3.1 BMF-Schreiben

Im Bund/Länderbeschluss v. 19.1.2021[1] wurde unter Tz. 8 angekündigt, dass bestimmte digitale Wirtschaftsgüter rückwirkend zum 1.1.2021 sofort abgeschrieben werden können. Die Umsetzung soll "untergesetzlich"geregelt werden. Die "untergesetzliche Regelung" ist in Gestalt eines BMF-Schreibens erfolgt.[2]

Die Ausführungen des BMF-Schreibens wurden in der Literatur zum Teil unterschiedlich interpretiert. Die Finanzverwaltung hat in einem klarstellenden Schreiben[3] wohl zur Beseitigung von Missverständnissen – ihre Sichtweise präzisiert.

3.2 Softwarebegriff und Nutzungsdauer

In dem genannten BMF-Schreiben äußert sich die Finanzverwaltung u. a. zur Nutzungsdauer von Computerhardware und Software. Der Begriff "Software" im Sinne des BMF-Schreibens erfasst die Betriebs- und Anwendersoftware zur Dateneingabe und -verarbeitung. Dazu gehören auch die nicht technisch physikalischen Anwendungsprogramme eines Systems zur Datenverarbeitung, sowie neben Standardanwendungen auch auf den individuellen Nutzer abgestimmte Anwendungen wie ERP-Software, Software für Warenwirtschaftssysteme oder sonstige Anwendungssoftware zur Unternehmensverwaltung oder Prozesssteuerung.[1]

Für die nach § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG anzusetzende Nutzungsdauer "kann" für die in Rn. 5 des BMF-Schreibens näher bezeichneten immateriellen Wirtschaftsgüter "Betriebs- und Anwendersoftware" eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von einem Jahr zugrunde gelegt werden.[2]

Das BMF[3] stellt klar, dass die betroffenen Wirtschaftsgüter weiterhin § 7 Abs. 1 EStG (also der AfA) unterliegen. Die "Möglichkeit", eine kürzere betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zugrunde zu legen, stellt keine besondere Form der Abschreibung, keine neue Abschreibungsmethode und keine Sofortabschreibung dar; bei der Anwendung der kürzeren Nutzungsdauer handelt sich zudem nicht um ein Wahlrecht i. S. d. § 5 Abs. 1 EStG.

Auch bei angenommener Nutzungsdauer von einem Jahr beginnt die Abschreibung im Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung. Die Wirtschaftsgüter müssen in das nach R 5.4 EStR 2012 zu führende Bestandsverzeichnis aufgenommen werden. Der Steuerpflichtige kann von der "Annahme" der einjährigen Nutzungsdauer abweichen und andere steuerlich zulässige Abschreibungsmethoden anwenden.[4]

Es wird nicht beanstandet, wenn abweichend von § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG die Abschreibung im Jahr der Anschaffung oder Herstellung in voller Höhe vorgenommen wird.[5]

 
Praxis-Tipp

Kannbestimmung

Der Steuerpflichtige kann von der Inanspruchnahme der Abschreibungserleichterung Gebrauch machen, er ist aber nicht dazu verpflichtet. Die Finanzverwaltung[6] lässt zu, dass der Steuerpflichtige von der "Annahme" einer einjährigen Nutzungsdauer abweichen und andere steuerlich zulässige Abschreibungsmethoden anwendet.

In zahlreichen Fällen dürfte es sich (z. B. im Hinblick auf Corona-bedingte Ergebnisrückgänge) empfehlen, nicht von der "Vergünstigung" Gebrauch zu machen, sondern Computerhardware und Software innerhalb von prinzipiell 3 Jahren abzuschreiben. Auch einer Verteilung im Billigkeitswege auf 2 Jahre dürfte nichts entgegenstehen.

3.3 Anwendungsregelung

Die Grundsätze des neuen BMF-Schreibens finden erstmals Anwendung in Gewinnermittlungen für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2020 enden. In Gewinnermittlungen nach dem 31.12.2020 können die Grundsätze dieses Schreibens auch auf entsprechende Wirtschaftsgüter angewandt werden, die in früheren Wirtschaftsjahren angeschafft oder hergestellt wurden und bei denen eine andere als die einjährige Nutzungsdauer zugrunde gelegt wurde.[1] Ist also in der Bilanz zum 31.12.2020 Software als Aktivposten ausgewiesen, weil sie im Wege der AfA über die Nutzungsdauer verteilt abgeschrieben wurde, kann dieser Restbuchwert im Jahr 2021 in voller Höhe als Betriebsausgaben abgesetzt werden.

Die Regelungen des BMF-Schreibens vom 18.11.2005[2] sowie die Regelung unter 6.14.3.2 des BMF-Schreibens vom 15.12.2000[3] sind letztmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die vor dem 1.1.2021 enden.[4]

 
Wichtig

Anwendungsregelung auch bei Überschusseinkünften anwendbar

Die beschriebene Anwendungsregelung gilt für Wirtschaftsgüter des Privatvermögens...

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