Im Gegensatz zum Verwaltungsverfahren gibt es für das finanzgerichtliche Klageverfahren in § 78 FGO ein ausdrücklich normiertes Recht auf Akteneinsicht der Beteiligten. Insbesondere deshalb, weil ein solches Recht zuvor nicht besteht, ist das Akteneinsichtsrecht in diesem Stadium von besonderer Bedeutung. Eine Verweigerung der Akteneinsicht durch das Finanzgericht stellt deshalb einen schweren Verfahrensfehler dar, der einen Revisionsgrund nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO darstellen kann. Trotzdem besteht keine Verpflichtung des Finanzgerichts, auf das Akteineinsichtsrecht hinzuweisen. Allerdings muss das Gericht die Beteiligten über die Beiziehung von Akten informieren, damit diese von ihrem Einsichtsrecht Gebrauch machen können. Hierbei kann es zulässig sein, die Akteneinsicht auch erst am Tag der mündlichen Verhandlung zu gewähren.
Berechtigt, das Recht auf Akteneinsicht auszuüben, sind die am Finanzgerichtsverfahren beteiligten Personen sowie deren Prozessbevollmächtigte. Beteiligte sind nach § 57 FGO der Beklagte, der Kläger, die dem Verfahren beigetretene Behörde sowie ein Beigeladener. Letzterer hat allerdings ein Einsichtsrecht nur, soweit sein Informationsbedürfnis reicht. In einem Beschwerdeverfahren gegen die Beiladung ist die Akteneinsicht ebenfalls beschränkt.
Inhaltlich umfasst das Einsichtsrecht beim Finanzgericht grundsätzlich alle Akten, die Bestandteil des jeweiligen Gerichtsverfahrens sind, also neben den allgemeinen Akten der Finanzbehörde auch die Arbeitsakten des Betriebsprüfers. Dies ist allerdings in der Literatur nicht ganz unumstritten. Dort wird teilweise die Ansicht vertreten, diese Akten seien wie Entwürfe anzusehen und deshalb nicht von der Vorlagepflicht erfasst. Der Anspruch besteht auch nur auf die Akten, die dem Finanzgericht vorliegen, nicht auf die Akten, die das Gericht nicht beigezogen hat. Auch sind gerichtsinterne Vorgänge, insbesondere gerichtsinterner Schriftverkehr nicht vom Akteneinsichtsrecht umfasst. Wird die Fertigung und Überlassung der Kopien des vollständigen Akteninhalts begehrt, ist darzulegen, weshalb dies die Prozessführung erleichtert. Führt das Gericht elektronische Akten, erstreckt sich das Einsichtsrecht auch auf diese.
Seit 1.1.2018 gibt es zur Akteneinsicht bei Führung elektronischer Akten beim Finanzgericht in § 78 Abs. 2 FGO eine ausdrückliche gesetzliche Regelung. Verpflichtet, elektronische Akten zu führen, sind die Finanzgerichte allerdings erst ab 2026. Derzeit ist die Regelung (noch) von untergeordneter Bedeutung.
Eine weitere Grenze für das Einsichtsrecht nach § 78 FGO ist durch das Steuergeheimnis gegeben. Die Belange Dritter sind auch im Rahmen des § 78 FGO geschützt. Dies bedeutet, dass grundsätzlich von dem Gericht nur die streiterheblichen Teile der Akte vorgelegt werden sollen, damit diese eingesehen werden können.
Fraglos ist es zulässig, dass das Recht auf Akteneinsicht auch das Recht beinhaltet, Abschriften und Kopien von den Akten zu machen. Dies ist unproblematisch, solange dies auf der Geschäftsstelle des Gerichts geschieht. Nicht ganz unumstritten ist indes die Übersendung der Akten an den Steuerpflichtigen oder seinen Bevollmächtigten. Das FG Berlin hat in einer Entscheidung aus dem Jahr 1976 eine Übersendung sogar für unzulässig angesehen. Demgegenüber stellt der BFH zutreffender Weise die Übersendung in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts. Dies verletzt auch keine Grundrechte.
Wird die Akteneinsicht verweigert, kann der Beteiligten hiergegen Beschwerde nach § 128 FGO einlegen. Ein eigenes Beschwerderecht hat dabei der Bevollmächtigte des betroffenen Beteiligten, dessen Antrag auf Übersendung an sein Büro abgelehnt wird, da er von der Gerichtsentscheidung unmittelbar betroffen ist.
Ist ersichtlich, dass der Kläger selbst im Besitz der relevanten Unterlagen gewesen ist, kann in einem etwaigen Revisionsverfahren die Akteneinsicht nicht geltend gemacht werden.