Leitsatz (amtlich)
Entsteht bei zusammenveranlagten Ehegatten im Gewerbebetrieb des einen Ehegatten ein Verlust, so ist es für den Verlustabzug nach § 10 d EStG ohne Bedeutung, ob die Buchführung im Gewerbebetrieb des anderen Ehegatten ordnungsmäßig ist.
Normenkette
EStG §§ 7 a, 7 e, 10 a, 10 d, 26 b
Tatbestand
Umstritten ist bei Zusammenveranlagung der Eheleute der Abzug in Vorjahren erlittener, ordnungsmäßig ermittelter Verluste im Gewerbebetrieb des Ehemanns gemäß § 10 d EStG trotz nicht ordnungsmäßiger Buchführung in den Verlustjahren in einem Gewerbebetrieb, an dem die Ehefrau beteiligt war.
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wählten in ihren Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1969 und 1970 die Zusammenveranlagung (§ 26 b EStG) und machten die in den Jahren 1966 und 1967 im Gewerbebetrieb des Ehemanns aufgrund ordnungsmäßiger Buchführung ermittelten Verluste gemäß § 10 d EStG wie Sonderausgaben geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) ließ die Vergünstigung des § 10 d EStG nicht zu, weil in einem Gewerbebetrieb, an dem die Ehefrau als Gesellschafterin beteiligt war, in den Verlustjahren 1966 und 1967 keine ordnungsmäßige Buchführung vorgelegen habe. Die Sprungklage hatte keinen Erfolg. Das FG hat seine Entscheidung wie folgt begründet (vgl. Entscheidungen der Finanzgerichte 1974 S. 59): Bei der Zusammenveranlagung der Eheleute werde der in dem Betrieb des einen Ehegatten in den Vorjahren erlittene Verlust wie Sonderausgaben vom gemeinsamen Einkommen und nicht etwa von dem Gesamtbetrag der Einkünfte des einen Ehegatten abgezogen. Die Zusammenveranlagung führe schon im Stadium der Einkunftsermittlung zu einer engen steuerlichen Verknüpfung der Eheleute, wodurch ein Ehegatte in den Genuß von Vergünstigungen gelange, die eigentlich nur dem anderen zustehen. Die Einheitlichkeit der Einkünfte gewinne noch mehr an Gewicht, wenn die festgestellten Einkünfte zusammengerechnet worden sind und es nur noch um die Ermittlung des gemeinsamen einheitlichen Einkommens der Eheleute gehe (Hinweis auf Urteile des BFH vom 24. Januar 1963 IV 189/58 U, BFHE 76, 811, BStBl III 1963, 296, und vom 5. Dezember 1963 IV 28/62 S, BFHE 78, 239, BStBl III 1964, 96). Da die systematische Einordnung des Verlustabzugs im Anschluß an die Vorschriften der §§ 10 und 10 b EStG der Eigenart des Verlustabzugs gerecht werde (Hinweis auf Entscheidung des BVerfG vom 22. November 1968 1 BvR 645/68, Steuerlexikon, § 10 d, Rechtsspruch 53), erscheine es folgerichtig, die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung auch für sämtliche einkunftsartgleichen Betriebe beider Eheleute zu fordern. Dem stehe § 62 d EStDV nicht entgegen.
Die Kläger beantragen, das Urteil des FG aufzuheben und sie zur Einkommensteuer für die Jahre 1969 und 1970 nach Abzug eines Verlustbetrages von insgesamt 96 694 DM zu veranlagen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
Die Zusammenveranlagung der Eheleute beeinflußt den Verlustabzug nach § 10 d EStG nicht. Das FG hat zwar zutreffend dem Urteil des BFH IV 189/58 U entnommen, daß sich aus der Zusammenveranlagung der Eheleute eine enge steuerliche Verknüpfung ergebe, die es rechtfertige, Steuervergünstigungsvorschriften, wie die der §§ 7 a und 7 e EStG, auf die Person eines Ehegatten zurückwirken zu lassen, wenn die persönlichen Voraussetzungen für die Vergünstigung lediglich in der Person des anderen gegeben sind. Derselbe Senat hat jedoch unter ausdrücklichem Hinweis auf diese Entscheidung im Urteil IV 28/62 S erklärt, daß auch bei der Zusammenveranlagung die Feststellung der Einkünfte eines jeden Ehegatten nach den dafür geltenden Vorschriften getrennt behandelt werde. Das sei folgerichtig, weil es sich um Tätigkeiten handele, die notwendig nur der sie verrichtenden Person zugerechnet werden könnten. Dieser Ansicht entspricht die übrige Rechtsprechung des BFH, in der stets zum Ausdruck kommt, daß die Zusammenveranlagung der Ehegatten lediglich zu einer Zusammenfassung des Einkommens führe (vgl. hierzu Urteile vom 14. Oktober 1966 IV 279/62, BFHE 87, 380, BStBl III 1967, 172; vom 16. Januar 1969 IV R 121/68, BFHE 94, 522, BStBl II 1969, 273, und vom 16. Mai 1975 VI R 155/72, BFHE 116, 78, BStBl II 1975, 704). Werden aber die Einkünfte jedes der Ehegatten getrennt ermittelt, so kommt es für die Gewährung der Vergünstigung des § 10 d EStG allein darauf an, ob die Buchführung desjenigen Ehegatten im Verlustjahr ordnungsmäßig war, in dessen Betrieb der Verlust entstanden ist, während die Buchführung im Betrieb des anderen Ehegatten insoweit ohne Bedeutung ist. Auch die Zusammenrechnung der Einkünfte beider Ehegatten zum Zwecke der Herbeiführung der Einkommensgemeinschaft der Ehegatten ändert hieran nichts, und zwar auch dann nicht, wenn es sich bei beiden Ehegatten um die gleiche Einkunftsart handelt. Denn hierbei bleibt es bei einer bloßen Verrechnung und führt nicht zu einer Verschmelzung der Betriebsergebnisse, wie es zwangsläufig geschieht, wenn die Ergebnisse mehrerer Betriebe des gleichen Steuerpflichtigen in den Einkünften aus Gewerbebetrieb zusammengefaßt werden.
Dem entspricht die Entscheidung des BFH vom 13. Dezember 1963 VI 29/62 U (BFHE 78, 481, BStBl III 1964, 185) zum insoweit gleichlautenden § 10 a EStG, wonach von der getrennten Veranlagung oder der Zusammenveranlagung der Eheleute nur die Art der Besteuerung abhängt, während die Wahl der Veranlagungsart mit der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung nichts zu tun habe.
Den Klägern kann danach der Verlustabzug in den Streitjahren nicht versagt werden. Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist spruchreif.
Die strittigen Steuern sind wie folgt festzusetzen: …
Fundstellen
Haufe-Index 557471 |
BStBl II 1976, 378 |
BFHE 1976, 322 |