Carl Braun, Teresa Isabel Leßmann
Zusammenfassung
Es gibt elementare Unterschiede zwischen traditionellen und agilen Organisationsformen. Sämtliche Organisationsformen – auch agile – haben Vor- und Nachteile. Agile Methoden können helfen, bestimmte Prozesse im Finanzbereich effizienter und/oder effektiver zu gestalten. Dies kann zu Qualitätsgewinnen und Kosteneinsparungen führen .
Agile Prinzipien, Werte und Leitsätze führen zu einer Befähigung der Mitarbeiter und können Loyalität und Engagement steigern. Nicht alle Mitarbeiter einer Organisation werden das agile Mindset verinnerlichen, für die Mitarbeiter, die flexible Strukturen mit mehr Eigenverantwortung vorziehen, ergeben sich neue Perspektiven.
Für den Finanzbereich eignet sich am ehesten die strukturierte Agilität bzw. die Alltagsagilität. Einige Aufgaben im Finanzbereich wie z. B. das Monatsreporting oder Legalabschlüsse benötigen fixen Leitlinien, Regeln und zeitlichen Vorgaben. Bei anderen Aufgaben stehen Flexibilität und Kundenzentriertheit im Vordergrund wie z. B. bei der Szenariomodellierung oder dem Ad-Hoc Reporting im Business Partnering. Mit Alltagsagilität können erstgenannte Prozesse weiterhin innerhalb stabiler, klassischer Strukturen abgewickelt werden, während für letztgenannte Aufgaben mit agile Methoden und Prozesse geeignet sind.
Ein Praxisbeispiel der Alfred Kärcher SE & Co. KG gibt einen guten Überblick, wie agile Organisationsformen in der Praxis gut umgesetzt werden können.
1 Agile Organisationsformen und Methoden im Finanzbereich
1.1 Traditionelle versus agile Organisation
Agilität bedeutet die schnelle Anpassungsfähigkeit einer Organisation in Bezug auf Strategie, Führung und Kultur. Während in klassischen Organisationen häufig Top- Down-Hierarchien, Bürokratie und Abteilungen als Silos zu finden sind, zeichnet eine agile Organisation Flexibilität in den Ressourcen aus. Dabei steht besonders die Teamgestaltung im Vordergrund, die sich mit dem primären Ziel beschäftigt, fachlich gemischte Teams mit einer End to End-Prozessverantwortung zu bilden. Detaillierte und starre Vorgaben gibt es dabei nicht – es steht das eigenständige Handeln zur Umsetzung der Aufgaben und Ziele der Organisation im Fokus (vgl. Abb. 1).
Erreicht wird die Transformation von einer klassischen in eine agile Organisation durch eine offene Kommunikation und der Definition von Initiativen.
Abb. 1: Klassische vs. agile Organisation
Die agile Organisation fordert von den Teammitgliedern ein neues Mindset. Interdisziplinäre Strukturen verlangen Öffnung und Flexibilität, um neue Wertschöpfungsnetzwerke zu erkennen und zu festigen. Durch Rückkopplungsschleifen wird eine kontinuierliche Anpassung des Vorgehens erreicht, wobei der Fokus auf die Kundenzentrierung trotz Komplexität gewahrt werden muss. Die Teams müssen in der Lage sein, Verantwortung zu übernehmen und sich selbst zu organisieren, indem sie schnelle Entscheidungen treffen, Autorität verteilen und ihre Mitglieder weiterentwickeln.
Dabei spielt auch eine anerkannte Feedback- und Fehlerkultur eine Rolle. Vertrauen sollte vor Kontrolle kommen und der Sinn in der eigenen Arbeit erkannt werden. Dies stärkt auch die Loyalität innerhalb der Teams und führt zu einem starken Engagement, was sich in einer Qualitätssteigerung in der Aufgabenbewältigung widerspiegelt.
Die Rollen, die sich innerhalb der agilen Teams ergeben, sind geprägt durch ein empirisches Management. Dieses zeigt sich in einem ständigen Kreislauf, in dem sich die agilen Prinzipien als Werte und Leitsätze z. B. im Einzelnen in den Aspekten Fokus, Mut, Respekt, Commitment und Offenheit weiterentwickeln und dadurch die Wirkung des empirischen Managements wiederum verstärken (vgl. Abb. 2).
Abb. 2: Agiles Mindset
1.2 Stufen agiler Organisationen
Zwischen der traditionellen und der ganzheitlich agilen Organisation gibt es verschiedene Zwischenstufen der Agilität.
- Die Projektagilität zeichnet sich durch agile Teamstrukturen aus, die innerhalb einer klassischen Hierarchie interdisziplinär an einem Projekt zusammenarbeiten. Hier wird von der klassischen Linie abgewichen, es gibt jedoch weiterhin Vorgaben und Richtlinien aus der Hierarchie. Dabei können Arbeitsaufgaben auch an Mitarbeitende gegeben werden, die nicht im agilen Team arbeiten.
- Die Alltagsagilität beschreibt eher einen Zustand als eine Organisationsform. Hier gehen einzelne Akteure in der Hierarchie agil vor, ohne sich jedoch dauerhaft in einem agilen Arbeitsumfeld zu bewegen. Es finden auch innerhalb der Linien Projektteams agil zueinander, sie bleiben aber in Summe ihrer Position treu und werden weiterhin Top-down gesteuert.
- In der ganzheitlichen Agilität ist das gesamte Unternehmen netzwerkartig aufgebaut, die klassische Linie mit einem Top-down-Management entfällt komplett. Es herrscht eine ausgeprägte Orientierung am Sinn und Zweck der Aufgaben und Ziele des Unternehmens, die durch schnelle Entscheidungszyklen in flexiblen Teams aus allen Unternehmensbereichen erreicht werden sollen (vgl. Abb. 3).
Abb. 3: Stufen agiler Organisation
1.3 Rollenanforderungen in agilen Teamstrukturen im Controlling
Das Ziel eines agilen Controllings sollte sein, die Gesamtausrichtun...