Kommentar
Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen ( § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG ). Handelt es sich bei diesen Aufwendungen um Herstellungskosten eines zur Einkunftserzielung bestimmten Gebäudes, sind sie grundsätzlich nur verteilt auf die Nutzungsdauer des Gebäudes in Form von AfA abzuziehen. Herstellungskosten können auch Kosten für Baumaßnahmen sein, die für sich gesehen zwar als Erhaltungsmaßnahmen zu beurteilen wären, die jedoch mit reinen Herstellungsmaßnahmen in engem räumlichem, zeitlichem und sachlichem Zusammenhang stehen, so daß beide in ihrer Gesamtheit eine einheitliche Baumaßnahme bilden. Ein sachlicher Zusammenhang mit diesem Sinne besteht, wenn die einzelnen Baumaßnahmen bautechnisch ineinander greifen, das heißt, wenn die eine Baumaßnahme durch die andere bedingt ist.
Danach sind die Kosten der Instandsetzung des gesamten Daches als Herstellungskosten zu werten, soweit sie Folge des Dachgeschoßausbaus sind. Entscheidend für die Zuordnung zu den Herstellungskosten ist der tatsächliche Zusammenhang mit der Herstellungsmaßnahme. Wurden Dachziegel zur Abdeckung neu ausgebauter Gauben verwendet, gehören deren Kosten zu den Herstellungskosten dieser Gauben, weil die Abdeckung mit Dachziegeln Teil ihrer Herstellung ist.
Soweit das Dach durch den Ausbau nicht verändert wurde und seine Instandsetzung auch nicht Bedingung des Ausbaus war, sind die Kosten seiner Instandsetzung sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen . Das ist der Fall bei Instandsetzungsmaßnahmen, mit denen das Dach lediglich in zeitgemäßer Form wiederhergestellt wurde, z. B. neue Stulpschalung auf den Dachsparren, Erneuerung von Dachlatten, Ziegeln, Dachrinnen und Fallrohren, die für den Ausbau des Dachgeschosses nicht erforderlich waren.
Die Gesamtkosten der Baumaßnahmen sind im Verhältnis der Herstellungskosten zu den Reparaturarbeiten – notfalls im Wege der Schätzung – aufzuteilen .
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 16.07.1996, IX R 34/94
Hinweise:
1. Der Steuerpflichtige wandte als Eigentümer eines vermieteten Wohnhauses im Streitjahr 1987 für den Ausbau des Dachgeschosses rd. 168.000 DM und für die Neueindeckung des Daches rd. 43.700 DM auf. Von den Aufwendungen für den Dachgeschoßausbau machte er degressive AfA in Höhe von 5% ( § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG 1987) geltend. Die Aufwendungen für die Neueindeckung des Daches setzte er in voller Höhe als Werbungskosten an.
Während das Finanzamt nur die normalen AfA in Höhe von 2% berücksichtigte, gab das Finanzgericht der Klage zum Teil statt. Es hielt Herstellungsaufwand insoweit für gegeben, als beim Ausbau des Dachgeschosses ein Freisitz geschaffen sowie die vorhandenen Dachgauben abgebrochen und neu gestaltet worden seien. Im übrigen sei das Dach in seinem Bestand im wesentlichen unverändert geblieben, so daß Aufwendungen von rd. 34.900 DM als Erhaltungsaufwand sofort abziehbar seien.
Die Revision des Finanzamts führte zur Aufhebung des FG-Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht. Der BFH entschied, das Finanzgericht habe zwar zu Recht die Kosten des Dachgeschoßausbaus als Herstellungsaufwand behandelt, die Abgrenzung zu den sofort als Werbungskosten abziehbaren Erhaltungsaufwendungen jedoch unzutreffend vorgenommen. So habe das Finanzgericht zumindest bei den Kosten der Dachziegel für die Dachgauben zu Unrecht auch Kosten des Dachgeschoßausbaus dem Erhaltungsaufwand zugerechnet.
2. Die BFH-Entscheidung liegt auf der Linie der neueren Rechtsprechung des IX. Senats seit dem 9. 5. 1995. Bei der jetzt vom BFH wiederum für möglich erachteten Aufteilung der Aufwendungen durch Schätzung dürfte es sich empfehlen, vorsorglich Fotos vom Bauobjekt anzufertigen und den an den Baumaßnahmen beteiligten Architekten oder Bauunternehmer heranzuziehen.
3. Inwieweit für Baumaßnahmen an einem Dachgeschoß nach Auffassung der Verwaltung Sonderabschreibungen gem. dem Fördergebietsgesetz und degressive AfA ( § 7 Abs. 5 EStG ) in Anspruch genommen werden können, ist vom BMF (BMF, Schreiben v. 10. 7. 1996, BStBl 1996 I S. 689) eingehend geregelt worden.
Erhaltungsaufwand