Um den Anspruch wirksam durchsetzen zu können, sind einige Besonderheiten zu beachten.

3.9.1 Außergerichtliche Regulierung vor Klageerhebung

Bevor Klage erhoben wird, sollte der Anspruch beim zuständigen FA bzw. der zuständigen OFD geltend gemacht werden. Falls das FA bereits gemahnt wurde, wird das FA regelmäßig zu erkennen geben, ob es den Anspruch anerkennt oder nicht. Mit diesem Vorgehen wird die Kostenfolge des § 93 ZPO bei sofortigem Anerkenntnis des Anspruchs durch die Finanzverwaltung im direkt angestrebten Prozess vermieden.

Ein unterlassener Hinweis des Steuerberaters gegenüber dem Mandanten auf die Möglichkeit des Amtshaftungsanspruchs ist als Verletzung einer nebenvertraglichen Pflicht anzuerkennen, den Mandanten generell vor Schaden zu bewahren.[1] Der Berater ist grundsätzlich verpflichtet, um sich nicht selbst regresspflichtig zu machen, seinen Mandanten auf die Möglichkeit des Schadenersatzprozesses gegen den Staat hinzuweisen und diesen ggf. prüfen zu lassen. Bei einem möglichen Mitverschulden des Beraters an der Entstehung des Schadens kann dies problematisch sein.[2]

Steht die Rechtswidrigkeit des Steuerbescheids fest, so bedarf es keiner Ermittlungen, welcher Amtsträger den Fehler zu verantworten hat.[3] Es reicht vielmehr aus, einen Zusammenhang zwischen der Amtspflichtverletzung und der Ausübung hoheitlicher Befugnisse herzustellen. Die Behörde hat für jedes amtspflichtwidriges Verhalten ihrer Beschäftigten einzustehen, unabhängig davon, wer die Amtspflichtverletzung begangen hat. Es kann vom Geschädigten nicht verlangt werden im Behördendschungel den Schädiger zu individualisieren.[4]

 
Praxis-Tipp

Rechtsdienstleistungsgesetz beachten

Teilweise argumentiert die Finanzverwaltung mit Verweis auf das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG), der Steuerberater sei nicht befugt, den zivilrechtlichen Schadenersatzanspruch des Mandanten außergerichtlich geltend zu machen.[5] Die Vertretung vor Gericht und die außergerichtliche Beratung sind grds. Sache von Rechtsanwälten. Zentraler Begriff des RDG ist der der Rechtsdienstleistung. Rechtsdienstleistung ist nach § 2 Abs. 1 RDG jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, die eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert. Eine Rechtsdienstleistung liegt nicht erst dann vor, wenn eine umfassende oder besonders tiefgreifende juristische Prüfung erforderlich wird. Bereits die Prüfung einfacher Sachverhalte eröffnet den Anwendungsbereich des RDG. § 5 Abs. 1 RDG erlaubt allen Berufsgruppen Rechtsdienstleistungen als Nebenleistungen. Die Rechtsdienstleistung darf nach ihrem Gewicht und ihrer Bedeutung aber nicht im Mittelpunkt des Leistungsangebots stehen und muss zum jeweiligen Berufsbild gehören. Ob eine solche Nebentätigkeit vorliegt, ist im jeweiligen Einzelfall sorgfältig zu prüfen.[6]

Sofern das FA oder die OFD den Anspruch außergerichtlich nicht anerkennt, wird die Klageerhebung erforderlich sein. Hierzu ist zwingend notwendig, einen Rechtsanwalt einzuschalten.

[1] Henneberg, Der Amtshaftungsprozess im Steuerrecht, 2008, S. 6.
[2] Vgl. Krömker/Nöcker, AO-StB 2016 S. 45.
[3] Vgl. Sprau, in Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 839 BGB Rz. 17.
[4] Krömker/Nöcker, AO-StB 2016 S. 46.
[5] Zum Streitstand: Nieland, BB 2010, S. 1382 ff., der sich mit überzeugenden Argumenten für die außergerichtliche Geltendmachung des Amtshaftungsanspruchs durch den Steuerberater ausspricht; a. A.: Bruschke, AO-StB 2015 S. 46, der eine außergerichtliche Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen ablehnt, da es sich um keine mit der beruflichen Tätigkeit des Steuerberaters im unmittelbaren Zusammenhang stehenden Rechtsberatungen handelt.
[6] Vgl. Nieland, Stbg 2009 S. 128.

3.9.2 Gerichtliche Zuständigkeit und Anwaltszwang

Für Schadenersatzansprüche aus Amtshaftung ist der Zivilrechtsweg eröffnet (vgl. Art. 34 Satz 3 GG). Erstinstanzlich zuständig ist – unabhängig vom Streitwert – ausschließlich die Amtshaftungskammer des Landgerichts (§ 40 Abs. 2 VwGO, § 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG).

Örtlich zuständig ist das Landgericht, in dessen Bezirk die Behörde, die den Fiskus in der konkreten Sache zu vertreten hat[1], ihren Sitz hat (§ 18 ZPO). Eine weitere örtliche Zuständigkeit ergibt sich für das Landgericht, in dessen Bezirk die unerlaubte Handlung begangen worden ist (§ 32 ZPO). Sind mehrere Gerichtsstände begründet, hat der Kläger ein Wahlrecht (§ 35 ZPO).

Vor dem Landgericht besteht Anwaltszwang (§ 78 Abs. 1 ZPO).

[1] Itzel/Schwall, Verfahrens- und Prozessrecht in Amts-, Staatshaftungs- und Entschädigungsverfahren, 2014, Rz. 186.

3.9.3 Anspruchs- bzw. Klagegegner

Der Schadenersatzanspruch aus § 839 Abs. 1 BGB, Art. 34 Satz 1 GG richtet sich gegen diejenige Körperschaft, bei der der Beamte angestellt ist[1], also den Dienstherrn des Handelnden.[2] Schadenersatzklagen sind gegen das betreffende Bundesland zu richten, wobei die Vertretung des Landes regelmäßig durch die zuständige OFD erfolgt.[3] Wenn der Beamte eine Doppelstellung innehat und sowohl Landes- als auch Bundesbeamter ist, ist der Anspruch gegen die Körperschaft zu richten, in deren Funktionsbereich er tätig geworden ist.[4]

Erteilt eine übergeordnete Behörde eine bindende ...

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