Definiert wird im SGB nicht der Begriff der Selbstständigkeit, sondern nur die abhängige Beschäftigung. In § 7 Abs. 1 SGB IV heißt es dazu:
Zitat
Beschäftigung ist die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Das BSG stellt in seinen Urteilen auf die Tätigkeit nach Weisungen und die Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation ab und formt dies zu dem Begriff der "persönlichen Abhängigkeit" (BSG Urteil vom 28.1.1999, Az. B 3 KR 2/98 R):
Zitat
(...) Danach ist für die Wertung einer Beschäftigung als abhängig ausschlaggebend, dass sie in persönlicher Abhängigkeit verrichtet wird. Diese äußert sich regelmäßig in der Eingliederung des Beschäftigten in einen fremden Betrieb, sei es, dass er umfassend einem Zeit, Dauer und Ort der Arbeit betreffenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt, sei es auch nur, insbesondere bei Diensten höherer Art, dass er funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess des Arbeitgebers teilhat.
Die selbstständige Tätigkeit unterscheidet sich von der abhängigen Beschäftigung damit durch
- die Weisungsfreiheit des Auftragnehmers und
- dessen eigenes Unternehmerrisiko.
Ein unternehmerisches Risiko liegt dann vor, wenn der Erfolg eines eigenen wirtschaftlichen Einsatzes ungewiss ist und der Tätige selbst den unmittelbaren wirtschaftlichen Vor- oder Nachteil seiner Arbeit hat. Die Weisungsfreiheit ist gegeben, wenn der Mitarbeiter im Wesentlichen frei von Weisungen über Art, Zeit und Ort seiner Tätigkeit selbst entscheiden kann.
Die Merkmale der Definition von selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung, wie sie sich aus der Rechtsprechung des BSG ergibt, werden in der folgenden Tabelle zusammengefasst.
abhängige Beschäftigung |
selbstständige Tätigkeit |
- Weisungsgebundenheit
- Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation
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- eigenes unternehmerisches Risiko
- eigene Betriebsstätte
- Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft
- im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitskraft
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Allerdings lässt sich die Unterscheidung zwischen Beschäftigten und Selbstständigen nicht schematisch vornehmen. Gerade im künstlerischen und publizistischen Bereich sind die Unternehmen auf die Zusammenarbeit einer Vielzahl von Spezialisten in einem Team an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit angewiesen. Damit aber relativiert sich das Merkmal der "freien Gestaltung von Arbeitszeit". Denn nicht erst bei einer Bühnen- oder TV-Produktion mit einem Stab von 100 Mitarbeitern kann eben strukturell bedingt, nicht jeder seinen Teil der Arbeitszeit frei bestimmen. Die Sozialversicherungsträger sehen aber nicht selten in einer solchen zeitlichen und örtlichen Gebundenheit dennoch das Fehlen der freien Gestaltung von Arbeitszeit und -ort. Was sie aber dabei übersehen: Die Arbeitszeit etwa eines freien Regisseurs, Kameramanns oder Tonmeisters besteht nicht nur aus der Anwesenheit bei einem Dreh oder einer Tonaufnahme. Ein Großteil (und zumeist der größte Anteil) der Arbeitszeit besteht aus Akquise, Vorbereitung, Konzeption, Organisation, Nachbereitung, Weiterbildung usw. Und hier sind die freien Künstler in der Gestaltung von Arbeitszeit und -ort tatsächlich frei.
Beispiel
Ein Hotel engagiert einen Unterhaltungsmusiker, der auch in anderen Hotels und Bars spielt. Die Verträge laufen meist ein bis zwei Monate und regeln Arbeitszeit, Pausen, Freigetränke, Übernachtungen und die Gage. Bei Verhinderung muss er einen Ersatzmusiker besorgen. Ein Anspruch auf bezahlten Urlaub besteht nicht. Damit trägt der Pianist ein eigenes unternehmerisches Risiko. Arbeitszeit und -ort werden unter "zwei gleichgeordneten Partnern" vereinbart, es gibt kein Weisungsrecht des Auftraggebers. Damit ist der Musiker selbstständig tätig, das Hotel muss die Honorare der KSK melden (nach SG Mainz Urteil vom 7.11.2000, Az. S 6 KR 44/99).
Entsprechend hatte das BSG im Falle eines Opernchorsängers entschieden, der von einem Opernhaus als Aushilfe bei drei Aufführungen eingesetzt worden ist. Er nahm an Proben nicht teil und erhielt nur eine kurze szenische (Sicherheits-)Einweisung und wurde über die musikalische Strichfassung in Kenntnis gesetzt. Das BSG kam zu dem Ergebnis, dass der Sänger die Tätigkeit im Rahmen einer Selbstständigkeit ausgeübt hatte (BSG Urteil vom 14.3.2018, Az. B 12 KR 3/17):
Zitat
Bei einer Mitwirkung an Theateraufführungen ergibt sich wegen den mit der vertraglich vereinbarten Dienstleistung verbundenen Notwendigkeiten sowohl die zeitliche und örtliche Abhängigkeit als auch eine gewisse Vorgabe der künstlerischen Darbietung aus der besonderen Eigenart der Tätigkeit (...). Die Gebundenheit an den Ort der Spielstätte, die festgesetzte Spielzeit und den ‘groben’ Inhalt einer Darbietung ist der Tätigkeit eines Bühnenkünstlers immanent. Hierbei handelt es sich nicht um konkrete arbeitskraftbezogene Weisungen, sondern um Rahmenvorgaben, innerhalb derer die ü...