Leitsatz
Auch wenn die Voraussetzungen für die Abzweigung von Kindergeld für ein vollstationär untergebrachtes volljähriges behindertes Kind an den Sozialleistungsträger vorliegen, ist die Entscheidung der Familienkasse, das Kindergeld in voller Höhe beim Kindergeldberechtigten zu belassen, ermessensgerecht, wenn dieser aufgrund Leistungsunfähigkeit nicht zur Leistung des Kostenbeitrags an den Sozialleistungsträger herangezogen wird, aber Betreuungsunterhalt in Form der Haushaltsaufnahme an Wochenenden und in den Ferien sowie im Urlaub leistet.
Sachverhalt
Der Sachverhalt entspricht im Wesentlichen dem in der Kommentierung zu dem im Thüringer FG, Urteil v. 13.2.2008, 3 K 177/07, geschilderten Sachverhalt. Abweichend von diesem Sachverhalt hat die Kindesmutter im Streitfall keine Geldleistungen als Unterhaltsleistungen erbracht
Entscheidung
Nach Auffassung des FG ist die Entscheidung, das Kindergeld voll an die Kindesmutter auszuzahlen nicht ermessensfehlerhaft (zur weiteren Begründung s. a. Kommentierung zum Thüringer FG, Urteil v. 13.2.2008, 3 K 177/07). Da das Kindergeld die Eltern wegen ihrer Unterhaltsleistungen steuerlich entlasten soll, sind bei der Ermessensentscheidung, ob und inwieweit das Kindergeld abzuzweigen ist, entgegen der Auffassung der Klägerin auch geringe Unterhalts- und Betreuungsleistungen des Kindergeldberechtigten mit einzubeziehen. Der Zweck des Kindergeldes, eine steuerliche Entlastung von Eltern wegen ihrer Unterhaltsleistungen zu bewirken, lässt es nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH, Urteil vom 17.11.2004, VIII R 30/04) nicht als ermessensfehlerhaft erscheinen, selbst geringe regelmäßige Unterhaltszahlungen des Kindergeldberechtigten bei der Bestimmung der Höhe des abzuzweigenden Kindergeldes zu berücksichtigen. Eine Abzweigung ist nach dieser Rechtsprechung nicht zulässig, wenn die Unterhaltspflicht der Höhe nach dem Kindergeld entspricht oder höher ist. Erreichen die Unterhaltsleistungen einschließlich der Sach- und Betreuungsleistungen mindestens die Höhe des Kindergeldes, ist das Ermessen allerdings dahingehend eingeschränkt, dass eine Abzweigung an den Sozialhilfeträger nicht mehr erfolgen darf. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Kindergeldberechtigte vom Sozialleistungsträger für bestimmte Aufwendungen Kostenersatz beantragen kann.
Hinweis
Siehe auch den Hinweis zum Thüringer FG, Urteil v. 13.2.2008, 3 K 177/07. Zu der gleichen Rechtsproblematik sind beim BFH unter den Az.: III R 6/07, III R 20/07, III R 36/07, III R 37/07, III R 38/07, III R 39/07 bereits mehrere Revisionsverfahren anhängig.
Link zur Entscheidung
Thüringer FG, Urteil vom 13.02.2008, 3 K 178/07