Zusammenfassung
Immer mehr Unternehmen finanzieren sich nachhaltig. Regelmäßig kommen Sustainability-Linked Loans (SLLs) zum Einsatz, bei denen die Finanzierungskosten an Nachhaltigkeitsindikatoren geknüpft sind. Die Ausweitung der Nachhaltigkeitsberichterstattung eröffnet einer Vielzahl weiterer Unternehmen perspektivisch die Möglichkeit, die Vorzüge nachhaltiger Finanzierungen zu nutzen.
1 Nachhaltigkeitsbezogene Kredite – ein relativ junges Finanzierungsinstrument
Rz. 1
Green bzw. Sustainable Finance kennt heute viele Facetten und umfasst diverse Instrumente, Standards und Kriterien der Finanzierung. Bei Green Finance Produkten handelt es sich um zweckgebundene Finanzierungsinstrumente, deren Mittel ausschl. für geeignete Projekte oder Projektkategorien mit einem klaren ökologischen Nutzen verwendet werden dürfen.
Bereits im Jahr 2007 gab die Europäische Investitionsbank den Startschuss für den grünen Anleihemarkt. Mit ihrer Klimaschutzanleihe emittierte die Bank den weltweit ersten grünen Use-of-Proceeds-Bond. Eine Reihe von Initiativen auf internationaler Ebene, wie z. B. das Pariser Klimaschutzabkommen, die UN-Agenda 2030 und der Europäische Green Deal, förderte das Wachstum des Markts für zweckgebundene Finanzierungen in den letzten Jahren.
Rz. 2
In jüngerer Zeit erlebte der Markt für nachhaltiges Fremdkapital zahlreiche Innovationen, flankiert von einer erheblichen Diversifizierung – auch weil Unternehmen, Investoren und Banken nach verschiedenen Alternativen suchen, um zu den übergeordneten Nachhaltigkeitszielen beitragen zu können. Social und Sustainability Bonds vergrößerten etwa das Spektrum des Use-of-Proceeds-Modells, indem sie Investitionsmöglichkeiten um soziale Aspekte erweiterten. Mit der Einführung von Krediten, deren Finanzierungskosten an Nachhaltigkeitskriterien gekoppelt sind, kam es auch zu einem Novum bei den Strukturen. Diese sog. Sustainability-Linked Loans bieten den Vorteil, dass die aufgenommenen Mittel nicht zweckgebunden sind, sondern für allgemeine Unternehmenszwecke zur Verfügung stehen. Als erstes Unternehmen nutzte der Gesundheitstechnologie-Konzern Philips im Jahr 2017 dieses Finanzierungsmodell.
2 Zinskopplung als Kernelement bei Sustainability-Linked Loans
Rz. 3
Ein Sustainability-Linked Loan, bisweilen auch als ESG-Linked Loan oder Positive Incentive Loan bezeichnet, ist ein Darlehenskonstrukt, das durch die Kopplung der Zinsmarge an Nachhaltigkeitskriterien finanzielle Anreize für nachhaltiges unternehmerisches Wirtschaften schafft. Dies ermöglicht es den Kreditgebern, die Nachhaltigkeitsperformance des Kreditnehmers zu incentivieren. Erreicht ein Unternehmen während der Kreditlaufzeit vereinbarte Nachhaltigkeitsziele, wirkt sich das zugunsten des Kreditnehmers positiv auf die Marge aus und vice versa. Grds. lassen sich in der Finanzierungspraxis bei der Strukturierung der Nachhaltigkeitskomponente 2 Konzepte unterscheiden: eine Kopplung der Marge an ein ESG-Rating oder an Nachhaltigkeitsindikatoren (Key Performance Indicators, KPIs).
Abb. 1: Zusammensetzung der Credit Margin bei Sustainability-Linked Loans
Rz. 4
Für die Kreditdokumentation bedarf es zur Berücksichtigung der Nachhaltigkeitskomponente nur einer moderaten Anpassung. Regelmäßig handelt es sich v.a. um eine ergänzende Klausel zur Kalkulation der Kreditmarge und Bestimmungen zu Informationspflichten der ESG-Ratings bzw. der Nachhaltigkeitsindikatoren. Da die Finanzierung auf das Nachhaltigkeitsprofil des Unternehmens abstellt, können explizit verschiedene ESG-Dimensionen – ganz i. S. v. Sustainable Finance – adressiert werden. Die Sustainability-Linked Loan Principles (SLLPs) führen einige Kategorien von möglichen Nachhaltigkeitsindikatoren an, die aber ausdrücklich nur eine Auswahl darstellen. Folglich können weitere, letztlich auch unternehmensspezifischere Aspekte berücksichtigt werden.
Environmental |
Social |
Governance |
- Treibhausgasemissionen
- Energieeffizienz
- Abfallentsorgung
- Erneuerbare Energie
- Wasserverbrauch
- Nachhaltige Beschaffung
- Kreislaufwirtschaft
- Nachhaltige Ernährung
- Biodiversität
- ESG-Rating
|
- Menschenrechte
- Diversität und Inklusion
- Mitarbeitergesundheit
- Arbeitssicherheit
- Mitarbeiterengagement
- Mitarbeiterqualifizierung
- Datensicherheit
- Bezahlbares Wohnen
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- Unternehmensethik
- Corporate Governance
- Unternehmenstransparenz
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Tab. 1: Auswahl an Umwelt-, Sozial- und Governance-Kategorien
Rz. 5
Ein ESG-Rating wird durch auf Nachhaltigkeitsratings spezialisierte Drittgesellschaften erstellt (Rz 21; siehe weiterführend auch § 14B). Hierbei wird die unternehmerische Nachhaltigkeitsleistung in einem gesamtheitlichen Ansatz bewertet.