BMF, Schreiben v. 1.4.2009, IV C 1 - S 2000/07/0009
Mit Schreiben vom 4.12.2008 haben Sie eine Reihe von Fragen zur praktischen Umsetzung der Abgeltungsteuer gestellt. Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder nehme ich hierzu wie folgt Stellung: (zur besseren Verständlichkeit habe ich den Text der Fragen wiedergegeben und um meine Antworten ergänzt. Zur Behandlung der Wertpapierleihe-, Wertpapierpensions- und Repogeschäfte beim Steuerabzug ergeht eine gesonderte Stellungnahme.)
1. Angaben zur Ersatzbemessungsgrundlage in den Mustern I und III für Steuerbescheinigungen
„In den amtlichen Mustern I und III zu Steuerbescheinigungen ist die Ersatzbemessungsgrundlage gem. § 43a Abs. 2 Sätze 7, 10, 13 und 14 EStG als Angabe enthalten, um dem Steuerpflichtigen aufzuzeigen, dass Kapitalertragsteuern aufgrund pauschaler Bemessungsgrundlage abgeführt wurden. Der Steuerpflichtige kann gem. § 32d Abs. 4 EStG im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer die richtige Bemessungsgrundlage nachweisen und gegebenenfalls eine teilweise Rückerstattung von Kapitalertragsteuern beantragen.
Wir bitten um Bestätigung, dass in der Veranlagung unterstellt werden darf, dass die in der Steuerbescheinigung ausgewiesene Kapitalertragsteuer vorrangig auf mit der Ersatzbemessungsgrundlage besteuerte Erträge entfällt.”
BMF: Ich beabsichtige, Zweifelsfragen zur Abgeltungsteuer, die Fragen des Veranlagungsverfahrens betreffen, in einem gesonderten BMF-Schreiben zu erörtern.
2. Sind bei Anwendung von Ersatz-Bemessungsgrundlagen Stückzinsen und Zwischengewinne zu berücksichtigen?
„Die Ersatz-Bemessungsgrundlage kommt bei Veräußerungen zum Tragen, wenn sich der Steuerabzug wegen nicht bekannter Anschaffungskosten nach 30 % der Einnahmen aus der Veräußerung bemisst (§ 43a Abs. 2 Satz 7 und 13 EStG-neu).
Beim Verkauf von Rentenpapieren gehören die Stückzinsen zu den Einnahmen aus der Veräußerung (vgl. Begründung zum Unternehmensteuerreformgesetz 2008, BT-Drucks. 16/4841, Seite 56).
Beispiel:
Einnahmen aus Verkauf Rentenpapier (Kurs) |
10.000 Euro |
+ vereinnahmte Stückzinsen |
2.000 Euro |
gesamte Einnahmen aus der Veräußerung |
12.000 Euro |
davon 30 % = 3.600 Euro Ersatz-BMG für Steuerabzug. |
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Bei Rückgabe oder Veräußerung von Investmentanteilen ist der Zwischengewinn im Rücknahmepreis enthalten; er unterliegt als laufender Ertrag dem Steuerabzug (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 i.V. mit § 2 Abs. 1 Satz 1 InvStG). Korrekturposten bei der Veräußerungsgewinnermittlung (wie in § 8 Abs. 5 InvStG dargestellt) kommen bei Anwendung der Ersatz-BMG nicht in Betracht.
Beispiel:
Zwischengewinn unterliegt dem Steuerabzug |
1.000 Euro |
Rücknahmepreis Fondsanteil (incl. Zwischengewinn) |
10.000 Euro |
davon 30 % = 3.000 Euro Ersatz-BMG, |
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unterliegt zusätzlich dem Steuerabzug. |
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Wir bitten um Bestätigung.”
BMF: Ich teile Ihre Auffassung.
„Handelt es sich um einen ausländischen Thesaurierungsfonds, ist Abgeltungsteuer zum einen auf die Ersatzbemessungsgrundlage (30 % des Veräußerungserlöses) anzuwenden. Ferner ist ein Steuerabzug vorzunehmen aus den seit 1994 akkumulierten ausschüttungsgleichen Erträgen (da Besitzdauer nicht bekannt). Ohne Anwendung der Ersatz-BMG wird die Doppelbesteuerung dadurch vermieden, dass der Veräußerungserlös um die während der Besitzzeit als zugeflossen geltenden ausschüttungsgleichen Erträge zu mindern ist (§ 8 Abs. 5 Satz 3 InvStG).
Auch bei Ansatz der Ersatz-BMG sollte eine Doppelbesteuerung vermieden werden. Mit Eingabe vom 26.2.2008 (unter II.28) hatten wir den vergleichbaren Fall des Tafelgeschäfts vorgetragen, bei dem ebenfalls die Ersatz-BMG anzuwenden ist. Unseres Erachtens sollten beide Fälle im Ergebnis gleich behandelt werden.
Wir bitten um Bestätigung, dass es nicht beanstandet wird, wenn der Steuerabzug sowohl im Depotfall als auch beim Tafelgeschäft nur vom jeweils höheren Betrag (Ersatz-BMG oder akkumulierter ausschüttungsgleicher Ertrag seit 1994) vorzunehmen ist. Daneben unterliegt auch hier der Zwischengewinn als laufender Ertrag dem Steuerabzug.”
BMF: Ich stimme Ihrem Vorschlag zu.
3. Behandlung des Transaktionskostenanteils der „all-in-fee” bei Beratungsverträgen
„Mit BMF-Schreiben vom 15.8.2008 (IV C 1 – S 2000/07/0009) wird unter III.2 geregelt, dass bei Vermögensverwaltungsverträgen 50 % der „all-in-fee” als Obergrenze für den Ansatz des abzugsfähigen Transaktionskostenanteils anzuerkennen sind. Es ist nunmehr die Frage aufgetreten, ob diese Regelung auch für so genannte Beratungsverträge gilt, da diese nicht ausdrücklich erwähnt werden.
Bei den im BMF-Schreiben geregelten Vermögensverwaltungsverträgen entscheidet das Kreditinstitut als Vermögensverwalter über die vorzunehmenden Wertpapiertransaktionen. Beratungsverträge unterscheiden sich hiervon lediglich dadurch, dass die von Seiten des Kreditinstituts empfohlenen Wertpapiertransaktionen jeweils unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Kunden stehen. Wenn bei beiden Vertragsvarianten jedoch eine „all-in-fee” vereinbart wird, die auch die Transaktionskosten mit entgelten soll, besteh...