Im Urteilsfall nutzte der Steuerpflichtige (Kläger) eine Software i. R. e. schuldrechtlichen Nutzungsüberlassungsverhältnisses (= schwebendes Geschäft) gegen ein laufendes Entgelt; er war dagegen weder rechtlicher noch wirtschaftlicher Eigentümer der Software. Zwischen dem Kläger und dem beklagten Finanzamt war der Abzug der Einmalaufwendungen für die Einführung und Implementierung der Software als Erhaltungsaufwand (so der Steuerpflichtige) oder als Absetzung für Abnutzung (AfA) verteilt auf die Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts "Nutzungsrecht" (so das Finanzamt) streitig.

2.3.1 Laufende Aufwendungen für das Nutzungsrecht an der Software

Nach dem FG München qualifiziert sich das Nutzungsrecht an der Software als ein entgeltlich erworbenes immaterielles Wirtschaftsgut. Indes stehen der Aktivierung des Nutzungsrechts an der Software die Grundsätze zur (Nicht-)Bilanzierung schwebender Geschäfte entgegen.

2.3.2 Einmalaufwendungen für die Implementierung der Software

Die Implementierungsleistungen stellen keine vom Nutzungsrecht an der Software unabhängig zu beurteilenden und deshalb nicht zu aktivierenden Dienstleistungen dar, da diese Leistungen Voraussetzung für die Herstellung der Betriebsbereitschaft der Software sind. Da die Implementierungskosten als Betriebsbereitschaftskosten zu den Anschaffungskosten des (nicht aktivierbaren) Wirtschaftsguts "Nutzungsrecht an der Software" gehören, können sie – wie die Anschaffungs(haupt)kosten – nicht aktiviert werden.

Auch handelt es sich bei den Implementierungsleistungen nicht um ein vom Nutzungsrecht an der Software zu unterscheidendes, eigenständiges Wirtschaftsgut. Dabei kommt der zivilrechtlichen Einordnung der Implementierungsleistungen (Werk- oder Dienstvertrag) nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Vielmehr ist für die Frage der Aktivierung wesentlich, ob mit der Implementierung ein (eigenständiges) Wirtschaftsgut vorliegt, mit dem die Aufwendungen in Zusammenhang stehen. Vorliegend fehlt es indes an einer selbstständigen Bewertbarkeit, da der Wert der Implementierung vom Bestand des Nutzungsrechts an der Software abhängt. Ohne das Nutzungsrecht ist die Implementierung wertlos.

Zudem steht die Implementierung in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem Nutzungsrecht an der Software, sodass selbst bei analoger Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze zu Mietereinbauten eine Aktivierung als selbstständiges Wirtschaftsgut ausscheidet. Ein (immaterielles) Wirtschaftsgut "Implementierung" liegt daher nicht vor.

Auch weist das Gericht auf die inhaltliche Übereinstimmung der Begriffe (steuerliches) Wirtschaftsgut und (handelsrechtlicher) Vermögensgegenstand hin. Mithin liegt auch kein (immaterieller) Vermögensgegenstand "Implementierung" vor.

Kann daher das auf die Nutzung der Software entfallende Entgelt nicht als Anschaffungs(haupt)kosten aktiviert werden, so können im Ergebnis auch etwaige Anschaffungsnebenkosten nicht aktiviert werden. Nichts anderes kann nach Auffassung des Gerichts für die hier betrachteten Implementierungsleistungen in Form von Betriebsbereitschaftskosten gelten.

 
Hinweis

Das rkr. Urteil des FG München, welches im Anwendungsbereich des Maßgeblichkeitsgrundsatzes des § 5 Abs. 1 EStG i. V. m. § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB ergangen ist, ist auch handelsrechtlich zu beachten. Eine Aktivierung der Implementierungskosten als Vermögensgegenstand scheidet daher regelmäßig aus; vielmehr ist eine sofortige aufwandswirksame Erfassung geboten. Dem ist u. E. zuzustimmen. Zur handelsrechtlichen Diskussion siehe ausführlich Oser/Gerlach, StuB 2020, S. 263 ff.

Auch eine Aktivierung der für die Implementierung (gezahlten) Einmalvergütungen als Rechnungsabgrenzungsposten kommt aufgrund eines nicht gegebenen (Leistungs-)Zeitraums nach einem (künftigen) Bilanzstichtag regelmäßig nicht in Betracht, da die Leistung (= Implementierung) i. d. R. bereits vollständig erhalten wurde und die Nutzung der Software erst ermöglicht hat (Betriebsbereitschaft).

2.3.3 Fazit

Kosten für die Implementierung angeschaffter Software gehören i. d. R. als Betriebsbereitschaftskosten zu den Anschaffungskosten für das Nutzungsrecht an der Software. Sind dagegen für das Nutzungsrecht an der Software i. R. e. Dauerschuldverhältnisses laufende Entgelte zu zahlen, dürfen dessen Anschaffungskosten nach den Grundsätzen für schwebende Geschäfte nicht aktiviert werden. Dies gilt auch für die Implementierungskosten, sodass (auch) diese sofort abziehbare Betriebsausgaben darstellen. Eine Aktivierung der Implementierungsleistungen als selbstständiges – von dem Nutzungsrecht an der Software verschiedenes – Wirtschaftsgut wird i. d. R. ausscheiden.

 
Praxis-Tipp

Literaturtipps

Abele, Aktivierung von Nutzungsrechten an Software, BB 2021, S. 1263 ff.

Oser/Gerlach, Bilanzierung bei Cloud Computing/Zur verfehlten Analogie des Customizings zu Mietereinbauten (zugleich Replik zu Roos, StuB 2020 S. 101 ff.), StuB 2020, S. 263 ff.

Gerlach/Oser, Handelsrechtliche Behandlung von Implementierungskosten bei SaaS-Verträgen im Rahmen von Cloud Computing, DB 2019, S. 1969 ff.

Deubert/Lewe, Bilanzierung von Software beim Anwender nach HGB – Besonderhe...

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