1.1 Controlling und Controller in den verschiedenen Unternehmensphasen
Aufgaben des Controllings stehen in starker Abhängigkeit zur Unternehmensphase
Das klassische Controlling in frühen Start-up-Phasen wird sehr stark durch die Reporting-Bedürfnisse externer Investoren geprägt. Die Risikokapitalgeber erwarten mindestens im monatlichen Rhythmus entsprechendausgearbeitete Berichte, die üblicherweise auf Rechnungswesendaten aufbauen und ggf. noch um operative KPIs ergänzt werden. Auch werden auf Anforderung hin Rentabilitätsberechnungen sowie Zuarbeiten für das Monatsreporting (Rückstellungen u. Ä.) durchgeführt – repetitive Aufgaben stellen einen Großteil der Aufgaben dar.
Controlling wächst mit dem Unternehmen
Nachdem Start-ups eine relevante Umsatzgröße (in etwa ab 15 Mio. EUR p. a., jedoch branchenabhängig) erreicht haben sowie der Umfang der Datenerhebung weiter ansteigt, wird das klassische Controlling um das Aufgabenfeld Analytics erweitert. Mit diesem für das Unternehmen essenziellen Bereich, dem Aufsetzen, der Optimierung und Nutzung des Datenbestands, ändern sich die Aufgaben des Bereichs Controlling ganz massiv:
- Das Reporting gegenüber internen Stakeholdern wird oftmals angepasst. Operative KPIs rücken in den Vordergrund. Das Management fordert – für eine schnelle Umsetzbarkeit von Maßnahmen, bspw. Änderungen an einer Website – eine Informationsbereitstellung in kürzester Zeit. Dies kann dazu führen, dass Entscheider Informationen im Near- oder Real-Time-Bereich einfordern – eine neue Herausforderung für das Controlling.
- Interne Stakeholder gehen verstärkt dazu über, das Controlling als zentrale Informationsbereitstellungseinheit anzufragen. Insbesondere Ad-hoc-Analysen nehmen einen immer stärker wachsenden Anteil der Ressourcen des Controllings ein. Dabei geht es üblicherweise darum, aus dem Data Warehouse Informationen für die zeitnahe Entscheidungsfindung zur Verfügung zu stellen.
Analytics spielt innerhalb von jungen Unternehmen eine deutlich größere Rolle als das ursprüngliche "klassische" Controlling. Dies ist insbesondere dadurch begründet, dass Start-ups sehr agil agieren und Entscheidungen oftmals sehr kurzfristig getroffen werden (müssen). Die Analytics-Methodiken können zu einer schnellen Entscheidungsfindung beitragen.
1.2 Wandel der Mitarbeiterprofile in den Unternehmensphasen
Technik und Statistik statt Bilanzrecht
Das Anforderungsprofil wandelt sich entsprechend: Ist in frühen Phasen ein Mitarbeiter gefragt, der stark finanzorientiert geprägt ist und sich durchaus auch für wiederholende Aufgaben begeistern kann, sind in späteren Phasen insbesondere Mitarbeiter mit überwiegend technischen und statistischen Kenntnissen gefragt. Daneben sollten aber auch erweiterte Kenntnisse in der Nutzung von Excel und insbesondere Datenbankabfragen wie SQL vorhanden sein, um Auswertungen für Fachabteilungen durchführen zu können. Die so erhobenen Daten sollten mit grundlegenden statistischen Kenntnissen ausgewertet werden können – wobei hier noch keine mathematisch komplexen Verfahren Anwendung finden müssen. Oftmals wird unterschätzt, dass auch die Aufbereitung und Präsentation von Analyseergebnissen wichtiger wird – die Ergebnisse der Daten sind nicht immer sofort selbsterklärend.
Controller wird zum Business Partner
In einer fortgeschritteneren Phase – meist nachdem sich Analytics im Controlling etabliert hat – erweitert sich das Aufgabenspektrum des Controllers. Er agiert als "Business Partner" für das Management sowie die Fachabteilungen. Damit steigen die Kompetenzanforderungen im alltäglichen Geschäft, u. a. werden tiefere IT- und Statistikkenntnisse benötigt. Die erweiterten Auswertungsmethoden erhöhen die Komplexität von Berichten. Deshalb ist es nicht mehr ausreichend, die Auswertungen an das Management "zu senden" oder auf Aufforderung hin Analysen durchzuführen; stattdessen wertet der "Business Partner", auf Basis seines Verständnisses für das Geschäft, autonom Vorgänge aus und diskutiert diese mit internen Stakeholdern und dem Management hinsichtlich der Optimierung von Prozessen. Diese selbstständige Ableitung von Handlungsempfehlungen erfordert zusätzlich ein tiefergehendes Verständnis für die Geschäftsmodelle.
Dabei ist es schlussendlich das Ziel des Controllers, nicht mehr nur Datenlieferant zu sein, sondern aktiv das Unternehmen auf Basis der Daten voranzubringen, bspw. durch Impulse zur Weiterentwicklung. Der "Business Partner" sollte sowohl mathematisch-/informationstechnische Fähigkeiten vorweisen, insbesondere aber ein Verständnis für das Business sowie Kommunikationsstärke mitbringen – ein Personenprofil, das heutzutage noch eher selten anzutreffen ist.