Leitsatz

Anders als Garagen von Ein- oder Zweifamilienhäusern sind Garagen, die auf dem Gelände eines großen Mietwohnungskomplexes nachträglich errichtet werden, jedenfalls dann als selbstständige Wirtschaftsgüter gesondert abzuschreiben, wenn ihre Errichtung nicht Bestandteil der Baugenehmigung für das Mietwohngebäude war und kein enger Zusammenhang zwischen der Nutzung der Wohnungen und der Garagen besteht, weil die Zahl der Garagen hinter der Zahl der Wohnungen deutlich zurückbleibt und die Garagen zum Teil an Dritte vermietet sind.

 

Normenkette

§ 7 Abs. 5 EStG

 

Sachverhalt

Die Eigentümerin von Mietwohngrundstücken mit Mehrfamilienhäusern errichtete im Streitjahr 1995 auf den Grundstücken insgesamt 15 neue Garagen. Die Zahl der neu errichteten und der zuvor bereits vorhandenen Garagen unterschreitet bei jedem der Grundstücke deutlich die Zahl der Wohnungen. Von den Garagen sind einige auch an Nichtmieter von Wohnungen der Eigentümerin vermietet.

Die Eigentümerin beantragte in ihrer Steuererklärung für das Streitjahr, die AfA hinsichtlich der neu errichteten Garagen gesondert vom Gebäude nach § 7 Abs. 5 EStG mit 5 % der Herstellungskosten anzusetzen; das FA berücksichtigte die entsprechenden Aufwendungen dagegen lediglich als nachträgliche Anschaffungskosten der Mehrfamilienhäuser. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Dagegen richtet sich die Revision der Eigentümerin.

 

Entscheidung

Entgegen der Ansicht des FA und des FG handelt es sich – so der BFH – bei den Garagen um ein gegenüber den Mietwohnhäusern selbstständig abschreibbares "Gebäude". Der insoweit entstandene Herstellungsaufwand betreffe infolgedessen nur die Garagen als selbstständige Gebäude und könne deshalb ebenso wie Aufwand für Garagen auf gemischt genutzten Grundstücken (vgl. Nolde in H/H/R § 7 EStG Anm. 397 Stichwort "Garagen", m.w.N.), Hof- und Platzbefestigungen sowie Befestigungen für Stellplätze von Betriebsgrundstücken nach § 7 EStG – gesondert – abgeschrieben werden.

 

Hinweis

1. Gem. § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG i.d.F. für das Streitjahr kann der Bauherr für ein Gebäude AfA in fallenden Jahresbeträgen geltend machen, wenn es aufgrund eines vor dem 1.1.1995 gestellten Bauantrags hergestellt worden ist. Nach § 7 Abs. 1 EStG ist Gegenstand der AfA das abnutzbare Wirtschaftsgut im Ganzen. Getrennt – ohne bautechnische Verbindung – auf einem Grundstück stehende Baulichkeiten sind grundsätzlich gesonderte Wirtschaftsgüter; AfA von unselbstständigen Teilen des Gebäudes sind dagegen unzulässig, sofern es sich nicht um gesetzlich ausdrücklich zugelassene Sonderabschreibungen handelt.

Verschiedene Nutzungs- und Funktionszusammenhänge können zwar dazu führen, Teile eines Gebäudes als verschiedene Wirtschaftsgüter aufzufassen (BFH, Urteil vom 26.11.1973, GrS 5/71, BStBl II 1974, 132). Ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang ist jedoch regelmäßig nicht geeignet, mehrere getrennt stehende Baulichkeiten zu einem Wirtschaftsgut zusammenzufassen Nur für Baulichkeiten oder sonstige Einrichtungen, die trotz fehlender baulicher Verbindung einem auf demselben Grundstück befindlichen Hauptgebäude derart dienen, dass dieses ohne die Einrichtung als unvollständig erscheint, hat die Rechtsprechung die Selbstständigkeit dieser dienenden Baulichkeiten oder sonstigen Einrichtungen verneint. Danach stehen insbesondere Garagen in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit Ein- oder Zweifamilienhäusern: Diese seien nach heutigen Wohnvorstellungen ohne Garage oder Stellplatz unvollständig (BFH, Urteil vom 2.6.1999, X R 16/96, BStBl II 1999, 596).

2. Stehen Garagen jedoch – wie im Streitfall – im Zusammenhang mit großen Mietwohnungskomplexen, ohne dass ihre Errichtung Gegenstand der Baugenehmigungen für die Wohnungen war, kann nach Auffassung des BFH nicht von vornherein von einem vergleichbaren untrennbaren Nutzungs- und Funktionszusammenhang ausgegangen werden. Vielmehr ist es für Mehrfamilienhäuser in Ballungsräumen typisch, dass die Zahl verfügbarer Garagen hinter der der Wohnungen erheblich zurückbleibt und häufig die Garagen – wie auch im Streitfall – nicht ausschließlich zur Vermietung an Mieter, sondern an Dritte bestimmt sind (a.A. FG Köln, Urteil vom 14.7.2000, 15 K 2702/94, EFG 2000, 990).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 22.9.2005, IX R 26/04

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