8.1

Teiluntersagung

Nach dem Grundsatz des geringsten Eingriffs muß in jedem Fall auch geprüft werden, ob eine teilweise Untersagung des Gewerbes ausreicht. Eine Maßnahme nach § 35 Abs. 1 GewO darf nicht weitergehen, als es zum Schutz der Allgemeinheit beziehungsweise der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. So kann ein Verbot der Beschäftigung bestimmter Arbeitnehmergruppen ausreichen, wenn nur in diesem Zusammenhang Verfehlungen des Gewerbetreibenden zu befürchten sind. Eine Teiluntersagung kann auch im Rahmen der erweiterten Untersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO (s. Nr. 8.2) in Frage kommen.

 

8.2

Erweiterte Untersagung

Nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO kann die Untersagung auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person (Nr. 8.2.1) sowie auf andere (Nr. 8.2.2) oder alle (Nr. 8.2.3) Gewerbe ausgedehnt werden, wenn sich die Untersagungsgründe auch hierauf erstrecken. Die Ausdehnung steht im behördlichen Ermessen. Sie muß jedoch erforderlich sein (z. B. wenn ein Ausweichen auf ein anderes Gewerbe zu erwarten ist), vgl. BVerwG, GewArch 1995, S. 115 und 200, und entsprechend begründet werden.

 

8.2.1

Ist bei Erlaß der Untersagungsverfügung gegen einen selbständigen Gewerbetreibenden erkennbar, daß dieser aufgrund der festgestellten Tatsachen auch für eine unselbständige leitende gewerbliche Tätigkeit unzuverlässig ist, z. B. als Vertretungsberechtigter (Geschäftsführer, Bevollmächtigter) eines Gewerbetreibenden oder als Betriebsleiter, kann neben der Untersagung einer selbständigen Gewerbeausübung auch ein Verbot dieser unselbständigen Tätigkeiten ausgesprochen werden.

 

8.2.2

Ist z. B. einem Vermögensverwalter wegen Vermögensdelikten (z. B. Betrug, Untreue, Unterschlagung) die Gewerbeausübung untersagt worden, wird er auch in Bezug auf andere gewerbliche Tätigkeiten, bei denen ihm fremde Gelder treuhänderisch überlassen werden, als unzuverlässig anzusehen sein.

 

8.2.3

Die Untersagung aller Gewerbe kommt nur in Ausnahmefällen und insbesondere dann in Betracht, wenn die Untersagungsgründe (z. B. Verletzung der Steuer- und Abgabepflichten) nicht spezifisch für das tatsächlich ausgeübte Gewerbe sind, sondern den Schluß zulassen, daß der Gewerbetreibende auch bei der Ausübung jedes anderen Gewerbes unzuverlässig sein wird.

 

8.3.

Untersagung gegen leitende unselbständige Personen

Nach § 35 Abs. 7a GewO kann unzuverlässigen Personen, die in einem Gewerbebetrieb leitend tätig sind und das Gewerbe bisher nicht selbständig ausübten (Nr. 8.2.1), sowohl die selbständige Gewerbeausübung als auch die Fortsetzung ihrer bisherigen unselbständigen Tätigkeit untersagt werden. Dabei kann im Rahmen einer Gewerbeuntersagung gegen eine GmbH dem unzuverlässigen Geschäftsführer sowohl Ausübung eines oder aller selbständigen Gewerbe als auch die weitere Tätigkeit als Geschäftsführer oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragten Person untersagt werden. Diese Untersagung setzt aber stets ein Untersagungsverfahren gegen den selbständigen Gewerbetreibenden voraus (vgl. § 35 Abs. 7a Satz 2 GewO), es kann jedoch unabhängig vom Verlauf des Verfahrens gegen den selbständigen Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Erforderlichkeit jeder einzelnen Untersagungsverfügung ist gesondert zu begründen.

 

8.4

Adressat der Untersagung

 

8.4.1

Ist Gewerbetreibender eine natürliche Person, so ist sie Adressat der Verfügung. Ist die Person, die nach außen nur formell als Gewerbetreibender in Erscheinung tritt, mit demjenigen, der tatsächlich das Gewerbe betreibt und der unzuverlässig ist, nicht identisch (Strohmann), so ist in der Regel eine Untersagungsverfügung gegen beide zu richten.

 

8.4.2

Ist Gewerbetreibender eine juristische Person (z. B. GmbH), so ist diese Adressat der Verfügung. Dabei kommt es für die Frage der Unzuverlässigkeit sowohl auf die Fähigkeit der juristischen Person selbst, das Gewerbe ordnungsgemäß auszuüben (vgl. z. B. Nr. 3.1.2.2), als auch auf das Verhalten der Personen an, die die Gesellschaft gesetzlich vertreten (Vorstand, Geschäftsführer) oder die mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragt sind. Hierzu können auch vertretungsberechtigte Prokuristen zählen. Juristische Personen können ihre Zuverlässigkeit wieder erlangen, wenn sie sich von dem unzuverlässigen Vertretungsberechtigten trennen. In solchen Fällen ist das bereits gegen die juristische Person eingeleitete Untersagungsverfahren einzustellen.

Liegen Anhaltspunkte vor, daß eine juristische Person von einem unzuverlässigen Gewerbetreibenden oder von einem unzuverlässigen Gesellschafter, der selbst nicht zur Vertretung befugt ist, nur als sog. Strohmann vorgeschoben wird, so kann die Unzuverlässigkeit auch dieser Person der juristischen Person zugerechnet werden (vgl. Nr. 3.1.4).

 

8.4.3

Bei Personengesellschaften (OHG, KG, GmbH & Co. KG), die im Gegensatz zu juristischen Personen keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzen, sind die einzelnen Gesellschafter als Gewer...

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