Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Überblick
Krankenhausbehandlungen sind unter den in § 4 Nr. 14 UStG aufgeführten Voraussetzungen steuerfrei. Die Abgabe von Medikamenten stellt hingegen eine steuerbare und steuerpflichtige Lieferung dar. Es war umstritten, ob die Verabreichung von Zytostatika im Rahmen einer ambulant in einem Krankenhaus durchgeführten Heilbehandlung zu der steuerfreien Krankenhausbehandlung gehört oder der Umsatzsteuerpflicht unterliegt. Nach entsprechender Vorgabe aus der Rechtsprechung des EuGH ändert die Finanzverwaltung ihre Rechtsauffassung, sodass die Abgabe patientenindividuell hergestellter Arzneimittel zur steuerfreien Krankenhausbehandlung gehören kann.
Kommentar
Die rechtliche Problematik
Die Leistungen von Krankenhäusern sind unter den in § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG genannten Voraussetzungen steuerfrei. Die Lieferung von Medikamenten unterliegt demgegenüber als Lieferung der Steuerpflicht. Die Finanzverwaltung hatte früher die Auffassung vertreten, dass Arzneimittellieferungen einer Krankenhausapotheke grundsätzlich nicht zu den mit einer Krankenhausbehandlung eng zusammenhängenden Tätigkeiten gehören.
Der EuGH hatte zu der Lieferung von zytostatischen Medikamenten, die von innerhalb eines Krankenhauses selbstständig tätigen Ärzten im Rahmen einer ambulanten Krebsbehandlung verschrieben worden sind, festgestellt, dass diese nicht steuerbefreit abgegeben werden können, es sei denn, diese Lieferung ist in tatsächlicher und in wirtschaftlicher Hinsicht von der Hauptleistung der ärztlichen Heilbehandlung untrennbar. Ob eine solche untrennbare Leistung vorliegt, obliegt der Prüfung durch die nationalen Gerichte. Im Anschluss daran hatte der BFH festgestellt, dass die Verabreichung von Zytostatika im Rahmen einer ambulant in einem Krankenhaus durchgeführten ärztlichen Heilbehandlung, die dort individuell für den einzelnen Patienten in einer Apotheke dieses Krankenhauses hergestellt werden, als ein mit der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz anzusehen ist und damit steuerfrei ausgeführt werden kann.
Die Finanzverwaltung reagiert jetzt auf die Rechtsprechung von EuGH und BFH.
Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen
Die Finanzverwaltung nimmt grundsätzlich zu den durch den BFH festgestellten Grundsätzen Stellung. Eine eng mit der Krankenhausbehandlung zusammenhängende steuerfreie Leistung liegt dann vor, wenn in der Krankenhausapotheke individuell für den einzelnen Patienten hergestellte Arzneimittel abgegeben werden, wenn diese im Rahmen einer ambulant in den Räumen dieses Krankenhauses durchgeführten Heilbehandlung verwendet werden. Die Behandlung muss dabei nicht in demselben Gebäude oder an demselben Standort desselben Unternehmers durchgeführt werden.
Nicht patientenindividuell hergestellte Medikamente können nicht als ein eng mit einer Krankenhausbehandlung zusammenhängender Umsatz angesehen werden und stellen damit weiterhin steuerbare und steuerpflichtige Lieferungen dar.
Die Grundsätze finden sowohl auf Zubereitungen Anwendung, die im Rahmen einer Krebstherapie verwendet werden, als auch auf andere Arzneimittel, die wie Zytostatika-Zubereitungen individuell für den Patienten hergestellt werden. Nicht unter die Befreiung fällt die Abgabe von nicht patientenindividuellen Zubereitungen und Fertigarzneimitteln, auch wenn diese als Begleitmedikamente verabreicht werden, sowie die Abgabe von nicht in der Krankenhausapotheke selbst hergestellten patientenindividuellen Zubereitungen.
Der enge Zusammenhang zur Krankenhausbehandlung und zur ärztlichen Heilbehandlung setzt voraus, dass eine Krankenhausbehandlung und ärztliche Heilbehandlung zumindest begonnen hat oder geplant ist. Damit eine eng mit einer Krankenhausbehandlung zusammenhängende Leistung vorliegt, kommt es nicht auf die Identität des Leistenden, sondern auf die Identität des Patienten an.
Behandelt eine Krankenhausapotheke die Abgabe der individuell angefertigten Medikamente als eine steuerfreie, eng mit der Krankenhausbehandlung zusammenhängende Leistung, führt dies zu einem Ausschluss vom Vorsteuerabzug für die damit im Zusammenhang stehenden Eingangsumsätze. Ggf. muss für die in Vorjahren bezogenen Leistungen an eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG gedacht werden.
Hat die Krankenhausapotheke bisher den Umsatz steuerpflichtig behandelt und in einer Rechnung Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen, handelt es sich um einen unrichtigen Steuerausweis nach § 14c Abs. 1 UStG, wenn der Umsatz jetzt als steuerfreier Krankenhausumsatz behandelt wird. Die Rechnung kann jedoch unter den Voraussetzungen des § 14c Abs. 1 i. V. m. § 17 UStG berichtigt werden.
Der Unternehmer kann dabei mehrere Rechnungen zusammengefasst berichtigen, wenn jeweils spezifisch und eindeutig auf die einzelnen Rechnungen Bezug genommen wird.
Konsequenzen für die Praxis
2 Jahre nachdem der BFH die Grundsätze für die Abgabe patientenindividuell hergestellter Medikamente durch eine Krankenha...