Carmen Auer, Viola Möller
Rz. 11
Zahlreiche Unternehmen werden erstmals aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung oder auf freiwilliger Basis ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung einer externen Prüfung unterziehen. Damit verbunden ist häufig die Frage, was auf die Unternehmen zukommt. Gegenstand einer externen Prüfung bildet stets das Ist-Objekt, also der nach einem Rahmenwerk aufgestellte Nachhaltigkeitsbericht. Dieser Nachhaltigkeitsbericht wird dann gegen das verwendete Soll-Objekt, z. B. HGB, GRI etc. geprüft. Die zentralen Fragestellungen einer externen Prüfung lauten:
Abb. 4: Fragestellungen bei der Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts
Rz. 12
Die 1. Frage bezieht sich auf die Wesentlichkeit und damit den Prozess der Materialitätsanalyse. Die 2. Frage hat die Korrektheit der berichteten Informationen zum Gegenstand. Bei der externen Überprüfung von Nachhaltigkeitsinformationen kommt i. d. R. der Prüfungsstandard ISAE 3000 (Rev.) zur Anwendung, der unabhängig vom verwendeten Soll-Objekt die vom externen Prüfer durchzuführenden Prüfungskriterien und Prüfungshandlungen enthält:
Abb. 5: Prüfungskriterien und -handlungen gem. ISAE 3000 (Rev.)
Dabei unterscheiden sich in der beauftragten Prüfungstiefe – begrenzte oder hinreichende Sicherheit – Art und Umfang der durchzuführenden Prüfungshandlungen. Während bei einer Beauftragung zur Erlangung einer begrenzten Sicherheit für das Prüfungsurteil analytische Prüfungshandlungen und Befragungen im Vordergrund stehen, werden zur Erlangung einer hinreichenden Sicherheit umfangreichere Prüfungshandlungen erforderlich, die v.a. auf ein eingerichtetes internes Kontrollsystem (IKS) für die Nachhaltigkeitsinformationen abzielen.
Rz. 13
Bei der externen Prüfung handelt es sich um keine Vollprüfung, sondern um einen risikoorientierten Ansatz, der sich idealtypisch über einen längeren Zeitraum um den Bilanzstichtag des Unternehmens erstreckt und in eine Vor- und Hauptprüfung unterteilt werden kann. Abb. 6 zeigt beispielhafte Prüfungshandlungen in den unterschiedlichen Phasen der Prüfung einer nichtfinanziellen Erklärung oder eines Nachhaltigkeitsberichts auf:
Abb. 6: Phasen einer externen Prüfung
Rz. 14
Bei den Prozessaufnahmen handelt es sich i. d. R. um Befragungen, die der externe Prüfer mit den Verantwortlichen im Unternehmen durchführt. Diese können sich bspw. beziehen auf
- die genaue Definition von qualitativen und quantitativen KPIs (z. B. Lieferantenaudits, Mitarbeiterzufriedenheit, Wasserverbrauch, Emissionen, Abfallmengen),
- das Verständnis des Prozesses der Datenerhebung und Datenaggregation (z. B. manuell oder automatisch, zentral oder dezentral),
- das Verständnis des Prozesses der Validierung und der Datenkontrollmechanismen (z. B. Überwachung durch QM, implementierte manuelle oder automatische Kontrollen),
- Einblicke in die Prozesse durch einen "Walk-through" (z. B. IT-System, Excel-Sheet-Berechnungen),
- die Identifikation von und den Umgang mit Risiken aus der Geschäftstätigkeit auf nichtfinanzielle Belange.
In den Befragungen werden i. d. R. vereinzelte Prüfungsnachweise vom zu prüfenden Unternehmen erbeten, die sich beziehen können auf
- prozessbezogene Einzelfallüberprüfungsmaßnahmen,
- qualitative und quantitative Maßnahmen zur Einzelfallprüfung.
Rz. 15
Als Beispiele für solche zu erbringenden Prüfungsnachweise, einschl. der Anforderungen an ihre Eigenschaften, können angesehen werden:
Abb. 7: Beispiele und Anforderungen für Nachweisdokumente
Der Verlauf der Prüfung kann als kontinuierlicher Austausch zwischen Prüfer und dem Aufsteller der Nachhaltigkeitsberichterstattung angesehen werden.
Rz. 16
Derzeit unterliegen die Standards zur Prüfung von Nachhaltigkeitsinformationen einer Weiterentwicklung. Im August 2023 veröffentlichte das IAASB den Vorschlag für den International Standard on Sustainability Assurance (ISSA)™ 5000 "General Requirements for Sustainability Assurance Engagements" (ED-5000) zur öffentlichen Stellungnahme bis zum 1.12.2023. Das IAASB beabsichtigt, den endgültigen Standard im September 2024 zu genehmigen, um ihn nach der Zertifizierung durch das Public Interest Oversight Board vor Ende 2024 zu veröffentlichen.