Leitsatz
Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes können nach § 9c Abs. 3 Satz 3 EStG in der in den Veranlagungszeiträumen 2009 und 2010 geltenden Fassung auch bei einer im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses beschäftigten Betreuungsperson nur dann steuerrechtlich berücksichtigt werden, wenn die Zahlungen auf ein Konto der Betreuungsperson erfolgt sind.
Normenkette
§ 9c Abs. 1, Abs. 3 Satz 3 EStG
Sachverhalt
Die Kläger sind zusammen veranlagte Ehegatten, die beide berufstätig waren und Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit erzielten. Zur Betreuung ihres dreijährigen Sohnes beschäftigten sie eine Teilzeitkraft, deren monatliches Gehalt von 300 EUR gegen Quittung bar gezahlt wurde. In ihren Einkommensteuererklärungen für 2009 und 2010 beantragten sie vergeblich den Abzug von jeweils 2/3 der Aufwendungen, mithin von je 2.400 EUR.
Das Niedersächsische FG (Urteil vom 20.3.2013, 3 K 12356/12, Haufe-Index 4057472, EFG 2013, 1116) gab der Klage statt. Es entschied, das Erfordernis einer Überweisung auf das Empfängerkonto beziehe sich nur auf Dienstleistungen, für die Rechnungen erstellt werden, nicht hingegen auf geringfügige Beschäftigungsverhältnisse i.S.d. § 8a SGB IV (sog. Minijobs).
Entscheidung
Die Revision des FA führte zur Abweisung der Klage durch den BFH.
Hinweis
1. Kinderbetreuungskosten konnten bis 2005 als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden, von 2006 bis 2008 sodann entweder "wie" Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten (§ 4f, § 9 Abs. 5 EStG) oder als Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 und Nr. 8 EStG), bis 2011 gemäß § 9c EStG und seit 2012 nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG. Das Besprechungsurteil betrifft § 9c EStG, ist aber auch für die gegenwärtige Rechtslage maßgeblich, weil § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG weiterhin voraussetzt, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist.
2. Der Wortlaut des § 9c Abs. 3 Satz 3 EStG ist unmissverständlich: Der Steuerpflichtige benötigt für seine Kinderbetreuungsaufwendungen eine Rechnung und muss auf das Konto des Erbringers der Leistung gezahlt haben. Das FG hatte jedoch angenommen, dass sich diese Nachweiserfordernisse ausschließlich auf Dienstleistungen beziehen, für die Rechnungen ausgestellt werden, und nicht auf geringfügige Beschäftigungsverhältnisse (§ 8a SGB IV, sog. Minijobs). Dieses Argument ist aber nur stichhaltig, wenn man aus dem Tatbestandsmerkmal "...für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat..." folgert, dass die Betreuungsperson als Unternehmer zur Ausstellung von Rechnungen in einem dem § 14 UStG vergleichbaren Sinne befugt sein muss. Aus § 9c Abs. 1 und Abs. 3 Satz 3 EStG ergeben sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Anwendungsbereich der Regelungen auf von Unternehmern erbrachte Dienstleistungen beschränkt ist. Zudem würde selbst eine dem UStG entsprechende Auslegung des Rechnungsbegriffs keine Rückschlüsse auf das Erfordernis der Zahlungsabwicklung über das Empfängerkonto erlauben, denn eine Lohnzahlung auf das Konto eines – ggf. auch nur geringfügig beschäftigten – Arbeitnehmers ist ohne Weiteres möglich. Der BFH verweist weiter auf die Absichten des Gesetzgebers, der eine steuerliche Gleichstellung der unterschiedlichen Formen der Betreuungsangebote gewährleisten und darüber hinaus legale Beschäftigungsverhältnisse in Privathaushalten fördern und Schwarzarbeit bekämpfen wollte; Rechnung und Kontobeleg sollten der Missbrauchsvorbeugung dienen.
3. Das FG hatte für eine teleologische Reduktion der Nachweiserfordernisse des § 9c EStG außerdem ins Feld geführt, dass Aufwendungen für geringfügige Beschäftigungsverhältnisse im Rahmen des dem § 9c EStG ähnlichen § 35a Abs. 1 EStG weder unbare Zahlungen noch zusätzliche Nachweise erforderten. Dem widersprach der BFH mit umfangreichen Hinweisen auf den unterschiedlichen Anwendungsbereich, den Aufbau und den Zweck beider Vorschriften.
4. Das Urteil geht weder auf den Abzug von Sachleistungen als Kinderbetreuungskosten noch auf die Anforderungen an die "Rechnung" i.S.v. § 9c Abs. 3 Satz 3 EStG ein (z.B. Arbeitsvertrag, Gebührenbescheid).
5. Anzumerken ist, dass in der wirtschafts- und rechtspolitischen Diskussion erste Stimmen für die Abschaffung des Bargelds plädieren.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 18.12.2014 – III R 63/13