Carmen Auer, Viola Möller
2.3.1 Hintergrund
Rz. 159
Der Klimawandel birgt für Unternehmen sowohl ungeahnte Risiken als auch Chancen. Lt. einem Bericht der Economist Intelligence Unit werden im Jahr 2100 Vermögenswerte im Gesamtwert von geschätzt 43 Billionen USD Klimarisiken ausgesetzt sein. Dies umfasst Risiken wie starke Regenfälle, Hitzewellen, Sturmfluten, langfristige Klimaveränderungen, aber auch Risiken (Rz 166), die sich aus den Veränderungen in der Gesellschaft und der Anpassung zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft ergeben. Gleichzeitig bieten sich enorme Chancen (Rz 167) für Unternehmen als Teil der Neugestaltung. Einem Bericht der New Climate Economy zufolge könnte der Übergang zu einem nachhaltigen, kohlenstoffarmen Wachstum wirtschaftliche Vorteile im Wert von 26 Billionen USD bis 2030 bringen im Vergleich zu "business as usual".
Rz. 160
Die finanziellen Auswirkungen wurden in der Vergangenheit nicht ausreichend analysiert, bewertet, berichtet und veröffentlicht. Ohne diese Informationen können jedoch Finanzmärkte Risiken und Chancen nicht adäquat bepreisen, was zu plötzlichen Wertverschiebungen und destabilisierenden Kosten führen kann.
2.3.2 Financial Stability Board (FSB)
Rz. 161
Das FSB (auch als Finanzstabilitätsrat bezeichnet) ist ein internationales Gremium, welches das globale Finanzsystem überwacht und Empfehlungen dazu abgibt. Das FSB koordiniert nationale Finanzbehörden und internationale Standardsetter bei der Entwicklung einer starken Regulierungs- und Aufsichtspolitik. Dabei sollen ein "level playing field" und eine kohärente Umsetzung über Sektoren und Jurisdiktionen hinweg geschaffen werden. Ziel ist die Stärkung der einzelnen Finanzsysteme sowie die Stabilisierung der internationalen Finanzmärkte.
Rz. 162
Das FSB hat im Jahr 2015 die Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) ins Leben gerufen mit dem Ziel, verlässliche klimabezogene Finanzinformationen für Investitions-, Kredit- und Versicherungsentscheidungen zu generieren. Damit soll der Übergang zu einer stabileren und nachhaltigeren Wirtschaft erleichtert werden. Die TCFD bestand aus 31 Mitgliedern der G20.
Die TCFD wurde 2023 aufgelöst (Rz 181). Die Überwachung der klimabezogenen Finanzberichterstattung übernimmt nun das International Sustainability Standards Board (ISSB; Rz 53 ff.) der IFRS Foundation. Die neuen ISSB-Standards IFRS S1 und IFRS S2 beinhalten die TCFD-Empfehlungen und stellen eine einheitliche globale Basis für Nachhaltigkeitsberichte dar (Rz 57).
2.3.3 TCFD-Empfehlungen
Rz. 163
Im Jahr 2017 veröffentlichte die Task Force die 1. Fassung ihrer Empfehlungen. Durch die Anwendung sollen Vorteile in 3 Bereichen erzielt werden:
- Risikobewertung: effektive Bewertung von Klimarisiken des eigenen Unternehmens, der Lieferanten und Wettbewerber;
- Kapitalallokation: fundierte Entscheidung zum Einsatz von Kapital;
- strategische Planung: bessere Beurteilung von Risiken und der entsprechenden Exposition auf kurze, mittlere und lange Sicht.
Rz. 164
Die TCFD-Empfehlungen richten sich grds. an alle Unternehmen, unabhängig von der Größe und dem Sektor. Die daran anschließenden Empfehlungen zur Berichterstattung unterteilen sich in allgemeine Hinweise und Hinweise für ausgewählte Sektoren (Rz 173). Die resultierende Berichterstattung sollte in Finanzberichte integriert werden. Neben den Empfehlungen veröffentlichte die TCFD weitere Hilfestellungen zur Implementierung sowie Statusberichte.
2.3.3.1 Klimabezogene Risiken, Chancen und finanzielle Auswirkungen
Rz. 165
Viele Unternehmen berichten bereits ihren sog. CO2-Fußabdruck. Dieser beschreibt die vom Unternehmen verursachten CO2-Emissionen entlang der Wertschöpfungskette und damit die Auswirkungen, die die Geschäftstätigkeit auf den Klimawandel hat. Die TCFD fokussierte auf eine 2. Sichtweise: die Auswirkungen des Klimawandels auf die Geschäftstätigkeit und damit insbes. die Finanzwirkung von Klimarisiken und Klimachancen.
Abb. 13: Auswirkungen auf und durch den Klimawandel
Rz. 166
Die Risiken lassen sich in 2 übergeordnete Risikokategorien unterteilen: transitorische Risiken und physische Risiken. Transitorische Risiken entstehen aufgrund der Transition hin zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft. Diese Risiken sind bspw. besonders hoch für Unternehmen in CO2-intensiven Branchen wie der Öl- und Gasindustrie. Physische Risiken sind direkte Folgen des Klimawandels und können akut oder chronisch sein. Die finanziellen Auswirkungen können bspw. durch den direkten Schaden an Vermögenswerten entstehen od...