Leitsatz
1. § 18 Abs. 3 Satz 1 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) gilt auch im Fall des (identitätswahrenden) Formwechsels einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft.
2. Wird Betriebsvermögen erst im Zuge der formwechselnden Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft oder danach gebildet, unterfallen die stillen Reserven in den Wirtschaftsgütern des neu gebildeten Betriebsvermögens nicht § 18 Abs. 3 Satz 1 und 2 UmwStG.
Normenkette
§ 18 Abs. 3 Sätze 1 und 2 UmwStG
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, ist zum 31.12.2009 aus der formwechselnden Umwandlung einer GmbH hervorgegangen. Der an der GmbH (und nach Umwandlung an der KG als deren Kommanditist) allein beteiligte B hatte der GmbH ein Grundstück zur Nutzung überlassen, das im Zuge der Umwandlung als Sonderbetriebsvermögen des B bei der KG erfasst wurde. 2011 veräußerte B seinen Kommanditanteil an der KG, seine Geschäftsanteile an deren Komplementärin sowie das Grundstück an H. Das FA unterwarf auch den Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks der GewSt. Das FG (FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 11.8.2021, 2 K 194/17, Haufe-Index 14984097, EFG 2022, 453) gab der Klage, mit der sich die Klägerin (nur) gegen die Erfassung des Gewinns aus der Veräußerung des Grundstücks gewandt hatte, statt.
Entscheidung
Der BFH wies die Revision des FA aus den sich aus den Praxis-Hinweisen ergebenden Gründen zurück.
Hinweis
1. Wird der Betrieb der Personengesellschaft oder ein Mitunternehmeranteil innerhalb von fünf Jahren nach einer Umwandlung aufgegeben oder veräußert, unterliegt nach § 18 Abs. 3 Satz 1 bzw. 2 UmwStG auch ein Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn der GewSt. Damit soll verhindert werden, dass die GewSt-Pflicht einer Kapitalgesellschaft dadurch unterlaufen wird, dass der Betrieb bzw. der Anteil erst nach Umwandlung der Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft veräußert bzw. aufgegeben und der erzielte Gewinn der GewSt entzogen wird.
2. Im Hinblick auf diesen Zweck der Regelung hatte der BFH entschieden, dass von der Regelung stille Reserven nicht erfasst werden, die in Buchwertansätzen von Wirtschaftsgütern ruhen, die bereits vor der Umwandlung im Betrieb der aufnehmenden Personengesellschaft vorhanden waren.
3. In Reaktion auf diese Rechtsprechung ergänzte der Gesetzgeber § 18 Abs. 3 Satz 1 UmwStG dahin, dass ein Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn der GewSt auch insoweit unterfällt, als er auf das Betriebsvermögen entfällt, das bereits vor der Umwandlung im Betrieb der übernehmenden Personengesellschaft vorhanden war.
4. Diese Neuregelung erfasst nach Ansicht des BFH jedoch nicht stille Reserven in sog. neu gebildetem Betriebsvermögen, d.h. in Betriebsvermögen, das erst im Zuge der Umwandlung in eine Personengesellschaft oder danach gebildet wird. Insoweit ist der Tatbestand der Norm teleologisch zu reduzieren. Denn auch insoweit besteht keine Gefahr, dass die GewSt-Pflicht einer Kapitalgesellschaft dadurch unterlaufen wird, dass der Betrieb erst nach vollzogener Umwandlung in eine Personengesellschaft veräußert bzw. aufgegeben und der erzielte Gewinn der GewSt entzogen wird.
5. Dieser Auslegung steht nicht entgegen, dass § 18 Abs. 3 UmwStG auf den Aufgabe- bzw. Veräußerungszeitpunkt (und nicht auf den Umwandlungszeitpunkt) abstellt und daher auch nach der Umwandlung gebildete stille Reserven erfasst. Denn dies gilt nur für Betriebsvermögen, das vom sachlichen Anwendungsbereich des § 18 Abs. 3 UmwStG umfasst ist. Dazu gehört nicht sog. neu gebildetes Betriebsvermögen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 14.3.2024 – IV R 20/21