkannten Verfahren zur Ermittlung des Verkehrswerts solcher bebauten Grundstücke, die zur Ertragserzielung (Vermietung und Verpachtung) bestimmt sind (vgl. die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, z.B. Urteil vom 16. Juni 1977 VII ZR 2/76, Wertpapier-Mitteilungen 1977, 1055, m.N.). Sie werden für Mietwohngrundstücke, vermietete Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke, die teils zu Wohnzwecken, teils zu gewerblichen Zwecken vermietet sind, herangezogen (vgl. Simon/Kleiber, Schätzung und Ermittlung von Grundstückswerten, 7. Aufl. 1996, Rz. 1.134). Bei den letztgenannten gemischt genutzten Grundstücken kommt auch eine Aufteilung der Wertermittlung in zwei Teile in Betracht (vgl. Pohnert, Kreditwirtschaftliche Wertermittlung, 5. Aufl. 1997, S. 231 ff.). Diese Wertermittlungsverfahren, die bei Anschaffung gemischt genutzter Grundstücke/Gebäude regelmäßig zur Kaufpreisbildung herangezogen werden, entsprechen damit jedenfalls auch den Besonderheiten der Vorsteueraufteilung bei Erwerb solcher Gebäude.
Da der Streitfall nur die Vorsteueraufteilung bei Erwerb eines gemischt steuerpflichtig/steuerfrei genutzten Gebäudes betrifft, braucht der Senat nicht weiter darauf einzugehen, ob die hier wiedergegebenen Grundsätze auch für die Vorsteueraufteilung bei Herstellung eines solchen Gebäudes gelten. Im Hinblick auf die im allgemeinen unterschiedliche Bildung des Entgelts bei Erwerb und Herstellung eines Gebäudes kann dem Revisionsvorbringen des FA nicht darin gefolgt werden, daß die Grundsätze des BFH-Urteils in BFHE 168, 447, BStBl II 1992, 755 derart allgemein seien, daß sie beide Fälle erfassen müßten. Ebensowenig kann dies hier auf den Grundsatz gleichmäßiger Besteuerung gestützt werden.
cc) Entscheidend für die Anerkennung der Ermittlung der nicht abziehbaren Vorsteuer-Teilbeträge im Wege einer "sachgerechten Schätzung" ist vielmehr, daß das angewandte Ermittlungsverfahren des Unternehmers nicht zu einer willkürlichen Bestimmung insbesondere der abziehbaren Teilbeträge führt. Dies wird regelmäßig durch Anwendung der identischen Wertfindungsmethode für beide unterschiedlichen Zwecken dienende Gebäudeteile und durch entsprechende --nachvollziehbare-- Bildung des Gesamtkaufpreises gewährleistet.
b) Die vom FG herangezogenen Prüfungskriterien decken sich nicht mit den beschriebenen Voraussetzungen der "sachgerechten Schätzung" nach § 15 Abs. 4 UStG 1993.
Das FG ging zwar davon aus, daß bei Erwerb eines Gebäudes mit Gewerbe- und Wohnflächen die zwischen den Beteiligten vereinbarte --nach Ertragswertkriterien ermittelte-- Zusammensetzung des Kaufpreises auch umsatzsteuerrechtlich bei der Vorsteueraufteilung zu beachten sein kann, beschränkte seine Prüfung aber auf die Preisbildung hinsichtlich der Gewerbeflächen, die es als nicht unangemessen würdigte. Nach seiner Feststellung, der Kaufpreisanteil für den SB-Markt sei nicht unangemessen hoch, führte das FG aus:
"Damit ist nicht mehr entscheidungserheblich, ob -wie das FA meint- der Kaufpreisanteil für das Obergeschoß (Wohnteil) mit 1 800 DM pro qm wesentlich zu niedrig ist und wie er ermittelt wurde (nach dem schriftsätzlichen Vorbringen der Klin. ebenfalls im Ertragswertverfahren unter Zugrundelegung eines Mietzinses von 12,50 DM/qm, nach der Aussage des Zeugen hingegen in Orientierung an die Herstellungskosten des Obergeschosses)."
Die Methode des FG, nur den nach Ertragswerterwägungen gebildeten Kaufpreisanteil als nicht unangemessen --und daher als zutreffende Bemessungsgrundlage der abziehbaren Vorsteuerbeträge-- anzusehen, hingegen die Angemessenheit des Kaufpreisanteils für den nicht gewerblich genutzten Teil nicht zu prüfen, entspricht nicht der Aufteilungsregelung des § 15 Abs. 4 UStG 1993. Die Vorschrift geht grundsätzlich von der Ermittlung der nicht abziehbaren Teilbeträge aus.
Das FG prüfte hingegen nur die Ermittlung der abziehbaren Vorsteuer-Teilbeträge mit dem Ergebnis, der Kaufpreisanteil für die Gewerbeflächen (SB-Markt) sei nicht überhöht --und für die Vorsteueraufteilung nicht mißbräuchlich-- angesetzt. Es fehlt die Prüfung, wie der Kaufpreisanteil (mit Vorsteueranteil) für die zur steuerfreien Vermietung genutzten Gebäudeanteile ermittelt und --mit dem Anteil für die Gewerbeflächen-- bei der Bildung des Gesamtkaufpreises berücksichtigt wurde. Die Zusammensetzung des Gesamtkaufpreises für die beiden verschieden (steuerpflichtig/steuerfrei) genutzten Teile des Gebäudes ist regelmäßig nur dann eine sachgerechte Ermittlungsgrundlage zur Vorsteueraufteilung, wenn für beide Gebäudeteile die identische Wertfindungsmethode angewandt wurde und die Ergebnisse in dem daraus folgenden Verhältnis --nachvollziehbar-- bei der Bildung des Gesamtkaufpreises berücksichtigt wurden. Insbesondere die Verwendung derselben Wertermittlungsmethode verhindert regelmäßig, daß (gerade für den zu steuerpflichtiger Verwendung vorgesehenen Gebäudeteil) überhöhte Teilbeträge angesetzt werden können. Die Frage, ob der Ansatz des Kaufpreisanteils für die (steuerpflichtig vermieteten) Gewerbeflächen mißbräuchlich i.S. von § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) überhöht ist, stellt sich dann nicht.
