Die Entscheidung betrifft die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt hinterzogene Steuerbeträge noch festgesetzt werden können.
Die „normale” Frist für die Festsetzung hinterzogener Steuern beträgt zehn Jahre ( § 169 Abs. 2 Satz 2 AO ). Sie beginnt z. B. bei der Einkommensteuer mit dem Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das dem Jahr der Entstehung des Steueranspruchs folgt ( § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO ).
Die Festsetzungsfrist endet allerdings nicht, „bevor die Verfolgung der Steuerstraftat … verjährt ist” ( § 171 Abs. 7 AO ). Mit dieser Regelung soll bewirkt werden, daß die Einziehung der hinterzogenen Steuer solange möglich ist, solange die Hinterziehung noch strafrechtlich verfolgt werden kann (vgl. Tipke/Kruse , AO und FGO, 15. Aufl., § 171 AO Tz. 26).
Die Strafverfolgung von Steuerhinterziehungen verjährt in fünf Jahren ( § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB i. V. m. § 369 Abs. 2 AO und § 370 AO ). Die Frist für die Verjährung der Strafverfolgung beginnt, sobald die Tat beendet ist, d. h. mit Bekanntgabe des jeweiligen Steuerbescheids an den Steuerpflichtigen.
Nach früherer Rechtsauffassung konnte sich der Beginn der Fünfjahresfrist um viele Jahre hinausziehen, wenn es um eine fortgesetzte Tat ging. Man verstand darunter einzelne Handlungen, die für sich allein zwar alle Deliktsvoraussetzungen erfüllten, die aber zu einer einzigen Tat im Rechtssinn zusammengefaßt wurden. Bei einer fortgesetzten Tat verjährte nicht jede Handlung für sich; die Verfolgungsverjährung begann vielmehr erst mit der Beendigung der letzten Tathandlung . Bei einer über viele Jahre fortgesetzten Steuerhinterziehung konnten also lange nach Ablauf der „normalen” Zehnjahresfrist des § 169 Abs. 2 AO noch Steuern nachgefordert werden (vgl. Ruban in Hübschmann/Hepp/Spitaler , AO und FGO, § 171 AO Rz. 90).
Die Rechtsfigur des Fortsetzungszusammenhangs ist nunmehr von der Rechtsprechung des BGH (BGH, Beschluß des Großen Senats für Strafsachen v. 3. 5. 1994, GG-St 2 und 3/93, NJW 1994 S. 1663; Urteil v. 20. 6. 1994, 5 StR 595/93, Wistra 1994 S. 266) aufgegeben worden. Der BFH hat sich dieser Rechtsprechung mit dem obigen Urteil angeschlossen .
Da die strafrechtliche Verfolgungsverjährung hiernach nicht mehr mit der Beendigung einer „Serie” von zeitlich zum Teil weit auseinanderliegenden Taten, sondern mit der Beendigung der einzelnen Tat beginnt, dürfte der Ablauf der „normalen” Festsetzungsfrist für hinterzogene Steuern (10 Jahre) in Zukunft nur noch in seltenen Fällen gehemmt sein.
Verjährung