Tenor
wird der Antrag der Gläubigerin auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin mangels Masse abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Schuldnerin.
Die am … angeordneten Sicherungsmaßnahmen werden aufgehoben.
Gegenstandswert (§ 37 GKG): EUR 0,–
Gründe
Die Entscheidung beruht auf § 26 Abs. 1 InsO. Nach den Feststellungen des Gerichts liegt bei der Schuldnerin zwar ein Eröffnungsgrund vor, doch wird das schuldnerische Vermögen voraussichtlich nicht ausreichen, um nach der Eröffnung die Kosten des Insolvenzverfahrens (§ 54 InsO) zu decken.
Dies ergibt sich insbesondere aus dem schriftlichen Gutachten der vom Gericht beauftragten Sachverständigen RA Dr. … vom 24.04.2003.
I.
Die Schuldnerin wurde im Juli 1999 in England in der Rechtsform einer englischen Limited gegründet. Die Gründung wurde durch eine englische Vermittlungsfirma vorgenommen. Ausweislich des vorliegenden Gesellschaftsvertrages existierten insgesamt zwei Gesellschaftsanteile, die beide von englischen Limiteds gehalten wurden. Das Stammkapital der Schuldnerin beträgt GBP 100,00. Sie ist im Handelregister Cardiff eingetragen. Eine Eintragung in das deutsche Handelsregister wurde nicht vorgenommen. Die Schuldnerin wurde am 16.10.01 aufgelöst. Der ehemalige Geschäftsführer ist offensichtlich untergetaucht. Geschäftsunterlagen liegen nicht vor. Sämtliche Erkenntnisse des Gerichts beruhen auf amtswegigen Ermittlungen (§ 5 InsO) insbesondere bei der antragstellenden Krankenkasse, dem zuständigen Finanzamt, einer ehemaligen Angestellten der Schuldnerin sowie Akten der Staatsanwaltschaft und des Handelsregisters Cardiff. Die Ermittlungen haben folgendes Bild ergeben:
Die Schuldnerin war – soweit ersichtlich – ausschließlich auf dem deutschen Markt tätig. Sie produzierte in Hamburg sogenannte Doppelböden. Dabei teilte sie ihr Betriebsgrundstück mit der B-GmbH, die auf dem selben Geschäftsgebiet wie die Schuldnerin tätig war. Die B-GmbH wurde offiziell von der Ehefrau des Geschäftsführers der Schuldnerin betrieben. Nach den Erkenntnissen des Gerichts leitete der Geschäftsführer aber faktisch beide Unternehmen. Nach der Schilderung einer ehemaligen Angestellten der Schuldnerin waren die Geschäftsbetriebe der Schuldnerin und der B-GmbH untrennbar miteinander verknüpft. Das Geschäftskonzept der beiden Unternehmen beruhte offenbar im wesentlichen darauf, dass die B-GmbH stets als Vertragspartnerin für alle eingehenden Aufträge auftrat, die Schuldnerin hingegen den Materialeinkauf tätigte und die Mehrzahl der Arbeitnehmer beschäftigte. Im Ergebnis wurde so bewirkt, dass nahezu sämtliche Einnahmen der B-GmbH zustanden, während die Schuldnerin alleine für die Mehrzahl der offenen Rechnungen haftete. Über das Vermögen der B-GmbH ist mittlerweile das Insolvenzverfahren eröffnet worden.
II.
1. Das Amtsgericht Hamburg – Insolvenzgericht – ist örtlich zuständig. Für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind gemäß Art. 3 Abs. 1 EuInsVO die Gerichte des Mitgliedsstaates zuständig, in dessen Gebiet der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen hat. Dies sind hier die deutschen Gerichte, da sowohl die Geschäfts- als auch die Verwaltungstätigkeit der Schuldnerin ausschließlich in Deutschland stattfand. Der angebliche Sitz der Schuldnerin in England ist somit ersichtlich ein reiner „Briefkasten”. Örtlich zuständig ist nach den allgemeinen Regeln (§ 3 InsO) das Amtsgericht Hamburg.
2. Es ist deutsches Insolvenzrecht anzuwenden, Art. 4 Abs. 1 EuInsVO. Danach gilt für das Insolvenzverfahren und seine Wirkung das Insolvenzrecht des Mitgliedsstaates, in dem das Verfahren eröffnet wird, sofern die EuInsVO nichts anderes bestimmt. Nach dem Vorstehenden sind somit für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Voraussetzungen der §§ 16 – 19 InsO maßgeblich. Zur Bestimmung, welche Eröffnungsvoraussetzungen im einzelnen einschlägig sind, ist zunächst die Frage zu beantworten, welcher rechtliche Charakter der Schuldnerin innerhalb des deutschen Insolvenzverfahrens zuzumessen ist. Dies hängt davon ab, welches Gesellschaftsrecht auf die Schuldnerin anzuwenden ist. Diese Frage ist nach den Grundsätzen des deutschen internationalen Gesellschaftsrechts zu beantworten.
Das deutsche internationale Gesellschaftsrecht geht bislang von der sog. Sitztheorie aus (BGHZ 97, 269, 271; 51, 27, 28; BGH ZIP 2002, 1763, 2039). Danach ist auf Gesellschaften das Recht anzuwenden, das am Ort des tatsächlichen Verwaltungssitzes gilt. Bei dem Sitz der Hauptverwaltung muss es sich um denjenigen Ort handeln, an dem die Verwaltung tatsächlich geführt wird. Nach der Sitztheorie wäre damit deutsches Recht anzuwenden und die Frage nach der Rechtsform der Schuldnerin nach den Grundsätzen des deutschen Gesellschaftsrechts zu beurteilen. Eine englische Limited erfüllt nicht die nach deutschem Recht erforderlichen Gründungsvorschriften einer GmbH. In der Vergangenheit wurde als Folge der Missachtung der nach deutschem Recht erforderlichen Gründungsvorschriften eine ausländische...