2. Die Sache war an das FG zurückzuverweisen. Eine abschließende Entscheidung durch den Senat ist aufgrund der fehlenden Feststellungen zu den nicht abziehbaren Vorsteuerbeträgen nicht möglich, zumal das FG auch offengelassen hat, ob der zur steuerfreien Vermietung dienende Gebäudeanteil ebenfalls nach Ertragswertgesichtspunkten oder nach Flächenpreisen bewertet wurde.
Im Hinblick auf die noch erforderliche Prüfung einer gleichartigen Wertermittlung des für die nicht abziehbaren Vorsteuerbeträge maßgeblichen Wohnungsteils des Gebäudes ist ggf. auch der Frage des Gewichts der Bewirtschaftungskosten --sowohl für die Gewerbe- und Büroflächen als auch für die Wohnflächen-- nachzugehen. Bei der erneuten Entscheidung des FG ist noch zu berücksichtigen:
a) Soweit nach der Formulierung des FG der Kaufpreisanteil für das Erdgeschoß (SB-Markt) "im Ertragswertverfahren ermittelt worden" ist, dürfte damit (aufgrund seiner weiteren Ausführungen) allerdings nicht das Ertragswertverfahren nach der Wertermittlungsverordnung vom 6. Dezember 1988 (BGBl I 1988, 2209), sondern das überschlägige Verfahren, wie es von Grundstücksmaklern zur Kurzinformation verwendet wird --die sog. Maklerregel--, gemeint sein. Dabei wird lediglich der Jahresrohertrag (Jahresbruttomiete), der nachhaltig mit einem Grundstück erzielt werden kann, mit einem den örtlichen Marktverhältnissen entsprechenden Vervielfältiger multipliziert (vgl. Simon/Cors/ Troll, Handbuch der Grundstückswertermittlung, 4. Aufl. 1997, B. 5, Rz. 1; Zimmermann/Heller, Der Verkehrswert von Grundstücken, 1995, A. 3, Rz. 3). Auch Pohnert (a.a.O., Teil F, Rz. 70) hebt die Ungenauigkeit der Maklerregel hervor: Dieses Verfahren berücksichtige in erster Linie nur die Ertragsseite; die Aufwendungen würden stark vernachlässigt.
Bei der Prüfung, ob das von den Vertragsparteien gewählte Kaufpreisermittlungsverfahren Grundlage einer "sachgerechten Schätzung" für die Vorsteueraufteilung sein kann, dürfen solche Ungenauigkeiten aber vernachlässigt werden. Sie fallen dann nicht ins Gewicht, wenn beide Gebäudeteile nach denselben Kriterien beurteilt worden sind.
b) Revisionsrechtliche Bedenken bestehen aber gegen die Ausführungen des FG, die Nichtberücksichtigung der Bewirtschaftungskosten (Ansatz des Jahresrohertrags statt des Jahresreinertrags) bewirke keinen unangemessen hohen Kaufpreisanteil des SB-Marktes, weil Bewirtschaftungskosten im allgemeinen weniger als 1 v.H. des Jahresrohmietertrages ausmachten. Dieser Vomhundertsatz wurde durch das FG nicht weiter belegt. Bewirtschaftungskosten sind nach § 18 der Wertermittlungsverordnung die Abschreibung, die bei gewöhnlicher Bewirtschaftung nachhaltig entstehenden Verwaltungskosten, Betriebskosten, Instandhaltungskosten und das Mietausfallwagnis.
Im Fachschrifttum werden für gemischt genutzte Grundstücke mit überwiegend gewerblichem Anteil durchschnittliche Bewirtschaftungskosten von zwischen 16 bis 31 v.H. des Rohertrags (ohne Grundsteuer bei Simon/Kleiber, a.a.O., 4.42) bzw. von zwischen 15 bis 31 v.H. (ohne Grundsteuer und Abschreibung bei Simon/ Cors/Troll, a.a.O., B. 5 Rz. 22) angesetzt, bei Geschäftsgrundstücken zwischen 18 und 29 v.H. Nach Pohnert (a.a.O.) betragen die Bewirtschaftungskosten in den Beispielsfällen zu Einkaufsstätten/Läden mit Wohnungen 20 v.H. (Teil F, F I) und zu einem Supermarkt 15 v.H. (Teil F, F II).
Fundstellen
Haufe-Index 67161 |
BFH/NV 1998, 1436 |
BFH/NV 1998, 1436-1438 (Leitsatz und Gründe) |
BStBl II 1998, 525 |
BFHE 185, 530 |
BFHE 1998, 530 |
DB 1998, 1899 |
DStR 1998, 1212 |
DStRE 1998, 641 |
DStRE 1998, 641 (Leitsatz) |
DStZ 1998, 809 |
HFR 1998, 845 |
StE 1998, 499 |
UR 1998, 392 |