Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
2.1 Allgemeines
Erlangt die zuständige Behörde von der Schadstoffbelastung eines Grundstücks und der dadurch bedingten Sanierungsverpflichtung Kenntnis, ist ab diesem Zeitpunkt regelmäßig ernsthaft mit der Inanspruchnahme aus dieser Verpflichtung zu rechnen. Es kann nach R 5.7 Abs. 2 EStR 2012 eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten gebildet werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- es muss sich um eine Verbindlichkeit gegenüber einem anderen oder eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung handeln;
- die Verpflichtung muss vor dem Bilanzstichtag wirtschaftlich verursacht sein;
- es muss mit einer Inanspruchnahme aus einer nach ihrer Entstehung oder Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit ernsthaft zu rechnen sein und
- die Aufwendungen dürfen in künftigen Wirtschaftsjahren nicht zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten für ein Wirtschaftsgut führen.
2.2 Öffentlich-rechtliche Verpflichtungen
Nach § 4 Abs. 3 BBodSchG sind der Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast sowie dessen Gesamtrechtsnachfolger, der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück verpflichtet, den Boden und Altlasten sowie durch schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten verursachte Verunreinigungen von Gewässern so zu sanieren, dass dauerhaft keine Gefahren, erhebliche Nachteile oder Belästigungen für den Einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen.
2.3 Hinreichende Konkretisierung
Eine Verbindlichkeitsrückstellung für Umweltschutzmaßnahmen darf nur gewinnmindernd passiviert werden, wenn die öffentlich-rechtliche Verpflichtung hinreichend konkretisiert ist, d. h., wenn sich ein inhaltlich bestimmtes Handeln innerhalb eines bestimmten Zeitraums unmittelbar durch Gesetz oder Verwaltungsakt ergibt und an die Verletzung der Verpflichtung Sanktionen geknüpft sind. Da die allgemeinen Grundpflichten zur Beseitigung von Altlasten nach dem BBodSchG kein inhaltlich bestimmtes Handeln innerhalb eines bestimmten Zeitraums vorschreiben und die Erfüllung dieser Grundpflicht auch nicht sanktionsbewehrt ist, ist eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten erst zu bilden, wenn die zuständige Behörde einen vollziehbaren Verwaltungsakt erlassen hat, der ein bestimmtes Handeln innerhalb eines bestimmten Zeitraums vorschreibt.
Mit Bekanntgabe der behördlichen Anordnung ist grundsätzlich auch mit der Inanspruchnahme aus der Verpflichtung ernsthaft zu rechnen.
Eine hinreichende Konkretisierung einer ungewissen öffentlich-rechtlichen Verpflichtung liegt dagegen noch nicht vor, wenn eine Behörde lediglich den Erlass eines Verwaltungsaktes androht. Es muss vielmehr eine Situation vorliegen, in der sich der Steuerpflichtige der Erfüllung der Verpflichtung im Ergebnis nicht entziehen kann.
Sprechen allerdings gewichtige Gründe dafür, dass die Behörde trotz der (gesetzlich) hinreichenden Konkretisierung der Verpflichtung nicht tätig wird, oder wenn die Behörde erklärt hat, von einer Inanspruchnahme absehen zu wollen, ist ausnahmsweise trotz Kenntnis der Behörde von der Bildung einer Rückstellung abzusehen.
2.4 Wirtschaftliche Verursachung der Verpflichtung
Die ungewisse Verbindlichkeit muss in der Zeit vor dem Bilanzstichtag wirtschaftlich verursacht sein. Der Vergangenheitsbezug s...