Der Künstlerbericht aus dem Jahr 1975 führt im Bereich der bildenden Kunst eine Reihe von Tätigkeiten auf, die gem. der Rechtsprechung des BSG als Richtschnur gelten für die Anwendung des KSVG – alle dort aufgeführten Berufe sind per se bildende Kunst i. S. d. § 2 S. 1 KSVG, ohne dass es im Einzelfall auf den Nachweis eines schöpferischen Gestaltungsspielraums ankäme:

  • Maler/Bildhauer: Bildhauer; Experimenteller Künstler (z. B. Objektemacher), Maler, künstlerischer Grafiker; Portrait-, Genre-, Landschaftsmaler
  • Grafik-Designer: Grafik-Designer, Layouter; Karikaturist, Trick- und Comiczeichner, Illustrator
  • Industrie-Designer: Industrie-Designer, Produkt-Designer
  • Foto-Designer/Bildjournalisten: künstlerischer Fotograf, Lichtbildner, Werbefotograf, Kameramann; Bildberichterstatter, Pressefotograf
  • Kunstpädagogen mit in größerem Umfang freiberuflicher Tätigkeit in der bildenden Kunst

Aus dem Kunstbegriff fallen nach BSG jedoch alle handwerklichen und handwerksähnlichen Tätigkeiten heraus. Hierzu zählen u. a.:

  • Fotografen (ausgenommen Werbefotografie und Pressefotografie),
  • Gold- und Silberschmiede,
  • Modedesigner mit eigenem Label,
  • Industriedesigner mit eigener Herstellung,
  • Instrumentenbauer,
  • Tätowierer.

Bei handwerklichen Tätigkeiten kommt eine Versicherungspflicht laut BSG in Betracht, wenn die betreffende Person in künstlerischen Fachkreisen als Künstler anerkannt ist. Nachgewiesen wird dies u. a. über Ausstellungen in Kunstgalerien oder Museen. Zahlt damit ein Verwerter ein Ausstellungshonorar beispielsweise an einen künstlerischen (aus KSK-Sicht also handwerklichen) Fotografen, dessen Werke auch in Kunstgalerien oder Museen ausgestellt werden, wäre dieses Ausstellungshonorar abgabepflichtig (siehe Kapitel 3.2.1.4 "Musik").

Über 400 Berufe und ihre Einordnung als künstlerisch finden Sie im Anhang. Im Folgenden werden einige wichtige Beispiele der Rechtsprechung aus dem Bereich der bildenden Kunst aufgeführt.

3.2.1.2.1 Innenarchitektur, Raumgestaltung

Die Gestaltung von Innenräumen durch Innenarchitekten ist laut BSG nach der allgemeinen Verkehrsanschauung trotz der vorhandenen kreativen Komponenten nicht künstlerisch, sondern bleibt im Planerisch-Handwerklichen des Architekten (BSG Beschluss vom 26.3.2014, Az. B 3 KS 6/13 B). Dies gilt auch, wenn ein Designer Entwürfe für eine Umgestaltung, etwa der Büroeinrichtung, vornimmt und anschließend auch die Umsetzung verantwortet (siehe Kapitel 3.2.1.2.5 "Szenografie/Raumstrategien").

Auch Raumgestaltung wird im Regelfall aus dem Kunstbegriff des KSVG herausfallen. Das LSG Hessen hatte den Fall einer Raumgestalterin zu entscheiden und kam zu dem Ergebnis, dass sich die Klägerin (Urteil vom 18.7.2019, Az. L 8 KR 0265/16):

Zitat

(...) bei dem Projekt Umgestaltung (...) nicht auf den eigenschöpferischen gestaltenden Entwurf beschränkt, sondern die Innenraumgestaltung als Dienst-/Werkleistung vergleichbar einem Raumausstatter/Raumgestalter/Innenarchitekten übernommen. Bei einer derartigen Tätigkeit steht nicht der künstlerisch/ästhetische Aspekt im Vordergrund, sondern es handelt sich um eine handwerkliche/architektonische und nicht um eine künstlerische Tätigkeit im Sinne des KSVG.

3.2.1.2.2 Kalligrafie

Bei der Kalligrafie muss nach dem BSG unterschieden werden: Beschränkt es sich auf eine Art Schönschreiben für Einladungs- oder Speisekarten, verbleibt die Tätigkeit schwerpunktmäßig im Handwerklichen und ist damit nicht abgabepflichtig. Anders, wenn über dieses Handwerkliche hinaus eine grafische Leistung im Vordergrund steht wie etwa bei der arabischen Kalligrafie oder der Typografie – hierbei handelt es sich um bildende Kunst i. S. d. KSVG (BSG Urteil vom 15.11.2007, Az. B 3 KR 1/07).

3.2.1.2.3 Kuratoren

Kuratoren sind im Regelfall keine Künstler, da sie lediglich fremde Kunstwerke präsentieren, damit jedoch nicht eigene Kunst schaffen. Allerdings kann ein Kurator publizistisch tätig werden (BSG Urteil vom 26.1.2006, Az. B 3 KR 1/05 R):

Zitat

Danach könnte die Tätigkeit eines Ausstellungsgestalters/Kurators auch dem Bereich der Publizistik zuzuordnen sein, wenn es sich etwa um eine historische oder zeitgeschichtliche Ausstellung handelt (z. B. ‘Wehrmachtsausstellung’), mit der eine bestimmte Aussage getroffen werden soll, und er schwerpunktmäßig journalistisch und publizistisch tätig ist oder Pressearbeit zu erledigen hat.

3.2.1.2.4 Messestände/Architectural Design

Nach Auffassung der KSK ist beispielsweise das Gestalten von Messeständen oder die Ausstellungsgestaltung nicht künstlerisch. Dies übersieht, dass Architectural Design und Raumgestaltung lange an den künstlerischen Hochschulen angekommen sind.

 

Beispiel

Ein Industriedesigner beantragt bei der KSK die Versicherungspflicht. Er gestaltet hauptsächlich Messestände für Möbelhersteller und beschränkt sich auf den Entwurf, die Umsetzung übernehmen spezialisierte Messebauer. Die KSK lehnt die Versicherungspflicht ab mit dem Hinweis, dass es sich um Innenarchitektur handelt. Die Entscheidung der KSK ist falsch, denn Industriedesign und Gestaltung von Messeständen sind keine Innenarchitektur, sondern Design i. S. d. KSK. Dennoch sollte der Auftraggeber um ei...

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