BMF, Schreiben v. 13.11.1998, IV D 1 - S 7270 - 19/98, BStBl I 1998, 1472

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt bei der Umsatzbesteuerung der Bauwirtschaft das als Anlage beigefügte Merkblatt.

 

Anlage (Stand: November 1998):

I. Vorbemerkung

Das Merkblatt ergeht im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder. Es soll Unternehmer über die wichtigsten Grundsätze der Umsatzbesteuerung von Bauleistungen unterrichten. In erster Linie ist es für Bauunternehmer bestimmt.

II. Begriffsbestimmungen

1. Werklieferungen und Werkleistungen

Den in der Bauwirtschaft erbrachten Bauleistungen liegen in der Regel Werkverträge oder Werklieferungsverträge i.S. des bürgerlichen Rechts zugrunde. Auch das Umsatzsteuerrecht unterscheidet zwischen Werklieferungen und Werkleistungen.

Eine Werklieferung liegt vor, wenn der Unternehmer ein bestelltes Werk unter Verwendung eines oder mehrerer von ihm selbst beschaffter Hauptstoffe erstellt § 3 Abs. 4 UStG).

Eine Werkleistung liegt vor, wenn für eine Leistung kein Hauptstoff verwendet wird (z.B. Aushub einer Baugrube, Erdbewegungen) oder wenn die benötigten Hauptstoffe vom Auftraggeber gestellt werden. Die Verwendung von Nebenstoffen des Auftragnehmers hat auf die Beurteilung keinen Einfluß.

2. Teilleistungen

Wie Werklieferungen bzw. Werkleistungen werden im Umsatzsteuerrecht auch Teile einer Leistung behandelt, für die das Entgelt gesondert vereinbart und abgerechnet wird (Teilleistungen; § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Sätze 2 und3 UStG undAbschn. 180 UStR). Voraussetzung ist, daß die Leistung nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise teilbar ist und daß sie nicht als Ganzes, sondern in Teilen geschuldet und bewirkt wird.

Beispiel 1:

Ein Unternehmer ist beauftragt worden, mehrere Wohnhäuser schlüsselfertig zu stellen. Für die einzelnen Häuser sind Pauschalpreise vereinbart worden. Jedes einzelne Haus wird gesondert abgenommen und getrennt abgerechnet. Die Lieferung jedes einzelnen Hauses ist eine Teilleistung i.S. des Umsatzsteuerrechts.

Eine Teilung ist z.B. auch bei Erdarbeiten, Außenputzarbeiten, Zimmererarbeiten und Dachdeckerarbeiten nach Häusern oder Blöcken, bei Innenputz- und Malerarbeiten nach Geschossen oder Wohnungen und bei Tischler- und Glaserarbeiten nach einzelnen Stücken möglich.

III. Entstehung der Steuer

1. Sollversteuerung

Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG entsteht die Steuer bei Berechnung nach vereinbarten Entgelten (Sollversteuerung) mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Werklieferung oder Werkleistung ausgeführt worden ist.

a) Werklieferungen

Eine Werklieferung ist ausgeführt, sobald dem Auftraggeber die Verfügungsmacht am erstellten Werk verschafft worden ist. Verschaffung der Verfügungsmacht bedeutet, den Auftraggeber zu befähigen, im eigenen Namen über das auftragsgemäß fertiggestellte Werk zu verfügen. In der Regel setzt die Verschaffung der Verfügungsmacht die Übergabe und Abnahme des fertiggestellten Werks voraus. Auf die Form der Abnahme kommt es dabei nicht an.

Unter Abnahme ist die Billigung der ordnungsgemäßen vertraglichen Leistungserfüllung durch den Auftraggeber zu verstehen. Nicht maßgebend ist die baubehördliche Abnahme. Die Abnahme kann in jeder möglichen Form erfolgen, in welcher der Auftraggeber die Anerkennung der vertragsgemäßen Erfüllung vornimmt § 640 BGB, § 12 VOB/B). Bei Vereinbarung einer förmlichen Abnahme wird die Verfügungsmacht im allgemeinen am Tag der Abnahmeverhandlung verschafft. Das gilt dann nicht, wenn eine Abnahme durch eine stillschweigende Billigung stattfindet.

Eine solche stillschweigende Billigung ist z.B. anzunehmen, wenn das Werk durch den Auftraggeber bereits bestimmungsgemäß genutzt wird. Fehlende Restarbeiten oder Nachbesserungen schließen eine wirksame Abnahme nicht aus, wenn das Werk ohne diese Arbeiten seinen bestimmungsmäßigen Zwecken dienen kann.

Beispiel 2:

Ein Bauunternehmer hat sich verpflichtet, auf dem Grundstück des Auftraggebers (Bauherrn) ein Wohngebäude schlüsselfertig zu errichten. Das Gebäude wird im Juli fertiggestellt und vom Bauherrn im August abgenommen. Die baubehördliche Abnahme erfolgt im Oktober. Die Schlußrechnung wird im Dezember erstellt. Die Abschlußzahlung wird erst im Folgejahr geleistet.

Umsatzsteuerrechtlich ist die Lieferung des Gebäudes mit der Abnahme durch den Bauherrn im August ausgeführt worden. Die Steuer ist mit Ablauf des Monats August entstanden. Hätte der Bauherr das Gebäude schon unmittelbar nach der Fertigstellung im Monat Juli in Nutzung genommen (z.B. durch Einzug), wäre die Abnahme durch die schlüssige Handlung des Bauherrn vollzogen und das Gebäude im Monat Juli geliefert worden. Entsprechend wäre die Steuer mit Ablauf des Monats Juli entstanden.

Wird das vertraglich vereinbarte Werk nicht fertiggestellt und ist eine Vollendung des Werkes durch den Werksunternehmer nicht mehr vorgesehen, entsteht ein neuer Leistungsgegenstand. Dieser bestimmt sich im Falle eines Insolvenzverfahrens (Anmerkung: Bis 31.12.1998 gi...

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