Leitsatz
Eine bestandskräftige Steuerfestsetzung ist nicht allein auf Grund einer Entscheidung des EuGH änderbar.
Sachverhalt
Die Kläger machten in den Jahren 1992 bis 1999 Schulgeldzahlungen für eine Privatschule in Großbritannien als Sonderausgaben geltend. Diese Geltendmachung wurde vom Finanzamt abgelehnt. Einspruchs- und Klageverfahren blieben ohne Erfolg, da die Rechtslage einen Sonderausgabenabzug nur bei einem Schulbesuch in Deutschland vorsah. Mit Urteil vom 11.9.2007 urteilte dann der EuGH, es verstoße gegen den EG-Vertrag, wenn Schuldgeldzahlungen bei einem Besuch einer ausländischen Privatschule nicht anerkannt würden. Hierauf stellten die Kläger erneut einen Antrag auf Änderung der Steuerfestsetzungen. Aufgrund des EuGH-Urteils bestehe eine Pflicht zu Änderung. Das Finanzamt lehnte den Antrag ebenso wie den anschließenden Einspruch ab. Es sei hier keine steuerliche Änderungsnorm einschlägig. Die Festsetzungsfrist sei abgelaufen und sogar Verjährung eingetreten. Im Klageverfahren wiederholte der Kläger sein Vorbringen. Nach Art. 10 des EG-Vertrags bestehe eine Pflicht zur Änderung der Steuerfestsetzung. In jedem Fall würde sich eine Änderungspflicht aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ergeben.
Entscheidung
Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet ab. Zwar sei es zutreffend, dass der EuGH entschieden habe, dass Schuldgeldzahlungen auch bei einem ausländischen Schulbesuch anzuerkennen seien. Der EuGH habe aber in anderer Sache entschieden, dass eine bestandskräftige Entscheidung nicht in jedem Fall zu korrigieren sei. Voraussetzung sei nämlich, dass nach nationalem Recht eine Änderungsmöglichkeit bestehe. Dies sei hier nicht der Fall, da §§ 172 ff. AO hier keine Änderung ermöglichten.
Hinweis
Der Entscheidung ist zuzustimmen, auch wenn dies für einen Steuerpflichtigen, der sich nach einem jahrelangen verlorenen Kampf um die Anerkennung einer steuerliche Abzugsmöglichkeit vom EuGH bestätigt sieht, nur schwer zu verstehen sein wird. Es handelt sich bei dem Urteil um eine konsequente Fortführung der Rechtsprechung des BFH v. 23.11.2006 (V R 67/05, BStBl 2007 II S. 436). Demnach ist auch bei einer Entscheidung des EuGH stets zu prüfen, ob im jeweiligen Einzelfall eine Änderungsnorm nach nationalem Recht gegeben ist. Dies wiederum entspricht der Rechtsprechung des EuGH (Urteil v. 13.1.2004, Rs. C-453/00, HFR 2004 S. 488, und EuGH v. 17.2.2008, Rs. C-2/06, HFR 2008 S. 521). Nach nationalem deutschen Recht bestand hier aber keine Änderungsmöglichkeit, da die Voraussetzungen der §§ 172 ff. AO sämtlich nicht erfüllt waren.
Das Verfahren ist rechtkräftig. Die Nichtzulassungsbeschwerde wurde durch den BFH am 9.6.2010 (Az. X B 41/10) zurückgewiesen.
Link zur Entscheidung
FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.01.2010, 1 K 1285/08