Leitsatz
1. Studiengebühren für den Besuch einer wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung (WHU) Koblenz können nicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG a.F. als Sonderausgaben geltend gemacht werden.
2. Die WHU ist weder Ersatz- noch Ergänzungsschule i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG a.F.
Normenkette
§ 10 Nr. 9 EStG, Art. 7 Abs. 4 GG, Art. 30 LV RhPf
Sachverhalt
Die Kläger machten 30 % der Studiengebühren für das Studium ihres Sohnes an der wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung in Koblenz (WHU Koblenz) geltend.
Das FA berücksichtigte diese Aufwendungen nicht; Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Im dritten Rechtsgang entschied das FG, es sei eine Genehmigung der WHU Koblenz als Ersatzschule durch die Kultusbehörden zur Anerkennung der Abzugsfähigkeit der Studiengebühren notwendig. Eine solche Genehmigung als Ersatzschule sei der WHU im Streitfall nicht erteilt worden. Die WHU könne – so das Landesministerium – nach Landesrecht nicht als Ersatzschule genehmigt werden, weil es sich bei ihr gerade nicht um eine Schule, sondern um eine Hochschule handle (FG Düsseldorf, Urteil vom 11.04.2008, 18 K 375/06 E, Haufe-Index 2015473, EFG 2008, 1199).
Entscheidung
Der BFH sah dies ebenso und wies die Revision der Kläger zurück.
Hinweis
1. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG a.F. konnten 30 % des Entgelts, das der Steuerpflichtige für ein Kind, für das er einen Kinderfreibetrag oder Kindergeld erhält, für den Besuch einer gem. Art. 7 Abs. 4 GG staatlich genehmigten oder nach Landesrecht erlaubten Ersatzschule sowie einer nach Landesrecht anerkannten allgemeinbildenden Ergänzungsschule entrichtet, abgezogen werden.
2. Mit den in § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG a.F. genannten Schulen knüpfte der Gesetzgeber erkennbar an (landes-)schulrechtliche Begriffe an, die durch Art. 7 Abs. 4 GG vorgeprägt und in den Gesetzen der Bundesländer, welche die staatliche Schulaufsicht über Schulen in freier Trägerschaft regeln, konkretisiert worden sind.
3. Ersatzschulen sind nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG Schulen, die nach dem mit ihrer Errichtung verfolgten Gesamtzweck als Ersatz für eine in dem jeweiligen Bundesland vorhandene oder grundsätzlich vorgesehene öffentliche Schule dienen sollen. Solche Ersatzschulen bedürfen nach Art. 7 Abs. 4 GG der staatlichen Genehmigung und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird.
4. Zwar folgt aus Art. 30 LV RhPf, dass neben Privatschulen auch Hochschulen in privater Trägerschaft betrieben werden können. Daraus lässt sich aber nicht der Schluss ziehen, dass jede Hochschule in privater Trägerschaft ("Ersatzhochschule") zwangsläufig auch den Status einer Ersatzschule besitzt. Die Genehmigungsfähigkeit einer Hochschule bedeutet nicht, dass jede Hochschule zugleich auch Ersatzschule ist.
5. Die WHU ist (nur) als wissenschaftliche Hochschule anerkannt und eingerichtet worden. Sie ist damit weder Ersatz- noch Ergänzungsschule.
6. Die landesrechtliche Genehmigung und Anerkennung sind bindende Grundlagenbescheide für den Abzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG a.F.
Das Jahressteuergesetz 2009 hat den Sonderausgabenabzug für Schulgeld neu geregelt, um die Regelung europarechtskonform auszugestalten (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 11.09.2007, C-76/05"Schwarz und Gootjes-Schwarz", BFH/NV Beilage 2008, 5, Haufe-Index 1801166). Nach der Neuregelung können 30 %, max. 5.000 EUR, des Schulgelds für EU/EWR-Schulen geltend gemacht werden, die sich in freier Trägerschaft befinden oder überwiegend privat finanziert werden. Weitere Voraussetzung ist, dass die Schule zu einem im Inland anerkannten bzw. als gleichwertig anerkannten Schuljahrgangs- oder Berufsabschluss führt oder ordnungsgemäß darauf vorbereitet. Diese Voraussetzung erfüllt eine private Hochschule m.E. nicht, sodass auch in Zukunft ein Abzug der Studiengebühren für die WHU nicht möglich sein dürfte.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 29.04.2009 – X R 30/08