OFD Hannover, Verfügung v. 28.9.2004, G 1400 - 373 - StO 231/G 1400 - 1836 - StH 241
Wie in der Verfügung vorn 9.2.2004 ausgeführt, soll die Abgrenzungsproblematik zwischen gewerblicher und freiberuflicher Tätigkeit im Bereich der Software-Entwicklung nach Abschluss des beim BFH unter dem Az. XI R 9/03 anhängigen Revisionsverfahrens neu überprüft werden.
Der BFH hat mit Gerichtsbescheid bzw. Urteil vom 4.5.2004, XI R 9/03, die Revision des FA gegen das Urteil des FG Köln vom 11.12.2002, 4 K 6906/94 zurückgewiesen.
Damit hat der BFH seine bisherige Rechtsauffassung, nach der für die Abgrenzung zwischen gewerblicher und freiberuflicher Tätigkeit eines EDV-Beraters entscheidend darauf abgestellt wurde, ob dieser mit der Entwicklung von Systemsoftware (diese war bisher ingenieurähnlich und damit freiberuflich) oder Anwendersoftware (bisher gewerblich) befasst ist, aufgegeben. Da nach Auffassung des BFH grundlegende Probleme der Informatik bereits in den 70er und 80er Jahren gelöst worden seien und die Systemsoftware bereits weitestgehend standardisiert sei, nehme durch die Verlagerung des Schwerpunktes von der Systemsoftwareentwicklung auf das Gebiet der Anwendersoftwareentwicklung diese nunmehr einen breiteren Raum ein, und zwar sowohl im Rahmen der Ausbildung als auch hinsichtlich der ausgeübten Tätigkeit von Diplom-Informatikern. Allerdings sei auch künftig nicht jede Tätigkeit im Bereich der Entwicklung von Anwendersoftware als freiberufliche Tätigkeit zu beurteilen. Diese setze vielmehr die Entwicklung qualifizierter Software durch eine klassische ingenieurmäßige Vorgehensweise (Planung, Konstruktion, Überwachung) voraus sowie eine Ausbildung, die der eines Ingenieurs zumindest vergleichbar ist. Die bisher anders lautende Rechtsauffassung der Finanzverwaltung wird jetzt aufgegeben. Die Entscheidung wird im BStBl II veröffentlicht werden und ist damit auf alle noch offenen Fälle anzuwenden.
Ab sofort können daher die EDV-Berater als Freiberufler anerkannt werden, die ein Hochschulstudium als Diplom-Informatiker, Diplom-Ingenieur oder auch als Diplom-Mathematiker abgeschlossen haben und die eine Tätigkeit ausüben, die profunde Kenntnisse der Ingenieurwissenschaft voraussetzt. Sie müssen folglich entweder Systemsoftware oder hochkomplexe Anwendungssoftware entwickeln, es darf sich jedoch nicht um die Entwicklung von sog. Trivialsoftware handeln, d.h. Software bis zu einem Verkaufspreis von 410 EUR netto (R 31a Abs. 1 EStR), wie z.B. Computerspiele.
Von einem Autodidakten ohne entsprechende Ausbildung muss verlangt werden, dass seine Tätigkeit den wesentlichen Elementen des Berufs des Ingenieurs in Theorie (Ausbildung, Kenntnisse, Qualifikation) und Praxis gleichwertig ist. Dies kann er durch eine genaue Tätigkeitsbeschreibung, Sachverständigengutachten usw. nachweisen.
Normenkette
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1