2.1 Steuerrecht unterscheidet zwischen abnutzbaren und nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern

Der Steuergesetzgeber unterscheidet in § 6 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 EStG im Rahmen der Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter, die nach § 4 Abs. 1 oder nach § 5 EStG als Betriebsvermögen anzusetzen sind, zwischen

  • Wirtschaftsgütern, "die der Abnutzung unterliegen" (= abnutzbare Anlagegüter), und
  • solchen, bei denen das nicht der Fall ist (= nicht abnutzbare Anlagegüter).

Er trifft also die gleiche Unterscheidung wie das Handelsrecht, verwendet jedoch eine andere Terminologie. Das Steuerrecht differenziert im Rahmen seiner Bewertungs- und Abschreibungsvorschriften zwischen abnutzbaren und nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern.[1]

Bei den abnutzbaren Anlagegütern sind Wertminderungen ebenfalls zwingend durch planmäßige Abschreibungen zu erfassen. Es besteht wie im Handelsrecht die Pflicht, zumindest die abschnittsbezogene lineare AfA (sog. Normal-AfA) auch tatsächlich vorzunehmen.[2] Anstelle des Begriffs der planmäßigen Abschreibung verwendet das Steuerrecht den der Absetzungen für Abnutzung (AfA), meint damit im Grunde aber dasselbe. Steuerlich wird die planmäßige Abschreibung als AfA[3] oder – bei Wirtschaftsgütern mit Substanzverbrauch – als Absetzung für Substanzverringerung[4] bezeichnet. Zentrale Vorschrift ist § 7 EStG.

Abschreibung eines entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwerts

Der Geschäfts- oder Firmenwert ist der Mehrwert, der einem Unternehmen über dem Substanzwert der einzelnen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter hinaus innewohnt.[5] Für den entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwert eines Gewerbebetriebs oder eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ist die Nutzungsdauer gesetzlich festgelegt. Sie beträgt 15 Jahre[6]. Die gesetzliche Nutzungsdauer gilt nicht für freiberufliche Praxiswerte. Ihre Nutzungsdauer beträgt grundsätzlich 3 bis 5 Jahre. Ob der Abschreibungszeitraum 3, 4 oder 5 Jahre beträgt, ist nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls zu schätzen.[7]

2.2 Spezielle Abschreibungsregelung für GWG

§ 6 Abs. 2 Satz 1 EStG räumt für die Anschaffung, Herstellung oder Einlage bzw. Zuführung bei Betriebseröffnung neuer oder gebrauchter selbständig nutzungsfähiger abnutzbarer beweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ein Wahlrecht zwischen Sofortabzug und Verteilung des Aufwands (bei Einlagen des fiktiven Aufwands) ein. Das Wahlrecht gilt für Wirtschaftsgüter, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um einen darin enthaltenen Vorsteuerbetrag (§ 9b Abs. 1 EStG), oder der nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 bis 6 EStG an deren Stelle tretende Wert für das einzelne Wirtschaftsgut 800 EUR (seit 1.1.2018, vorher 410 EUR) nicht übersteigen.

Abweichend von dieser GWG-Abschreibung nach § 6 Abs. 2 Satz 1 EStG kann für die genannten Wirtschaftsgüter ein Sammelposten gebildet werden, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um einen darin enthaltenen Vorsteuerbetrag (§ 9b Abs. 1 EStG), oder der nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 bis 6 EStG an deren Stelle tretende Wert für das einzelne Wirtschaftsgut 250 EUR, aber nicht 1.000 EUR übersteigen[1].

Die Grenze, ab der GWG besonders aufgezeichnet werden müssen,[2] ist ab 2018 von 150 EUR auf 250 EUR angehoben worden, wobei anzumerken ist, dass diese Aufzeichnungspflicht nicht gilt, wenn die Angaben aus der Buchführung ersichtlich sind[3].

Die steuerliche GWG-Betragsgrenze in § 6 Abs. 2 Satz 1 EStG soll wie erwähnt durch das Wachstumschancengesetz[4] von bislang 800 EUR auf 1.000 EUR erhöht werden. Die neue Betragsgrenze soll erstmals bei Wirtschaftsgütern anzuwenden sein, die nach dem 31.12.2023 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden (§ 52 Abs. 12 Satz 7 EStG-E).

§ 6 Abs. 2 Satz 1 EStG ist eine betriebliche Gewinnermittlungsvorschrift und gilt für sämtliche Gewinneinkünfte, und zwar auch bei Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 Satz 3 EStG). Bei Mitunternehmerschaften kann das Wahlrecht für zum Gesamthandsvermögen gehörende Wirtschaftsgüter nur einheitlich für die Gesellschaft ausgeübt werden, nicht unterschiedlich für den einzelnen Mitunternehmer[5]. Bei der Bewertungsfreiheit des § 6 Abs. 2 EStG handelt es sich rechtssystematisch um einen Anwendungsfall des § 7 EStG[6], also um eine Abschreibungsregelung (Sofortabschreibung der begünstigten Wirtschaftsgüter). § 6 Abs. 2 EStG ist keine Subventions- und Lenkungsnorm, sondern eine Vereinfachungsvorschrift, die eine "Sofortabschreibung" anstelle der an sich gebotenen Aktivierung und Aufwandsverteilung nach § 7 EStG gestattet

[7]. Das gesetzliche Bewertungswahlrecht kann für jedes einzelne Wirtschaftsgut unabhängig von den übrigen ausgeübt werden[8].

Wird das Sofortabs...

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