Abweichend von den allgemeinen Grundsätzen des § 7 Abs. 1 EStG sind abweichende Regelungen für Gebäude in § 7 Abs. 4 EStG (lineare AfA) und § 7 Abs. 5 EStG (degressive AfA) festgelegt.

Die Abschreibungssätze bzw. Nutzungsdauern für die lineare AfA von Gebäuden sind in § 7 Abs. 4 EStG vorgegeben:

  • Abs. 4 Nr. 1: 3 %, wenn es sich um ein Gebäude handelt, das zum Betriebsvermögen gehört und nicht Wohnzwecken dient und für das der Bauantrag nach dem 31.3.1985 gestellt worden ist;[1]
  • Abs. 4 Nr. 2 Buchstabe a: 3 % bei allen anderen Gebäuden, die nach dem 31.12.2022 fertiggestellt worden sind;
  • Abs. 4 Nr. 2 Buchstabe b: 2 % bei allen anderen Gebäuden, die vor dem 1.1.2023 nach dem 31.12.1924 hergestellt worden sind;
  • Abs. 4 Nr. 2 Buchstabe c: 2,5 % für Gebäude, die vor dem 1.1.1925 hergestellt worden sind.

Die jeweils anzusetzenden Abschreibungssätze (AfA-Satz) sind unabhängig von der tatsächlichen Nutzungsdauer des Gebäudes und auch unabhängig vom tatsächlichen Alter des jeweiligen Gebäudes zugrunde zu legen. Die AfA-Sätze gelten daher auch für die Abschreibung einer erworbenen (Bestands-)Immobilie. Danach beginnt die einem typisierten AfA-Satz jeweils zugrunde liegende (typisierte) Nutzungsdauer bei jedem Eigentumswechsel erneut, so dass sich für ein einzelnes Gebäude Abschreibungszeiträume ergeben können, die die maßgebende typisierte Nutzungsdauer überschreiten.[2]

Nach § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG darf die tatsächliche Nutzungsdauer zugrunde gelegt werden, sofern diese

beträgt.

Der BFH hat mit Urteil vom 28.7.2021 zugelassen, dass sich der Bilanzierende zum Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer jeder Darlegungsmethode bedienen kann, die im Einzelfall zur Führung des erforderlichen Nachweises geeignet erscheint, soweit daraus der Zeitraum, in dem das maßgebliche Gebäude voraussichtlich seiner Zweckbestimmung entsprechend genutzt werden kann, mit hinreichender Sicherheit geschätzt werden kann.[3] Dementsprechend stellt das FG Köln im Urteil vom 22.3.2022 klar, dass der Kaufmann sich zur Darlegung der verkürzten tatsächlichen Nutzungsdauer eines Gebäudes jeder Darlegungsmethode bedienen kann, die im Einzelfall zur Führung des erforderlichen Nachweises geeignet erscheint. Voraussetzung ist, dass

  • die Darlegungen des Kaufmanns Aufschluss über die maßgeblichen Determinanten – wie z. B. technischer Verschleiß, wirtschaftliche Entwertung, rechtliche Nutzungsbeschränkungen- geben, welche die Nutzungsdauer im Einzelfall beeinflussen, und
  • auf deren Grundlage der Nutzungszeitraum eines Gebäudes im Wege der Schätzung mit hinreichender Bestimmtheit ermittelt werden kann.[4]

Mit dem BMF-Schreiben vom 22.2.2023 hat die Finanzverwaltung auf das BFH-Urteil vom 28.7.2021 reagiert und die Grundsätze für die Inanspruchnahme einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer nach § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG konkretisiert, die im Folgenden in wesenlichen Grundzügen wieder gegeben werden.

Für die Bemessung der linearen Gebäude-AfA nach einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer bedarf es nach dem BMF-Schreiben vom 22.2.2023 einer konkreten Rechtfertigung aufgrund der objektiven Gegebenheiten. Entscheidend ist, ob das Gebäude vor Ablauf der sich aus § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG ergebenden typisierten Nutzungsdauer bei objektiver Betrachtung bereits technisch oder wirtschaftlich verbraucht ist.

Maßgebliche Kriterien für die Schätzung einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer:

Bei Anwendung des § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG ist die kürzere tatsächliche Nutzungsdauer unter Berücksichtigung auch ungewisser künftiger Ereignisse zu schätzen.

Die zu schätzende tatsächliche Nutzungsdauer wird durch folgende maßgebliche Determinanten einer Nutzungsdauer bestimmt:[5]

  • Technischer Verschleiß.
  • Wirtschaftliche Entwertung.
  • Rechtliche Gegebenheiten, welche die Nutzungsdauer eines Wirtschaftsguts begrenzen können.

Bei der Bestimmung der Nutzungsdauer ist nach Rn. 18 des BMF-Schreibens vom 22.2.2023 regelmäßig von der technischen Nutzungsdauer auszugehen. Dies entspricht dem Zeitraum, in dem sich das Gebäude in seiner Substanz abnutzt.

Technischer Verschleiß:

  • Nach Rn. 19 des BMF-Schreibens vom 22.2.2023 ist der Ausgangspunkt für die Beurteilung eines technischen Verschleißes die Nutzungsdauer der Tragstruktur des Bauwerks (Dachkonstruktion, tragende Innen- und Außenwände, Geschossdecken und Fundament) als Hauptbestandteil des Gebäudes.
  • Für die Annahme einer kürzeren technischen Nutzungsdauer ist es erforderlich, dass durch technischen Verschleiß der tragenden Teile das Gebäude in seiner Gesamtheit in seiner Nutzungsfähigkeit beeinträchtigt ist. Zu den tragenden Teilen gehört insbesondere die Tragstruktur des Bauwerks.
  • Für die Annahme einer kürzeren technischen Nutzungsdauer genügt es nicht, dass lediglich einzelne unselbstständige Teile des Gebäudes zur Erneuerung ode...

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