Prof. Dr. Heinz-Jürgen Pezzer
Leitsatz
Die (gewerbliche) Vermittlung von Druckaufträgen gegen Provision durch eine Werbeagentur in der Rechtsform einer GbR führt zur Umqualifizierung ihrer im Übrigen ausgeübten freiberuflichen Tätigkeit, wenn die Nettoumsatzerlöse aus den Provisionen 3 % der Gesamtnettoumsatzerlöse der Gesellschaft oder den Betrag von 24.500 EUR übersteigen.
Normenkette
§ 18 Abs. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG
Sachverhalt
Eine Werbeagentur in der Rechtsform einer GbR, die auf dem Gebiet des Webdesigns tätig war, erklärte Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. In den Nettoumsatzerlösen waren Einnahmen aus Provisionszahlungen mehrerer Druckereien für die Vermittlung von Druckaufträgen enthalten. Das FA sah die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG als gegeben an und erließ entsprechende GewSt-Messbescheide, da die Provisionszahlungen als gewerbliche Einnahmen die Geringfügigkeitsgrenze überschritten hätten.
Die hiergegen nach erfolglos durchgeführtem Einspruchsverfahren erhobene Klage war erfolgreich (Niedersächsisches FG, Urteil vom 14.9.2011, 3 K 447/10, Haufe-Index 2802505, EFG 2012, 625).
Entscheidung
Auf die Revision des FA hob der BFH die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab. Er ließ dahinstehen, ob die Klägerin mit ihrer Haupttätigkeit, dem Betrieb einer "Werbeagentur" mit einer "Tätigkeit auf dem Gebiet des Webdesigns" die Voraussetzungen einer freiberuflichen – hier allein in Betracht kommenden – künstlerischen Tätigkeit i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG erfüllt.
Jedenfalls habe die Klägerin durch die Vermittlung von Druckaufträgen auch eine originär gewerbliche Tätigkeit i.S.v. § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG ausgeübt, die nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG dazu führe, dass ihre Einkünfte in vollem Umfang als solche aus Gewerbebetrieb gälten. Die originär gewerblichen Umsätze der Klägerin seien nicht von derart untergeordneter Bedeutung, dass es der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebiete, von der Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG abzusehen. Die Vergütungen für Druckaufträge machten in den beiden Streitjahren einen Anteil von 4,27 % bzw. 4,91 % der Gesamtnettoumsatzerlöse aus. Damit lägen die gewerblichen Umsatzerlöse über dem noch als äußerst geringfügig anzusehenden Anteil von 3 % der Gesamtnettoerlöse. Der Umstand, dass die Umsätze den Höchstbetrag von 24.500 EUR nicht überschritten hätten, sei alleine nicht ausreichend, um von einer äußerst geringfügigen gewerblichen Tätigkeit auszugehen.
Hinweis
Auf die Praxishinweise Nrn. 1 bis 5 zum vorstehend abgedruckten Urteil in diesem Heft mit dem Aktenzeichen VIII R 6/12 wird verwiesen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 27.8.2014 – VIII R 41/11