1.1.2.4.1 Nutzungsdauer selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens
Rz. 39
Durch das mit dem BilMoG eingeführte grundsätzliche Aktivierungswahlrecht für die selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens sollte der zunehmenden Bedeutung der immateriellen Vermögensgegenstände im Wirtschaftsleben Rechnung getragen werden. Innovative mittelständische Unternehmen und Unternehmen, die erst am Beginn ihrer wirtschaftlichen Entwicklung stehen, sollten so die Möglichkeit erhalten, ihre Außendarstellung zu verbessern.
Rz. 40
Nach § 253 Abs. 3 Satz 3 HGB gilt, dass wenn die voraussichtliche Nutzungsdauer eines selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstands des Anlagevermögens in Ausnahmefällen nicht verlässlich bestimmt werden kann, sind planmäßige Abschreibungen auf die Herstellungskosten über einen Zeitraum von 10 Jahren vorzunehmen.
Rz. 41
Bei immateriellen Vermögensgegenständen kann der Wert nur annähernd geschätzt werden. Beim Umlaufvermögen wird diese Unsicherheit durch den in der Regel kurzfristig nach der Herstellung erfolgten Umsatz behoben, da hierbei durch den Verkaufspreis eine wirtschaftlich anerkannte Wertfindung erfolgt.
Im Unternehmen hergestellte immaterielle Vermögensgegenstände/Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens werden im Unternehmen genutzt. Sie verbleiben eine längere Zeit nach ihrer Herstellung im Betriebsvermögen. Ihr Wert ist daher während des Verbleibs im Unternehmen unsicher und wird im Unterschied zum immateriellen Umlaufvermögen nicht zeitnah durch Umsatzgeschäfte realisiert.
Wird beim Erwerb eines immateriellen Vermögensgegenstandes ein Entgelt gezahlt, steht mit den Anschaffungskosten die Bemessungsgrundlage als Ausgangswert für die Abschreibungen fest. Es ist lediglich die Nutzungsdauer unsicher. Schafft das Unternehmen selbst einen immateriellen Vermögensgegenstand, wendet es hierbei Aufwendungen für die Forschung und für die Entwicklung auf. Bei der Fertigung eines selbst geschaffenen immateriellen Anlagegegenstandes angefallene Entwicklungsaufwendungen können als Herstellungskosten aktiviert werden (§ 255 Abs. 2a Satz 1 HGB). Ob und inwieweit die Forschungsaufwendungen zu technischer Verwertbarkeit und wirtschaftlichen Erfolgen führen, ist unsicher, daher sind Forschungskosten stets als Aufwand zu erfassen. Lassen sich die Aufwendungen für Entwicklung und Forschung nicht verlässlich unterscheiden, ist eine Aktivierung als Herstellungskosten ebenfalls ausgeschlossen (§ 255 Abs. 2a Sätze 2–4 HGB).
1.1.2.4.2 Nutzungsdauer entgeltlich erworbener Geschäfts- oder Firmenwerte
Rz. 42
Der bei der Übernahme eines Unternehmens entgeltlich erworbene Geschäfts- oder Firmenwert wird gesetzlich als zeitlich begrenzt nutzbarer Vermögensgegenstand fingiert (§ 246 Abs. 1 Satz 4 HGB). Für ihn besteht nach dem Vollständigkeitsgebot Aktivierungspflicht (§ 246 HGB). Der auf ihn nach Verteilung des Gesamtentgelts auf die einzelnen Vermögensgegenstände abzüglich der Schulden entfallende Betrag ist daher planmäßig auf die Geschäftsjahre zu verteilen, in denen dieser Vermögensgegenstand voraussichtlich genutzt werden kann (§ 253 Abs. 3 Sätze 1,2 HGB). Bei voraussichtlich dauernder Wertminderung ist er außerplanmäßig abzuschreiben (§ 253 Abs. 3 Satz 5 HGB).
Rz. 43
Die voraussichtliche Nutzungsdauer ist, bezogen auf den erworbenen Betrieb, zu schätzen. Es sind hierbei die rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten des erworbenen Unternehmens zu beachten. Die Nutzungsdauer kann im Einzelfall entsprechend der steuerrechtlich festgelegten Nutzungsdauer bei 15 Jahren liegen. Das ist aber eine steuergesetzlich fingierte Nutzungsdauer. Ein bloßer Verweis auf die steuerrechtliche Vorschrift kann daher nicht ausreichen. Es müssen vielmehr die Gründe für eine Schätzung in diesem Rahmen dargelegt werden.
Kapitalgesellschaften haben im Anhang den Zeitraum zu erläutern, über den ein entgeltlich erworbener Geschäfts- oder Firmenwert abgeschrieben wird (§ 285 Nr. 13 HGB).
Rz. 44
§ 253 Abs. 3 Satz 3 HGB findet auf einen entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwert entsprechende Anwendung (§ 253 Abs. 3 Satz 4 HGB). Bei der planmäßigen Abschreibung dieses einem Vermögensgegenstand gleichgesetzten Werts soll daher die voraussichtliche Nutzungsdauer, wenn sie in Ausnahmefällen nicht verlässlich geschätzt werden kann, mit 10 Jahren angenommen werden. Für Geschäfts- oder Firmenwerte fehlen in der Regel Vergleichswerte. In der Praxis wird daher häufig von einer 10-jährigen Nutzungsdauer auszugehen sein.